KIRCHE IM WANDEL – VERÄNDERUNGSPROZESSE | 1

»Wenn wir wollen, dass alles bleibt wie es ist, dann ist nötig, dass alles sich verändert.« stellte Giuseppe Tomasi di Lampedusa fest. In der neuen Serie auf dem LEITERBLOG geht es um Gemeindeerneuerung. Seit drei Jahren erleben wir in Gifhorn diesen Prozess mit der FCG. Es ist der fünfte Erneuerungsprozess, den meine Frau und ich leiten. Er ist der bislang erfolgreichste in dem Sinne, dass die FCG dem Kernauftrag von Jesus aus Matthäus 28,19 folgt. Steigen wir direkt ein:

JANUAR 2015

Im Januar 2015 haben wir uns mit den Freunden der FCG auf den Weg der Gemeindeerneuerung begeben. Unsicher und erwartungsvoll war unser Gefühl. Warum unsicher? Etliche Verantwortliche aus der Leitung hatten mir im Vorfeld gesagt, dass sie sich um die Zukunft der Gemeinde Sorgen machen würden. Sie waren sich nicht sicher, ob es die Gemeinde in 5 oder 10 Jahren überhaupt noch geben würde. Einige wichtige Mitarbeitende hatten sich konkret mit dem Gedanken des Gemeindewechsels beschäftigt. Viele waren schon gegangen. Man hatte der FCG nur noch wenig Chancen eingeräumt. Die Reise stand also nicht unbedingt unter besten Vorzeichen.


Den ersten Teil der Reise schildern diese Theorie u. Praxisberichte, die ich damals auf dem Blog gepostet hatte. Hier sind sie zu finden. In der aktuellen Serie reflektiere ich mit Abstand und gehe tiefer in die Details.


UNSER WEG

Die FCG hatte viele Höhen und Tiefen erlebt. Während der letzten Jahre war der Gottesdienstbesuch phasenweise unter 100 Leute gefallen, wie wir aus der Besucherstatistik erkennen konnten. Doch die Wende stand kurz bevor. Die Leitenden wussten das zwar nicht konkret, aber sie wollten Gott noch einmal etwas zutrauen und waren daher bereit, ein Risiko, ein Wagnis einzugehen. Und Gott hatte sich etwas ganz besonderes vorgenommen.

Wir als Ehepaar erlebten eine Berufung nach Gifhorn und setzen zu einem „Glaubensblindflug“ an. Das müssen Leiter immer tun, wenn sie zu neuen Ufern aufbrechen. Nicht umsonst hat Bill Hybels sein Leitungsbuch „Mutig führen“ genannt. Ja, mutig führen, das war von uns nun erwartet. Was dann zu geschehen begann, gehört zu den schönsten Erfahrungen unseres 30jährigen vollzeitlichen Dienstes für und mit Gott.

SCHON MAL VORWEG …
Ich nehme das Sichtbare schon einmal vorweg*: Drei Jahre nach Beginn des Prozesses können wir immer häufiger zwischen 270 – 300 und mehr Personen in der FCG begrüßen. Darunter viele Menschen, die sich auf dem Weg nach Hause zu Gott befinden. Die FCG’ler sind richtig mutig geworden: Sie laden Freunde, Bekannte, Kollegen, Verwandte ein. Immer mehr kommen. Am Heiligabend 2017 waren es 625 Personen. Darunter mehr als die Hälfte Gäste, die nicht regelmäßig einen Gottesdienst besuchen, oder überhaupt eine engere Glaubensbindung haben. Und es macht richtig Spaß zur FCG zu kommen. Die Atmosphäre ist noch viel einladender, erwartungsvoller und schöner geworden, als wir das in einer langen Zeit erlebt haben. Unsere Gäste spiegeln uns das immer wieder neu.

*Was hinter diesen sichtbaren Zahlen … steht ist im Blick auf den Prozess allerdings viel wichtiger. Und hinter jeder Zahl stehen Menschen, die Gott unendlich wertvoll sind und mit denen er eine geniale Geschichte schreibt. Dabei gebraucht er die FCG. Das ist grandios für uns. ONLY GOD!

  

EIN BERICHT

Was ist passiert? Welche Schritte haben wir unternommen? Was erscheint uns wichtig? Wie erleben wir das Wirken Gottes auf dem Weg? Wie haben wir die Leitung aufgestellt, die Struktur angepasst und welche Angebote sind entstanden, die dem Prozess sehr dienen? Welche Grundausrichtung haben wir vorgenommen? … Zu diesen und vielen weiteren Fragen werden wir in dieser Serie Auskunft geben, von unseren Prozessen  berichten und hoffentlich dadurch viele Leser aus Gemeinden inspirieren.

DER BEDARF AN ERNEUERUNG

Allein in Deutschland gibt es sicher deutlich mehr als 1000+ Kirchengemeinden in Freikirchen, Gemeinschaften und lebendigen Landeskirchen, die ihren Weg der Erneuerung finden müssen, um bestehen zu bleiben. Und es gibt sehr gute Gründe, warum sie bestehen bleiben und in erneuerter Form ihrem Auftrag nachkommen sollten. Das hebt alles Bemühen um neue Gemeinden (Gemeindegründung) nicht auf sondern ergänzt es. Und auch neue Bewegungen, wie ICF, Hillsong, Fresh X – in den Landeskirchen – … sind sehr wichtig und gut. Alles spielt zusammen! Gut so.

»Das haben wir schon immer so gemacht!«

Zurück zur Gemeindeerneuerung: Die Kirchengeschichte zeigt uns, dass viele Gemeinden irgendwann verschwunden sind, wenn es nicht zur Erneuerung gekommen ist. »Das haben wir schon immer so gemacht!« sind bekanntlich die letzten sieben Worte einer sterbenden Gemeinde. Es ist eine kritische Phase für viele Kirchengemeinden. Deshalb ist die Frage nach der Gemeindeerneuerung eine eine so wesentliche Frage! Werden wir uns erneuern?

VERÄNDERUNG WIRD ZUM NORMALFALL

Wir müssen uns dem Thema stellen, weil die beständige Veränderung in der ganzen Gesellschaft zunehmend zum Normalfall wird. Das gilt für die Wirtschaft, das Bildungswesen, die Verwaltung, Politik … Und eben auch für uns in den Kirchen. Freikirchen. Gemeinschaften. Sogar die neueren Gemeinden, die erst in den letzten 30 Jahren oder so entstanden sind, können sich dem Prozess nicht entziehen.

Doch haben die Kirchen – so sagen Beobachter – ein besonderes Beharrungsvermögen. Schnell denkt man, dass es uns nicht (be)trifft. Aber die zunehmende Komplexität des Lebens und die Geschwindigkeit des Wandels auf allen Ebenen des Lebens fragt uns nicht nach einer Erlaubnis. Es ereignet sich einfach, ganz gleich wie wir das finden. Und es ereignet sich immer schneller, wie das Schaubild im Blick auf die technologische Revolution deutlich macht.

IMMER SCHNELLER!
Das Internet hat 10 Millionen Nutzer 18x schneller erreicht, als es noch das Telefon schaffte. Anders gesagt: Wir hatten 36 Jahre Zeit, bis das Telefon eine breite Gesellschaftsschicht erreicht hat (meine Herkunftsfamilie hat noch bei den Nachbarn telefoniert!), das Internet brauchte nur noch schlappe 2 Jahre für die gleiche Reichweite. Neue Medien haben weiter an Geschwindigkeit zugelegt! Spannend, was noch kommen wird!!!

Quelle: Die sieben Irrtümer des Change Managements

ES BETRIFFT UNS

Die Menschen, die zu unseren Kirchen kommen, oder die wir mit unseren Angeboten erreichen wollen, sind alle unmittelbar von diesem Wandel betroffen. Und deshalb betrifft es auch uns Kirchen mit unseren Angeboten, Programmen, Konzepten und Lebensarten. Die Frage an uns ist nicht, ob wir den Wandel gestalten wollen, sondern wie!

Gifhorn ist nur ein Bespiel eines erfolgreichen Prozesses. Aber er kann vielleicht inspirieren und zu Diskussionen darüber anregen, wie der Wandel eingeleitet werden kann und worum es gehen sollte. Leitende stehen in der Herausforderungen, kontextualisierte und reflektierte Wege des Wandels zu erkunden, um die notwendigen Prozesse einleiten. Leiter gestalten die Zukunft. Deshalb hat Gott sie berufen, begabt und in die Rolle eingesetzt.

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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3 Antworten zu KIRCHE IM WANDEL – VERÄNDERUNGSPROZESSE | 1

  1. Alexander Xanthopulos schreibt:

    Lieber Lothar, da ich keine Mailadresse mehr von dir finde, schreibe ich Dir auf diesem Wege. Freue mich über die Entwicklung. Die FCG wäre nicht dort wo sie ist, wenn Sie nicht zwei mutige Leiter wie Euch beide hätte. Not Jesus first – Jesus only! Viele Grüße

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