Hochmut. So heißt die Episode #4 vom Podcast »Toxic Church« die mit diesen Worten angekündigt wird: „Sie tragen Rolex-Uhren und teure Markenklamotten, halten charismatische Predigten und strotzen vor Selbstbewusstsein: Hillsongs sogenannte Lead-Pastor:innen.“ In meiner Reflexion orientiere ich mich weiter am eigenen Anspruch des Podcasts, nämlich den Fokus auf die Arbeit von Hillsong Germany zu legen.
- Was nehme ich wahr?
- Was kann ich nachvollziehen?
- Was macht mich nachdenklich am Podcast?
- Anfragen aus dem Podcast, die ich mir stelle:
- Was schlussfolgere ich daraus?
Was nehme ich wahr?
Germany
Die Episode nutzt mehr als die Hälfte der Zeit, um über Hillsong Germany zu sprechen. Gut so, darum geht es ja, muss ich denken.
Es wird richtig konkret. So eröffnet sich für mich besser die Möglichkeit, genau hinzuschauen, zu reflektieren und meine (!) Schlüsse zu ziehen.
Pastorenbild
Das Pastorenbild, das die Podcaster als Vergleich zum Selbstverständnis der Lead Pastoren von Hillsong zeichnen, lässt viele Fragen offen. Kyra Funk beschreibt die eigentliche Rolle eines Pastors so: er sei ein guter Hirte, der sich um seine Schäfchen kümmert und das in Demut und Liebe, dabei hat er ein offenes Ohr und lebt Nächstenliebe vor.
Ist das ein Bild, das der Idee des Neuen Testamentes entspricht? Oder woher kommt die Idee, dass ein Pastor so sein sollte? Viele inhaltliche Fragen kommen mir spontan. Und auch ganz praktisch betrachtet ist dieser Gedanke von Frau Funk nicht ganz zu Ende gedacht. Ein Beispiel:
Kann das ein landeskirchlicher Pastor, nehmen wir zum Beispiel die Lukaskirche in Konstanz, das leisten? Die Website spricht von 4000 Schäfchen, die zur Kirche gehören. Sich selbst so um 4000 Schäfchen kümmern, wie Frau Funk meint? Sorry, das klappt nicht. Freikirchlich gedacht: Bekommt das ein freikirchlicher Pastor hin, wenn er zum Beispiel 150 – 200 Schäfchen so „versorgen“ soll? 1 x im Monat eine halbe Stunde mit jedem Schäfchen – ist ja nicht viel! Aber schnell 75 – 100 Stunden, neben den weiteren Aufgaben, denen er nachkommen soll. Welchem Anspruch sehen sich die Lead Pastoren von Hillsong gegenübergestellt, die ja mit viel mehr Menschen unterwegs sind, wenn man die These auf sie überträgt? Wie soll ein Pastor denn sein, was sind seine Aufgaben? Schon die pastoraltheologische Arbeit von Prof. Manfred Josuttis hat vor vielen Jahren das Spannungsfeld beschrieben, in dem sich Pfarrer und Pastoren befinden. Es ist nicht aufzulösen, wie Andreas von Heyl in seiner Habilitation überzeugend dargelegt hat. 14 Belastungspotentiale hat er ausgemacht, die zum Burnout bei Pastoren führen können.
Umgang mit Bibeltexten
Spannend finde ich auch, wie die Podcaster mit Bibeltexten umgehen. In der Kritik an den Lead Pastoren wird selbstverständlich über den O-Ton von Max ein Bibeltext zitiert (er soll aller Diener sein), um die Kritik an Haverkamp’s zu fundieren. Wenn aber Jan Kohler (Campus-Pastor München) auf seinem Insta-Account ebenfalls einen Bibeltext zitiert, wird das nicht so selbstverständlich gesehen.
Zuspitzungen und Relativierungen
Ich treffe in der Episode wieder auf diese Dynamik: O-Töne oder Experten-Statements spitzt Frau Funk so zu, dass sie pointierter Aussagen in den Raum stellt, die so z.T. nicht gesagt wurden. Der O-Ton als Sprungbrett?
Sie sprechen von den Pastoren von Hillsong. Der Einfluss der Pastoren Germany, im Vergleich zu ihren Kollegen im internationalen Kontext, lässt sich nicht einfach gleichsetzen! Zum Beispiel ihre Medienpräsenz: Jan Kohler folgen 5000 + Leute auf seinem Instagram Account. Carl Lentz kommt auf über 500.000!
Relevante und sehr notwendige (An)Fragen
Dennoch: ich nehme wahr, dass in der Episode Vorwürfe an Hillsong Germany gebracht werden, die mit großer Ernsthaftigkeit bedacht werden müssen. Gleichzeitig muss ich feststellen, dass die plakativen Ankündigungen, was aufgedeckt wird, nicht so zu dem passt, was der Podcast letztlich liefert.
Aber die Anfragen, die kommen, sind alle super wichtig und wertvoll. Ich kann auch aus diese Episode für mich einiges rausziehen und denke, dass das für uns Verantwortliche in den Freikirchen insgesamt zutreffen kann. Dafür schon einmal ein Danke an die Podcaster!
Schließlich: Etwas mehr O-Töne wären nicht schlecht!
Als O-Töne zur Darstellung von Hillsong Germany hören wir im Wesentlichen wieder Max, kurz auch Sandra. Dann die Experten Pickel und Pöhlmann, wie in den vorausgegangenen Episoden. Noch ein paar weitere Stimmen wären gut gewesen.
So bleibt die Quellenlage dünn und die Deutungen über die Absichten von Hillsong, den Haverkamp’s und weiterer Personen zuweilen eher spekulativ. Mancher, als Fakt vorgetragener Punkt, ist doch eher eine Deutung. Leider ist das selten kenntlich gemacht. Dennoch: das muss nicht heißen, dass es nicht zutreffend ist, was gesagt wird! Ganz klar.
Was kann ich nachvollziehen?
Lead Pastoren
Die Lead Pastoren Freimut und Joanna Haverkamp haben die Kirche gegründet (als Lakeside Church Konstanz), halten in der Tat wortgewandte Predigten und verfügen über eine „ordentliche Portion Ausstrahlung“, wie Kyra Funk es beschreibt. Das könnte ich jetzt nicht zwingend als ein Kritikpunkt einordnen. Es ist immer eine Frage, was eine „charismatische Persönlichkeit“ mit ihrem Einfluss und ihren Möglichkeiten für ihr Umfeld tut. Einfluss ist zunächst ein neutraler Begriff.
Zwei kurze Sequenzen mit jeweils einem O-Ton der Lead Pastoren aus einer Moderation/Predigt von wenigen Sekunden, ohne den konkreten Kontext als Hörer erläutert zu bekommen, bringt die Episode! Hm, das hilft mir inhaltlich an der Stelle nicht weiter. Was wollen mir die Podcaster damit vermitteln?
Haverkamp’s haben eine herausgehobene Rolle in der Hillsong Church Germany und stehen an deren Spitze. So nehme ich das auch wahr. Sie würden neben der Kirche in Konstanz auch noch die Kirchen in Wien und Zürich leiten. Stimmt auch. Allerdings: (Recherche!) Vergessen haben die Podcaster München und Düsseldorf. Jan Kohler ist ja der Campus-Pastor von München, nicht der Lead Pastor.
Die Lead Pastoren haben sehr viel Einfluss. Ich denke, dass das so ebenfalls korrekt ist. Und sicher ist die Frage konkreter zu vertiefen, wie die „Gewaltenteilung“ in der Kirche organisiert ist und wie sie transparent kommunizieren. Ich denke, dass hier eine notwendige Anfrage an die Lead Pastoren ansetzten kann.
Es ist aber auch eine Frage, die wir Verantwortliche uns alle stellen können. Nicht nur Hillsong:
- Wer hat bei uns Einfluss und warum?
- Wie gehen wir mit dem Einfluss um?
- Wer hat noch Einfluss, jenseits von Strukturen?
- Wie wird der Einfluss beaufsichtigt?
- Wann ist es „zu viel“ Einfluss und warum?
Etliche Pfarrer, die ich begleitet habe sprachen davon, dass sie „zu wenig Einfluss“ im Kirchengemeinderat … hatten, um tatsächlich Prozesse in Gang zu setzen. Wir müssen also die Aussage konkretisieren und im Kontext begreifen, um sie bewerten zu können.
Praktikanten
Es gibt/gab ein Programm für Praktikanten, „Interns“ die Geld dafür bezahlten, dass sie ein Praktikum bei Hillsong Germany absolvieren konnten. 160,00 € sollen es gewesen sein. Bei meinen Besuchen traf ich auf einzelne Praktikanten, die mir das bestätigten, dass sie für ihr Praktikum monatlich Geld bezahlten.
EXKURS: Was mir jetzt gerade nicht klar ist, wie das Programm für die Interns genau war. Über die Jahrzehnte habe ich etliche „Wellen“ miterlebt. Zum Beispiel in den 1980er Jahren starteten Gemeinden „Jüngerschaftschulen“, die Geld kosteten. Die Gebühr wurde für die Unterrichtseinheiten (Lehrer, Räume, Nebenkosten …) erhoben. Praktische Dienste in der Kirche als Übungsfelder ergänzten das Angebot, das unter Anleitung durch Mitarbeitende der Kirchen durchgeführt wurde. Später hießen diese Angebote „Mitarbeiterschule“, noch später „Leiterschaftschule“. Heute ist der Begriff „College“ auf dem Vormarsch. Die Angebote sind oft in direkter Verbindung mit einer Ortsgemeinde. Es bestehen aber auch Angebote in Verbindung mit anderen Organisation der christlichen Welt.
Was genau hat Hillsong mit ihrem Programm für die Interns angeboten? Waren die Gebühren gerechtfertigt, oder sind die jungen Leute „billige Arbeitskräfte“ gewesen, die noch dafür bezahlen sollten, dass sie mitarbeiten durften? Und was waren ihre Tätigkeiten?
Instagram – Jan Kohler
Dass Jan Kohler einen Account hat, der (Stand 6.5.2023) 5263 Follower hat, passt. Dass er mit David Alaba, ehemaliger Profi von Bayern München, befreundet ist, ist auch bekannt. Das war der journalistische Tiefpunkt für mich in der Episode. Die Podcaster nehmen sich den Account vor, wollen ihn ganz genau anschauen und machen richtig Alarm. Aber ehrlich, was finden sie raus? Viel Lärm um nichts! (Shakespeare), muss ich denken! Darf ein Fußballprofi keinen Pastor zum Freund haben? Ich habe aber auch gedacht, dass Jan das besser gelassen hätte, das Foto mit Alaba in Paris. Man kann das anprangern … Aber sonst? Hey, habt ihr nichts besseres zu bieten, frage ich mich!
Was macht mich nachdenklich am Podcast?
Pastorenbild
Das Pastorenbild steht ja im Mittelpunkt der Episode. Welches Bild eines Pastors, an dem sich die Lead Pastoren von Hillsong Germany messen lassen müssen, besteht? Das klärt der Podcast nicht. Max z.B. zitiert im O-Ton einen Bibeltext aus Markus 9,34-35 (Wer der Größte sein will, sei aller Diener …), wobei sich der Text ja nicht direkt und schon gar nicht exklusiv auf Pastoren bezieht. Einander zu dienen ist ein Grundmerkmal aller Leute, die Jesus nachfolgen (Galater 5,13; 6,2; 1. Petrus 4,10 u.a). Andere Ansatzpunkte liefert der Podcast. Zum Beispiel diesen hier:
Der Boss?
Freimut lässt sich von seinen Angestellten, Volunteers … als Boss ansprechen und wird teilweise so auch auf der Bühne angekündigt, sagt Max: „Heute predigt der Boss!“ (Min. 8:01) O-Ton Max. Hier wäre jetzt ein O-Ton von einem YouTube Video aus einem Hillsong Gottesdienst als Beleg passend. Frau Funk hat ja richtig viele Gottesdienste angeschaut. Den gibt es aber nicht.
In meinen Recherchen konnte ich die Aussage von Max bestätigt finden. Leute, die mit mir den Podcast reflektieren und auch aus erster Hand internationale Hillsong Erfahrungen über eine längere Zeit (3 Jahre) haben, sagten:
Brian Houston wurde in Sydney auch immer als „The Boss“ oder „Big Eagle“ bezeichnet, meist aber mit einem humorvollen Unterton. Bobbie Houston auch als „Mother Dove“.
Offen bleibt, ob das in Germany so übernommen wurde, ob es vielleicht humorvoll zu verstehen ist, oder als Ausdruck einer Hierarchie, die Teil der Hillsong Kultur insgesamt ist? Das würde einen deutlichen Unterschied ausmachen! Auch hier ist die Nachfrage nötig!
Hierarchie und Macht
Kyra Funk spricht dann von der strukturelle Macht bei Hillsong Germany und fragt Max, ob diese Macht ihnen zu Kopf steigt. Max antwortet (19:57):
„… einerseits ja, glaube ich schon, also ich glaube aber es gibt diesen Satz: Macht korrumpiert und absolute Macht korrumpiert absolut.“
Was will Max damit sagen? Und was ist andererseits (das ja kommt, wenn man einen Satz mit einerseits beginnt …)? Das liefert der Podcast nicht.
Kyra Funk fragt Max weiter: „Und so verhalten die sich auch?“ Max antwortet knapp: „Ja“ Und dann relativiert er mit den Worten: „In Deutschland ist das nicht so super, super extrem, wie zum Beispiel in Australien, weil es in Deutschland … nicht funktionieren würde.“
Ich interpretiere das so, dass Max sagt, Freimut, Joanna und Jan (?) sei die strukturelle Macht zu Kopf gestiegen und weil sie zu einer absoluten Macht angewachsen ist, sind sie auch absolut korrumpiert.
Eine breite Quellensammlung, mit vielen Belgen für diese sehr starke Behauptungen, bleiben uns die Podcaster bislang schuldig. Es sind mehr Deutungen, Annahmen, Interpretationen, die wir hören. Der starke Einfluss, den die Lead Pastoren definitiv innerhalb der Church haben, ist bekannt. Und wieder diese Fragen:
- Gibt es eine „Gewaltenteilung“ in der Church?
- Wird der große Einfluss begleitet?
- Kann man sie fragen, auch eine Kritik anbringen, hinterfragen?
Auch wenn mir in dieser Passage im Podcast einiges unklar bleibt, finde ich etliche Fragen, die mich ansprechen, vielleicht uns in den Kirchen beschäftigen sollten! Von der Katholischen Kirche, über Orthodoxe Kirche bis hin zu den Freikirchen. Strukturen der Macht, inmitten von demokratischen Systemen, sind ja keine Seltenheit.
- Wer hat bei uns warum welchen Einfluss?
- Welche Privilegien verbinden sich mit der Rolle?
- Was macht die Position mit der Person, die sie bekleidet?
- Was macht die Position mit den Leuten im Umfeld?
- Wo wird der Einfluss gebraucht, um eine Sache voranzubringen?
- Wie wird der Einfluss reflektiert und begleitet?
- Wo wird der Einfluss missbraucht, um die eigenen Interessen zu forcieren?
»Niemand kennt den Lead Pastor bei Hillsong Germany!«
Max führt auch aus, dass der Lead Pastor mit niemandem sprechen würde, die Leute von Hillsong Germany ihn gar nicht kennen würde. „Ausser man sei Campus-Pastor oder Department Leiter oder so. Niemand kennt Freimut!“
Und dann führt Max aus, wie er den Lead Pastor bei einem Zwischenstopp in Abu Dhabi zufällig trifft und dort mit ihm einen Kaffee trinken will. Freimut winkt ab. Warum, fragt man sich als Hörer. Der Podcast bietet keine Antwort an. Man müsste mehr wissen. Diese Situation ereignet sich, nachdem Max negative Erfahrungen in Konstanz gemacht hat, dennoch zum College nach Sydney ging und nun im zweiten Jahr ist. Gibt es etwas, was hier nicht gesagt wird?
Auch Kyra Funk greift die Situation auf und sagt, dass das jetzt nicht zu verifizieren sei, da Hillsong alle Anfragen abgeblockt hat. Das haben wir nun in allen Episoden bisher als Argument gehört. Hillsongs Sicht habe ich hier gepostet. Sicher sind weitere Fragen dazu offen, die im Gespräch mit dem Lead Pastor zur Sprache kommen sollten.
Max kennt also Freimut nicht („Niemand kennt Freimut!“), hat mit ihm kaum gesprochen, kann aber gut über den Lebensstil der Haverkamp’s Auskunft geben.
Lebensstil der Haverkamp’s
Sie würden ein „weniger bescheidenes Leben führen, wie man sich das bei Pastoren sonst vorstellt“ moderiert die Podcasterin, ohne konkret zu klären, was sie genau damit meint. Wie sollte ein Leben vom leitenden Pastorenehepaar einer Kirche mit vielen Besuchern, nicht wenigen Angestellten, hunderten von ehrenamtlichen Mitarbeitenden aussehen? Das zu klären wäre sicher, in Verbindung mit konkreten weiteren Infos zum Lebensstil der Haverkamp’s hilfreich um einzuschätzen, ob der Lebensstil „weniger bescheiden“ ist. Also wieder mehr Deutung als Fakten, da mir als Zuhörer der Maßstab für „bescheiden“, mit dem gemessen wird, unklar bleibt.
Kyra Funk hat ja zu Beginn der Episode sehr krasse Worte gefunden, um die Rolle und das Leben der Lead-Pastoren einzuführen:
„… Was wir wissen: einigen Pastoren und Pastorinnen wird nachgesagt, ihre Ehrenamtliche zu manipulieren und zu demütigen. Ihre Machtposition auszunutzen und sich zu verherrlichen. … Was haben die zu verbergen, die am sichtbarsten sind und ein schillerndes Leben in Wohlstand führen.“
Ist das so bei Haverkamp’s? Max behauptet, dass die Lead Pastoren … „… sich nur noch mit Fußballprofis oder Leute, die richtig Business oder Kohle machen.“ abgeben. Woher weiß Max das, der doch – wie alle in der Hillsong Church – Freimut u. Joanna gar nicht kennt (O-Ton, siehe oben).
Praktikanten, die bei Haverkamp’s „den Haushalt schmeißen“ …
… und dafür 160,00 € im Monat bezahlen. Praktikanten/Interns, die Wäsche waschen, Kinder abholen, mit den Hunden Gassi gehen und mehr. Das wiegt schwer und bedarf der Klärung! Und sicher wird das ein Thema im Gespräch mit Freimut werden, denn das ist ein Punkt in der Episode, der eine sehr starke Verwunderung und Irritation auslöst. War das wirklich so, fragen Hörer? Ein O-Ton von jungen Leuten, die in dieser Rolle engagiert waren, hätte dem Podcast auch an dieser Stelle sehr geholfen.
So haben wir wieder eine dünne Quellenlage …, aber dennoch für mich glaubwürdig! Aus meinem Umfeld kann ich dazu Bestätigungen hören. Die Frage nach dem Kontext des Vorgangs, den Details, sind nun entscheidend, um zu einer angemessen Einschätzung zu kommen. Ein brisantes Thema! Definitiv.
Die Frage steht im Raum – falls das so zutrifft, wie im Podcast geschildert -, warum die Familie nicht mit einer Au Pair Unterstützung den Engpass gelöst hat, oder einen Job für die Unterstützung im Familienalltag geschaffen hat?
„Fragen & Kritik“
Fragen sind nicht erlaubt. Kritische Kommentare: nicht erlaubt!
„Nach außen soll die Oberfläche glänzen, was tatsächlich passiert, ist dann häufig eine andere Frage“, sagt Kyra Funk, relativiert dann: „So macht es zumindest den Eindruck.“
„Fragen nicht erlaubt!“ Mit diesem O-Ton von Max (Min. 20:39) kommt ein weiterer, wesentlicher Punkt zu Sprache. Wie kritikfähig ist das System und die Leiter bei Hillsong Germany? Kyra Funk:
„Kritische Fragen oder Anmerkungen, werden von den Hillsong Pastoren und Pastorinnen unseren Recherchen nach in der Regel abgewiesen. Öffentlich Kritik zu äußern, kommt Verrat an Gott bzw. der Kirche gleich. Das ist Teil der Formel, denn, es gilt ja immer den Schein zu wahren.“
Zunächst einmal haben wir hier zwei unterschiedliche Punkte.
- Erstens: eine Erfahrung, die Leute berichten (Fragen sind nicht erlaubt, Kritik wird abgewiesen).
- Dann eine Deutung die klären soll, warum das so ist (Teil der Formel, es gilt den Schein zu wahren).
Das ist ein Beispiel für die Deutungen, von denen ich oben schrieb.
Kritik an der Church und am Pastor zu unterdrücken, gehöre offenbar zu Unternehmenskultur. Das Thema soll später genauer behandelt werden. Ist das wieder eine Vermischung aus Erfahrungen, Deutungen und einer dünnen Quellenlage?
Stimmt das, fragt man sich als Hörer?
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Kritik nicht erwünscht ist. Das ist vielfach bestätigt.
Wer darf was fragen? Welche Transparenz ist möglich bei Hillsong Germany? Ist Kritik erlaubt? Hanspeter Nuesch, der ehemalige Leiter von Campus für Christus Schweiz hat diesen Satz geprägt, der mich seit drei Jahrzehnten begleitet: „Kritik ist kostenlose Beratung!“. Schlägt Hillsong Germany diese Beratung aus den eigenen Reihen aus? Aus dem Kreis derer, die „mit mir den Podcast reflektieren“, erreichte mich folgender O-Ton einer Person, die dicht dran ist:
»Solange du nicht in den „richtigen Leiterkreisen“ bist, wird dein Feedback nicht ernst genommen bzw. wird dir klar gemacht, dass es nicht dein Job ist Kritik zu äußern. Typischer Spruch bei Hillsong: „Speak Life!“, damit ist unter anderem gemeint: „beschwer dich nicht, gib nur Ermutigung und übe keine Kritik“.«
Anfragen aus dem Podcast, die ich mir stelle:
Hier eine Stichwortliste, die mir durch den Kopf schwirrt und mich beschäftigt:
- Wie kann ich meine Berufung und meinen Beruf als Pastor gut und gesund leben?
- Wie gelingt das, wenn sich die Kirche dynamisch entwickelt, ich jeden Tag unzählige neue Themen auf den Tisch bekomme und mit Fragen und Problemen konfrontiert bin, die mich sehr fordern?
- Wie finde ich in so einem Aufbruch immer wieder neu zu einem Pastorenbild, das Gott ehrt und Menschen dient, aber auch ein gesunden Lebenstempo ermöglicht, zu einer sinnvollen Prioritätensetzung führt, auch wenn nicht alle glücklich mit mir sind?
- Wie gehe ich damit um, dass ich nicht mit allen Leuten in der Kirche vertraut unterwegs sein kann und dabei Menschen enttäusche, die mir vertrauen und sich mehr Nähe zu mir wünschen?
- Mein Lebensstil! Ich bin neu sensibilisiert, dass der Dienst als Pastor ganzheitlich ist. Paulus sagt einmal: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich.“ (1. Kor. 6,12) Auf was sollte ich verzichten, obwohl es nicht verwerflich wäre es zu besitzen, zu nutzen …, aber dem Dienst schadet?
- Die Rolex der Lead Pastoren? Freimut Haverkamp von Hillsong Germany konnte dieser Vorwurf bislang nicht angehängt werden. Bisher? Ich frage mich: Dürfte ich eine Rolex tragen? Und wenn ich sie geerbt hätte? Wäre eine Weltreise mit meiner Frau im gleichen Wert o.k.? Oder müsste ich mich immer im Detail erklären, damit keine Missverständnisse aufkommen. Gibt es Grenzen, über die ich zu wenig reflektiere?
- Meine Macht! Gibt es eine Gewaltenteilung?
- Kritik: Wer darf mir etwas sagen? Von innen. Von außen? Wenn ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin mir einen Hinweis, eine Frage, eine Kritik gibt, bin ich dafür offen?
- Wann kann ich berechtigt auch eine Grenze ziehen? Oder bin ich der Mülleimer der Gemeinde, bei dem frustrierte Leuten der Kirche, die es ja auch gibt, alles abladen dürfen und ich muss es kommentarlos schlucken?!?
- Auf wen höre ich wann und in welchem Umfang? Darf jeder in der Kirche mir alle seine Feedbacks geben, ganz gleich wie verbunden er mit der Kirche ist? Oder ist zu unterscheiden: Verbindliche Leute, Mitarbeitende, Verantwortliche – Gäste, Menschen am Rand …?
- Ist Kritik für mich im Grundsatz kostenlose Beratung?
- Persönlicher Vorteil: Ziehe ich aus meinem Dienst einen persönlichen Vorteil, der nicht legitim ist, aber von meinem Umfeld toleriert wird?
- Wo überschreite ich Grenzen, weil ich es kann, oder weil ich es mir verdient habe, weil ich doch so „committed“ und „hingegeben“ bin, es mir das „zusteht“ oder andere es mir „gönnen“?
- Lebe ich transparent? Wo kann ich Schuld bekennen, Anfechtungen offenlegen, Sorgen und Ängste aussprechen … ohne verurteilt zu werden?
- Wie geht es den Mitarbeitenden in der Kirche, in der ich Verantwortung trage. Blühen sie auf? Geht es ihnen gut? Werden sie ausgenutzt?
Was schlussfolgere ich daraus?
Das sind wichtige Fragen, die in der Episode aufgeworfen werden! Meine Fragen, die ich für mich ableite, habe ich hier aufgelistet.
Meine Sicht: Es wäre gut, wenn Hillsong Germany sich den Fragen offen stellt, sie intern bearbeitet und auch öffentlich kommunizieren. Vielleicht passiert das schon! Mein Gespräch mit Freimut Haverkamp wird mir hoffentlich mehr Klarheit darüber geben.
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Einfach danke! Nach deinem letzten Post über die Kritik die dich erreicht, wollte ich einfach danke sagen. Als Pastor, der gerade auch neu nach seinem Weg sucht, sind die Fragen und Erfahrungen die du hier schreibst, einfach wertvoll (auch wenn ich nicht alle teilen muss). Danke für deinen wertvollen Einsatz für die Sache! Das ist mir sehr wertvoll.
Ja, Freimut ist viel unterwegs. Er ist ja auch für 5 Campusse verantwortlich.
Dafür gibt es vor Ort jeweils einen Campus Pastor.
Und Joanna kann man nach so gut wie jedem Gottesdienst einfach ansprechen.
Natürlich können die beiden nicht jeden kennen und sie sind auch nicht an jedem Campus in gleichem Maße präsent. Aber Behauptung, dass niemand sie kennen würde ist aus Konstanzer Perspektive absurd.
„Sie würden neben der Kirche in Konstanz auch noch die Kirchen in Wien und Zürich leiten. Stimmt auch. Allerdings: (Recherche!) Vergessen haben die Podcaster München und Düsseldorf.“
Stimmt nicht. Die Formulierung an der Stelle war so was in der Art „neben den Gemeinden in Deutschland…“ So hab ich es jedenfalls verstanden.
Die Aussagen zum NT und Pastorenbild hier im Blog ist etwas seltsam für einen außerhalb der kirchlichen Welt Lebenden. Zumal klar hervortritt im Podcast, dass das eine ganz subjektive Erwartung der Podcaster wäre, wenn sie das Wort Pastor hören. Den Wunsch, das Pastorenbild des NT dagegenzuhalten, verspürt ein säkularer Mensch wohl eher nicht. Dennoch gibt es schon ein in unserer Kultur verankertes Verständnis von Haltungen und Lebensstil eines Pfarrers oder Pastors. Dazu gehört sicher nicht, dass ein Pfarrer im Falle einer Flugreise auf Kosten der Kirche in der Businessklasse fliegt…
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