NEUE LEITER BRAUCHT DAS LAND! | 1

neue-leiter»Die Kirche kämpft mit einem Bedeutungsverlust in der Gesellschaft«, schreibt Thomas Frings in seinem Bestseller »Aus, Amen, Ende?« Nicht erst seit gestern ringen Kirchen, Freikirchen und Gemeinschaften mit dieser Herausforderung. Manche gewöhnen sich nur sehr schwer an die neuen Verhältnisse. Sie würden gerne das Rad um einige Jahrzehnte zurückdrehen. Leiter stehen in dieser Herausforderung an vorderster Front. Wie geht es ihnen dabei? Was muss sich tun, um den Schritt in die neue Wirklichkeit zu schaffen?

Mit dieser neuen Serie auf dem LEITERBLOG tauchen wir in das Thema aus der Leiterperspektive ein …

Was die Serie bearbeitet?

Wir fragen wie sich diese Veränderungen auf Verantwortliche in Kirchen und Gemeinden auswirken. Wir fragen, was für Leiterpersönlichkeiten gebraucht werden, um eine andere Entwicklung anzustoßen. Dazu haben wir Leiter aus einem weiten Spektrum ausgewählt: Vom engagierten Gemeindegründer bis zu »Mega-Church« Kollegen. Und Leiter aus allen Gemeindegrößen dazwischen die verschiedene Ansätzen verfolgen, wie sie Kirche leben.

Der Fokus …

Besonders interessiert uns, was diese Leiter »haben«, die »erfolgreich« ihre Gemeinden leiten und dabei (auch) junge Leute mobilisieren, die sonst immer seltener in Kirchen anzutreffen sind. Uns war dabei nicht so wichtig, ob ihre Gottesdienste von einer überschaubaren Zahl an Leuten besucht werden oder ob hunderte oder noch mehr Besucher anzutreffen sind. Unser Fokus: »Ist die Kirche in Bewegung?« Erreicht sie Menschen, die distanziert zum Glauben stehen, oder sich entfernt haben? Ist ihr »Erfolg« dauerhaft, oder nur eine »Episode«?

Welche Fähigkeiten treffen wir bei diesen Leiterpersönlichkeiten an? Haben sie Gemeinsamkeiten, oder sind sie einfach »Einzelstücke«, über die wir uns sehr freuen können, aber mehr auch nicht? Das würde ja keine grundsätzliche Aussagen erlauben!

Was wir lernen wollen:

Was können wir Verantwortliche dadurch lernen? Was könnten wir jüngeren Leitern aus den gewonnen Einsichten raten? Was denen sagen, die sich für die pastorale Leiteraufgabe als Beruf interessieren und vor einem Studium stehen? Könnten Verantwortliche für die Auswahl  zukünftiger Pastoren, Pfarrer, Leiter auch davon profitieren?

Spannende Fragen, deren Antwort sicher weiterhelfen und vielleicht auch Enttäuschungen vorbeugen. Einsichten, die lange – aber vergebliche – Ausbildungszeiten verhindern und auch den Kirchen Investition ersparen können, die sonst »ins Leere« laufen?

Diving in: Die Rahmenbedingungen …

Steigen wir direkt in das Thema ein: Der pastorale Leiter steht in einer großen Herausforderung, weil der Wandel der Gesellschaft, den Werten, der Technik, Kommunikation … sich rasant vollzieht. Prof. Fredmund Malik schreibt in der Neuauflage seines Klassikers »Führen. Leisten. Leben.«:

© A.Savin, Wikimedia

© A.Savin, Wikimedia

»In wenigen Jahren wird fast alles neu und anders sein: was wir tun, wie wir es tun und warum wir es tun – wie wir produzieren, transportieren, finanzieren und konsumieren, wie wir pflegen und heilen, erziehen, lernen, forschen und innovieren, wie wir informieren, kommunizieren und kooperieren, wie wir arbeiten und leben.«

Wir stecken mitten in diesem Prozess. Was hat sich schon jetzt alles in unserem Alltag, allein durch das Internet, verändert? Richtig: andere Berufsbilder sind dadurch auch gefordert! Aber der pastorale Leiter eben auch! Seine Rolle, die lange Zeit eine herausgehobene und besondere Rolle war, hat sich grundlegend verändert. Die Art, wie das Gemeindeleben sich heute gestaltet, ist ebenfalls einem grundlegenden Wandel unterworfen. Das fordert pastorale Leiter heraus! Sehr!

Der pastorale Leiter in der Herausforderung

Was ist eigentlich die Aufgabe eines pastoralen Leiters? Das Rollenbild ist sehr anders geworden. Die »ursprüngliche« Klarheit vergangener Zeiten ist dahin, wie sie Martin Luther noch zu Papier bringen konnte:

christian-1296370_1280„Die Aufgabe des Pfarrers ist es“, schreibt er in seiner Auslegung des 82. Psalms, „dass er das Reich Gottes mehrt, den Himmel füllt mit Heiligen, die Hölle plündert, den Teufel beraubt, dem Tode wehrt, der Sünde steuert; danach die Welt unterrichtet und tröstet einen jeglichen in seinem Stande, erhält Frieden und Einigkeit, zieht ein junges Volk auf und pflanzt allerlei Tugend im Volk, kurz: eine neue Welt schafft er und baut nicht ein vergänglich elend Haus, sondern ein ewiges schönes Paradies, da Gott selbst gern drin wohnt.“[1]

Herr Dr. Luther, was ist mit all den Aufgaben unseres Alltages, denen wir einfach ausgesetzt werden? Niemand hat uns gefragt! Wir hatten keine Wahl*!

  • Den Sitzungen, die professionell (z.B. nach Lencioni) vorbereitet werden sollten,
  • die Visionstreffen,
  • dem Eventmanagement für eine anspruchsvolle MTV Generation und der
  • Mitarbeiterentwicklung nach aktuellen pädagogischen Einsichten?
  • Mit den Verwaltungsaufgaben,
  • dem Coaching,
  • der strategischen Planung,
  • der Personalführung mit der besonderen Fähigkeit Konflikte zu bearbeiten,
  • dem Finanzmanagement und den
  • Gebäudefragen.
  • Wie steht es mit der therapeutischen Begleitung Ratsuchender,
  • der spirituellen Begleitung von Führungskräften und
  • der Supervision von Gruppenleitern?
  • Repräsentationsaufgaben sollten nicht vergessen werden,
  • manche von uns sind im Bildungssektor aktiv,
  • kümmern sich um Flüchtlinge und
  • halten Fachvorträge.

*Auch wenn Ideologen uns seit Jahrzehnten die Idee der Zellgemeinden, später der Hauskirchen, verkaufen wollten als DIE Lösung! Aber welche Spuren hinterlassen diese Ideen in unserem Land? Unter Christen? Und natürlich aus missionarischer Sicht. Viele Protagonisten haben ihre Positionen über die Jahre für die westliche Welt auch wieder relativiert! Es ist unselig und wenig hilfreich, Modelle gegeneinander auszuspielen! Hier mehr dazu. 🙂

Unsere »Marktbegleiter«

Richtig, unsere predigenden »Marktbegleiter« im Internet lassen den Anspruch an hochwertige Predigten rasant wachsen. Welcher durchschnittliche pastorale Leiter kann schon mit Tim Keller, Andy Stanley oder Craig Groeschel mithalten? Und die Qualität von Musik, Bühnenbild, Kunst, Interviewpartner … Unsere Musiker, Techniker, Moderatoren … am Sonntag sollten mindestens semiprofessionell sein. Wie immer man zu diesen Vergleichsmaßstäben steht, sie wabbern in den Köpfen unserer jungen Leute … Woher also nehmen und nicht stehlen … 😉

Das alles erleben pastorale Leiter, wenn sie nicht gerade »Überflieger« sind, als sehr belastend. Die Potentiale des Berufes sind vielfältig, wie Prof. Andreas von Heyl in seinen Untersuchungen zum Burnout bei Pfarrern feststelle. Hier seine Liste [2] :

Die Belastungspotentiale pastoraler Leiter

  • Erwartungshorizont an den Pastor
  • Diffuses Berufsbild
  • Rollenvielfalt
  • Arbeits- und Aufgabenvielfalt
  • Unzureichende Ausbildung
  • Arbeitszeiten
  • Organisationsdesign
  • Verwaltungorganisation
  • Lohn- Leistungsverhältnis
  • Arbeitserfolg
  • Innerpsychische Faktoren
  • Mangelnde Wertschätzung u. Unterstützung
  • Geistliche Dürre u. Glaubenszweifel

Was für Fähigkeiten braucht so eine pastorale Führungskraft?

Jetzt ist das Faß offen. Im nächsten Teil starten wir mit der ersten Einsichten. Auf Kommentare und das Wissen der Vielen freut sich die Kommentarfunktion. Gerne freundlich und fair. 😉

Themenseite: »Beweger« – Leiter mit apostolischem Format

Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Teil 4 | Teil 5 | Teil 6 | Buchtipp

Zu den Hintergründen, Quellen … dieser Serie findet sich eine Ausführung hier (Ende der Seite).
[1] Luther WA 31, 1.Abt., 199, 28ff., zit. nach Dietzfelbinger 1965, 38.
[2] Habilitationsschrift von Dr. Andreas von Heyl: »Zwischen Burnout und spiritueller Erneuerung.«

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Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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10 Antworten zu NEUE LEITER BRAUCHT DAS LAND! | 1

  1. Andreas Latossek schreibt:

    R.A. Torrey (1855-1928) schreibt in einer Predigt, abgedruckt in „Die Macht des Gebets“ (S.53.): Das brauchen wir heute mehr als irgend etwas anderes in unserem Land und auch in allen anderen Ändern, eine echte, gewaltige Ausgießung des Geistes Gottes. Die große Not in den meisten unserer heutigen sogenannten Erweckungen ist die, dass die Erweckungen von Menschen hervorgebracht und nicht von Gott gesandt sind. Sie werden von geschickten menschlichen Organisationen „erarbeitet“, – nicht herabgebetet.

    Diese Gedanken sind nur eine Momentaufnahme:
    Ich sehne mich nach Erweckung in unserem Land. Ich kenne die oben beschriebenen Anforderungen an mich als Pastor, das Vergleichen, die Belastungspotentiale, das Streben nach „menschlichem“ Erfolg. Hier mischen sich ja manchmal auch unsere menschlichen Motive, natürlich geht es mir um die Menschen, aber ein bisschen Anerkennung abbekommen…
    Ja, es geht langsam vorwärts, auch in meiner Gemeinde. Ich gebe mein Bestes. Ich liebe es, Strukturen zu legen, mir Gedanken über Strategien zu machen, Veränderungen anzustoßen und zu begleiten, so manches zu „erarbeiten“. Ich habe aber auch meine Grenzen und kenne sie. Und ich arbeite mit Menschen. Auch dort stoße ich immer wieder an Grenzen. Denn was ich erkenne, kommt noch längst nicht bei ihnen an.
    Alles hat seine Zeit, heißt es in den Sprüchen. Gott hat seinen Zeitplan. Wie wir bei Josef im AT sehen, kommt er zum Ziel. Trotz und gerade mit unseren Macken und Fehlern. Für ihn ist es ein leichtes, Fähigkeiten zu geben, die ich nicht habe (siehe Bau der Stiftshütte in der Wüste), Menschen zu schenken, die mich ergänzen (z.B. Aaron für Mose) und die Herzen anderer genauso zu bewegen wie auch meins.
    Das obige Zitat soll bewusst herausfordern. Ich glaube, dass so manche Erweckung auch heute herabgebetet und nicht nur erarbeitet ist. Ich will das Arbeiten auch nicht gegen das Beten ausspielen. Aber ich muss mir immer wieder sagen: Es hängt nicht von mir, sondern von ihm ab. Auch das, was ich kann, kommt von Gott. Ich brauche eine Erweckung in meinem Herzen, und dann will ich weiter mein Bestes geben, aber auch gelassen daneben stehen lernen und sehen, wie Gott wirkt. Und vertrauen, dass Gott da, wo Erfolg nicht sichtbar ist, trotzdem zu seinem Ziel kommt – mit mir und den Menschen um mich herum. Das treibt mich ins Gebet, mehr als zuvor. Ihm gehört alle Ehre!

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