10 Prinzipien wirksamer Leitung – Das Prinzip des Vertrauens (4)

Vertrauen ist die Währung des Leitens. Es braucht viel Zeit, bewusste Entscheidungen, Investitionen, Prioritäten …, um Vertrauen aufzubauen! Es reichen aber Sekunden, um Vertrauen zu zerstören. Manchmal sogar irreparabel. 

Es ist das vierte Prinzip meiner meiner 10-Top-Prinzipien guter Leitung, die ich in einem TED-Talk auf dem Christival 22 vorgestellt habe! In über 40 Jahren Führungsverantwortung ist mir dieses Prinzip glasklar geworden! Wenn Vertrauen nicht aufgebaut werden kann, oder verloren geht, ist Einfluss auf gesunde Art nicht mehr zu leben.

Die Vertrauensfrage

Bekannt aus der Politik. Mit der Vertrauensfrage kann sich der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin vergewissern, ob ihre Politik vom Bundestag unterstützt wird (Artikel 68 des Grundgesetzes). Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik stellte Bundeskanzler Willy Brandt am 20. September 1972 die Vertrauensfrage. Auch wenn es in Kirchen und Gemeinden, in Unternehmen, Vereinen und anderen Organisationen diese formale (Gesetzes)Grundlage nicht gibt, ist die Idee doch sehr lebendig.

Wenn eine Leiterin eines Teams das Vertrauen des Teams verliert, kann sie das Team nicht mehr führen. Diese Beziehungsebene „Vertrauen“ wirkt sich unmittelbar auf die Sachebene „Projekte, Veranstaltungen, Aufgaben …“ aus. Man stellt dann fest, dass „Sand ist im Getriebe“ ist, es nicht mehr „wie geschmiert“ läuft.

Ohne Vertrauen geht eben nichts. So einfach ist es „unter dem Strich“. Zumindest auf der Langstrecke. Wenn mir als Führungskraft Menschen vertrauen, werden sie sich auch meiner Leitung anvertrauen. Unabhängig von meinem Führungsstil! Da ist ein Zutrauen, weil ich als vertrauenswürdig wahrgenommen und erlebt werde. Tue, was ich sage. Meine Aufgabe an jedem neuen Tag lautet: „Walk the talk!“ Lebe, was du sagst. Nicht immer einfach, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden!

Säulen des Vertrauens

Drei Säulen sind nötig, um Vertrauen aufzubauen. Es sind „Einzahlungen“ auf das „Vertrauenskonto“. Je besser das Konto gefüllt ist, je besser werden auch „Abhebungen“, wie sie im Alltag der Führung immer neu vorkommen, auch zu verschmerzen sein.

  • Charakter
  • Loyalität
  • Kompetenz

Charakter. In Teil 3 der Serie habe ich ein paar weiterführende Gedanken zur Charakterfrage aufgeschrieben. Zur Prüfung der Führungskraft gehört der Charaktertest. Wer bin ich, wenn mich niemand sieht? Was ist in meinem Herzen – unter Druck wird das sichtbar.

Loyalität. »Loyalität bezeichnet die auf gemeinsamen moralischen Maximen basierende oder von einem Vernunftinteresse geleitete innere Verbundenheit und deren Ausdruck im Verhalten gegenüber einer Person, Gruppe oder Gemeinschaft.« So definiert Wikipedia den Begriff. Loyalität ist eine Haltung, die zu einem Verhalten führt.

Im Blick auf die Führungsfrage ist Loyalität keine Einbahnstraße! Die Führungskraft muss ihrem Team (Jungschar, Projektteam, Mitarbeiterrunde …) gegenüber die Haltung und das Verhalten von geteilten Werten und innerer Verbundenheit leben und auch umgekehrt. Ein Miteinander!

Kompetenz. Damit ist das Wissen und Können gemeint, das notwendig ist, um eine Aufgabe bewältigen zu können. Verbunden mit dem Antrieb, der Energie und der Durchsetzungsstärke, gegenüber Hindernissen und Widerständen. Wenn jemand z.B. eine Jazz-Combo führen will, braucht er oder sie das musikalische Verständnis und Wissen, aber auch das musikalische Können. Qualität begeistert, inspiriert und reißt mit.

Wenn diese Kompetenz in enger Verbindung mit einer gegenseitigen Loyalität und dem guten Charakter der Leute einhergeht, dann ist da richtig was möglich!

Bausteine, aus denen diese Säulen bestehen, sind (Auswahl – !):

  • Charakter: Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Fairness, Menschenfreundlichkeit
  • Loyalität: Leistungsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Hingabe
  • Kompetenz: Fachkompetenz, Sozialkompetenz, Kommunikationskompetenz

Die Gegenprobe

Stell Dir vor wie das aussieht, wenn jemand eine einflussreiche Führungsperson ist, aber charakterlich nicht integer? Was passiert auf Dauer? Oder nicht loyal dem Team, dem Ziel, den Werten, dem Traum … gegenüber. Oder nicht kompetent?

Und auch noch das: Fleiß! Vertrauen braucht auch Fleiß! Wer auf Kosten anderer seinen Erfolg aufbauen will, das Team „für sich arbeiten lässt“ anstatt „mit dem Team zu arbeiten“, zerstört das Vertrauen. So viele haben schon Erfahrungen mit Kollegen, Geschwistern, Freunden … gemacht, die auf Kosten anderer lebten. Das wird auf Dauer nicht gelingen. Von der Kultur, die dabei entsteht, reden wir erst gar nicht …

Die Führungskoalition

Prozesse auszulösen und zu gestalten, ist immer eine gemeinsame Aufgabe. Es braucht eine Führungskoalition. Das vertrauensvolle, loyale und kompetente Miteinander eines Teams, das von einem gemeinsamen Zielbild inspiriert ist und die gleichen Werte teilt. Das gemeinsam mit Hingabe und Ausdauer ihr Bestes gibt, um das Beste für die Organisation, die Kirche, das Unternehmen oder den Verein zu bewirken. So definiere ich seit Jahren für mich „starke Leitung“.

Wer eine Kirche erneuern, ein Projekt voranbringen oder einen Prozess gestalten will, braucht eine Führungskoalition. Je größer die Aufgabe, je stabiler muss diese Koalition sein und im richtigen Verhältnis zur Aufgabe stehen.

Ich denke besonders gerne an die Dynamik und Entwicklung der Gemeindeerneuerung in Gifhorn zurück, wo diese Koalition oft richtig gut gelang. Mit Leuten im Altersspektrum, zwischen Anfang 20 bis Ende 50. Generationsübergreifend vernetzt zu sein und so gemeinsam diese Koalition zu bilden, ist eine starke Grundlage. Mehr zu dieser Frage der Führungskoalition findest du in diesem Beitrag.

Vertrauen ist die Drehscheibe in alle Richtungen. Es ist die Währung des Leitens. Mit Vertrauen ist irgendwie alles möglich. Ohne Vertrauen am Ende nichts. So ist das unter uns Kollegen, Mitarbeitern und auch in unseren Freundeskreisen und Familien. Und auch in unseren Kirchen, Teams und Arbeitskreisen. Aber auch im Blick auf Gott verhält es sich so. Am Ende ist alles eine Frage des Vertrauens. Oder biblisch gesprochen: eine Frage des Glaubens!

(Vertrauen und Glaube sind deutsche Übersetzungen des gleichen griechischen Begriffs im Neuen Testament!):

Und ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. Wer zu Gott kommen will, muss glauben, dass es ihn gibt und dass er die belohnt, die ihn aufrichtig suchen. | Hebräer 11,6

Die Serie

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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