Kann ich Spielentscheider? |3|

Zum Abschluss der Reihe beschäftigt uns die Frage, was das für Typen sind, die das »Zeug« zum Spielentscheider in sich tragen: Sind das diese Unternehmertypen, die die Ärmel hochkrempeln und dann richtig zulangen? Also diese Alpha-Männchen, die das Feld dominieren und prägen? Muss man als ein Spielentscheider zu den aktive Typen gehören, die man gleich hört und wahrnimmt, wenn sie den Raum betreten?

Nun, vielleicht gehören auch solche Leute zu dem Kreis derer, der das Zeug zum Spielentscheider mitbringen. Aber diese Eigenschaften sind nicht die markanten Punkte, die gesucht werden. Brechen wir in diesem letzten Teil der kleinen Serie zu einer Erkundungsreise auf, um diese Frage zu klären. Bei Martin Schleske habe ich in seinem Buch Werk|Zeuge, Worte dafür gefunden, was mir über die Jahre selbst deutlich wurde:

Weder aktiv noch passiv!

Spielentscheider sind nicht die aktiven Typen, die das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Zumindest nicht unmittelbar. Was meine ich damit?

Der aktive Ansatz ist der Zugang, sich die Realitäten des Lebens selbst verfügbar zu machen. Er gipfelt in der Vereinnahmung, schreibt Schleske. Das ist der Weg von vielen in unserer Kultur. Oft auch der Weg von Religionen. Man versucht die Sache in den Griff zu bekommen, zu dominieren, zu prägen. Das scheint allgemein der erfolgreiche Weg zu sein. Ist es aber nicht. Vor allem im Blick auf die Langstrecke. Wäre der passive Ansatz eine Alternative?

Der passive Ansatz ist das Gegenteil. Man fühlt sich ausgeliefert: „Da kann man nichts machen!“ Er gipfelt in der Kapitulation, sagt Schleske. Agnostiker zucken mit den Achseln und nehmen hin, was eben ist. Auf diesem Weg wird man nicht zu einem Spielentscheider, sondern zu einem Mitläufer. Die Realitäten des Lebens sind für den passiven Ansatz unverfügbar.

Wenn nun ein Spielentscheider weder im aktiven, noch im passiven Zusammenhang zu finden ist, wo dann? Für eine Antwort müssen wir die Wahlmöglichkeit zwischen aktiv oder passiv, zwischen verfügbar, oder unverfügbar, zwischen Vereinnahmung oder Kapitulation hinter uns lassen. Es gibt einen dritten Weg, einen ganz eigenen Ansatz! Und mit ihm betreten wir das Spielfeld des Spielentscheiders.

Der dritte Weg: Empfangen

Johannes dem Täufer spricht diesen dritten Weg im Blick auf Jesus an: 

„Johannes antwortete und sprach: Ein Mensch kann nichts nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist.“

Johannes 3,27

Schleske spricht in diesem Zusammenhang von der Erfahrung „existenzieller Zugänglichkeit“. Was bedeutet dieser Modus?

Ich stelle mich zur Verfügung.

Weder denke ich, dass ich es drauf habe, darüber verfüge und es einfach machen kann. Noch kapituliere ich im Gedanken, dass ich eh keinen Zugriff habe, es für mich unverfügbar ist und bleibt. Ich sollte mich in mein Schicksal ergeben. Der dritte Modus bewahrt mich damit auch vor Überheblichkeit und Resignation. Zwei Gefährdungen für Leiter und Leiterinnen! Das ist schon sehr genial, oder?! 

Ich lasse zu!

Ich bestimme nicht, was werden soll und kann. Aber ich bin offen dafür, dass es geschehen kann. Das führt mich auf dem Spielfeld in die Rolle des Spielentscheiders. Dabei bin ich nicht primär aktiv oder passiv, sondern in einer vom Geist Gottes geleiteten Offenheit und Empfangsbereitschaft. Anders gesagt: Der Himmel kann es mir geben. Wirksamkeit als Folge von Offenheit für das, was Gott vorbereitet hat. Empfangender zu sein, ist das Geheimnis der Vollmacht. Ich erlebe mich bevollmächtigt und deshalb kann ich Dinge tun, die ich aus mir heraus hätte nie angehen können. Ich wachse in die Rolle des Spielentscheiders, während ich zulasse, mich beschenken lasse … Ist das nicht genial?!

Begreifen. Unbegreiflich. Ergreifen lassen.

Schleske formuliert sehr schön: 

„Im Zustand der Verfügbarkeit lassen sich die Dinge »begreifen«. Im Zustand der Unverfügbarkeit ist »alles unbegreiflich«. Der dritte Modus ist die Erfahrung, »sich ergreifen zu lassen«.“

Da fällt einem als Bibelleser gleich Philipper 3,12 ein. Ein Text, der für mich zu den konstituierenden Texten wirksamer Nachfolge und Leitung gehört:

„Es ist also nicht etwa so, dass ich das ´alles` schon erreicht hätte und schon am Ziel wäre. Aber ich setze alles daran, ans Ziel zu kommen und von diesen Dingen Besitz zu ergreifen, nachdem Jesus Christus von mir Besitz ergriffen hat.“

Weil wir also von Christus ergriffen sind, ergreifen wir. Eine einfach zu verstehende Logik, die den dritten Weg beschreibt. Empfangen -> daher geben. Ergriffen sein -> deshalb ergreifen. 

Als Beispiel dieser Dynamik erzählt Schleske von einem Mann, der im hohen Alter nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu waschen.

»Er wäscht sich nicht mehr selbst (aktiv) und es kommt auch nicht einfach über ihn (passiv), sondern er erlaubt es, er lässt es zu, er stimmt zu, er lässt es geschehen, und er nimmt es bewusst wahr.« schreibt der Geigenbauer.

Lass es geschehen. 

So lese ich es auch in der Schlusspassage im Brief an die Hebräer 13,20:

„Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe aus den Toten heraufgeführt hat durch das Blut eines ewigen Bundes, unseren Herrn Jesus, vollende euch in allem Guten, damit ihr seinen Willen tut, indem er in uns schafft, was vor ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“

Wir werden fähig durch Empfangen. Das aktiviert und fokussiert uns. Mit Leidenschaft, Hingabe und einer Leichte, die uns vor dem Ausbrennen bewahrt, bleiben wir Empfangende und damit werden wir zu Gebenden. Zu Spielentscheidern.

Hast Du das »Zeug« zum Spielentscheider?

Bist Du bereit Dich von einem Aktivismus auf eine Rechnung zu lösen, ohne passiv zu werden? Sondern die Hände vor Gott zu öffnen, loszulassen, um empfangen zu können? Bist Du bereit so zu empfangen, um deshalb geben zu können und auf dieser Basis aktiv zu werden? So beginnt der Weg des spielentscheidenden Mitarbeiters, Leiters. Die Wirkung allerdings ist offen. Also die Frage, ob Du selbst das Spiel entscheidest oder ob Du Mitspieler durch Dein Handeln in eine Postion „freispielst“, die sie zu Spielentscheidern werden lassen. Aber das wäre nicht soooo wichtig, oder?! Ihr würdet als Mannschaft das Spiel gewinnen. Und das zählt.

Zum Schluss diese Aufforderung: tue Deiner Organisation, Deiner Kirche, Deiner Familie … einen Gefallen: gehe den Prozess der das Potential hat, Dich zu einem Spielentscheider für Dein Umfeld zu machen! Unsere Zeit braucht solche Leute. Unsere Zeit braucht Dich!

Teil 1 | 2 | 3

Diesen Beitrag gibt es auch als Podcast.

Die Episoden der Reihe:

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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2 Antworten zu Kann ich Spielentscheider? |3|

  1. Sebastian schreibt:

    Vielen Dank, lieber Lothar, dass du hier mit der verbreiteten Ansicht brichst, ein Leiter müsse ein bestimmtes Persönlichkeitsprofil (häufig ist extrovertiert/ dominant etc. gemeint) mitbringen. Viel eher geht es um es um wahrgenommene Verantwortung entsprechend dem Ruf, den Gott gegeben hat.

  2. Rouven Hönes schreibt:

    wow. DANKE 🙂

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