10 Prinzipien wirksamer Leitung – Das Prinzip der Quelle (1)

Was ist deine Essenz aus über 40 Jahren Leitungserfahrung? Für einen TED-Talk auf dem Christival im Mai 22 wurde mir die Aufgabe gestellt, meine 10 Top-Prinzipien für junge Führungskräfte kurz und knapp auf den Punkt zu bringen.

Mit dieser Serie stelle ich sie auf den Leiterblog vor, reflektiere die Prinzipien etwas weiter und gebe ein paar Hilfen, Buchtipps und weitere Anregungen. So hatte ich es den Teilnehmern versprochen. Los geht’s mit dem ersten Prinzip: Dem Prinzip der Quelle!

Das Prinzip der Quelle

Alles Leiten ist abgeleitetes Leiten.

Gott selbst ist die Quelle jeder guten Leitung und zeigt, wie dadurch das Leben zum Blühen kommt. Die Idee der Führung, Leitung, Verantwortung … geht auf Gott, den Schöpfer zurück. Wie kann das sein?

Weil Gott ist …

»Weil Gott ist, ist alles andere!«, sagte Robert Spaemann einmal in einem Interview. Und damit kleidete der deutsche Philosoph dieses Prinzip in Worte, die ich seither so oft gebraucht habe, um das Prinzip der Quelle zu beschreiben. Ich kann es nicht mehr zählen, wo oft ich diesen Satz nutzte, der es so genial zusammenfasst.  Man könnte auch sagen: weil Gott ist, ist Mathematik, Kunst, Kultur, Ingenieurskunst, IT, Pädagogik, Biologie … Und Gott, der selbst die Quelle von allem ist was ist, ist als der Erfinder jeweils auch der Experte.

Dallas Willard, der faszinierende und einflussreiche Denker, Autor und Professor für Philosophie, entfaltet auch diesen Gedanken in seinen Werken. Er hat mich sehr inspiriert. Immer wieder stellt er die Frage in den Raum, ob wir Gott letztlich nicht zu sehr in einer „theologische Ecke“ ruhig gestellt haben?! Aber ist Gott auch, über die theologischen Fachfragen hinaus, wirklich der Experte für das ganze Leben? Sollte sich der Mensch tatsächlich immer zuerst an ihn wenden, um ein grundlegendes Verständnis zu erlangen? Erforschen soll der Mensch es ja auf diesem Hintergrund selbst, da Gott den Menschen zu seinem Partner macht, wie wir später sehen werden.

Eine „fromme Antwort“ auf eine fachliche Frage?

Manche denken, das Gott nur etwas zu den speziell „frommen Themen“ zu sagen hat. Das ist für mich ein grundlegender Trugschluss. Ich habe in den Jahren die Perspektive aufgegriffen, die der Apostel Paulus großartig auf den Punkt bringt:

Denn aus ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge! | Römer 11,26

Dass Leitung nichts mit dem Glauben zu tun hätte, sondern nur eine Managementtechnik oder ein Handwerk (F. Malik) wäre, habe ich deshalb verworfen. Die Idee, dass es den Einfluss von Verantwortlichen braucht, um das Leben zum Blühen zu bringen (und zu erhalten), nimmt ihren Ausgang bei Gott. Paulus stellt nicht nur fürs Leiten einen direkten Bezug zu Gott her, wenn er unterstreicht: »Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge«. Er stellt alle Themen des Lebens damit in den direkten Bezug zu Gott als Ursprung und Quelle. Und dann zeigt er in seinen Briefen, dass dieser Einfluss durch uns Menschen in die Welt kommen soll und auch kommt. Das ist „Gottes Methode“.

Gottes Methode sind Menschen!

Alle Dinge! Das heißt für mich: Wenn einer im Bereich der Führung tatsächlich ein Experte ist, dann ist es Gott! Und wer bei ihm andockt, lernt leiten! Das ist nicht auf Gemeinde, Kirche, Glauben zu beschränken! Das gilt für alle Themen des Lebens, in denen Menschen unterwegs sind. Denn: Gottes Methode sind Menschen! Er handelt im und am Menschen. Der Mensch trägt das in alle Lebensbereiche.

Menschen, die führen: So beginnt die Story!

Die erste Aufgabe, die Gott dem Menschen gibt, ist eine praktische Tätigkeit: Adam und Eva sollen Gärtner sein. Botaniker, die die Flora und Fauna im Blick haben, den Garten bebauen und bewahren. Entwickeln. Das macht nicht Gott für sie. Sie sollen sich die Hände schmutzig machen. Bei der Schöpfung hatte Gott sich zuvor selbst die Hände schmutzig gemacht und gearbeitet (1. Mose 2,7.19), um für den Menschen ein Paradies zu schaffen. Der Mensch als Partner von Gott war nun gefragt. Als kreativer Mitarbeiter. Nicht nur Befehlsempfänger. Umsetzer. Sondern als Gestalter, Beweger und Bewahrer. Und nun sollten sie auch noch Zoologen sein! (Zoologie von: altgriechisch ζῷον zóon, deutsch ‚Tier‘, ‚lebendes Wesen‘ und logie).

Kreative Gestalter, nicht passive Besucher eines fortschrittlichen Tierparks oder Beobachter, Kritiker … Mover & Shaker! Er und sie sollen also Einfluss nehmen, damit die Schöpfung weitergeht, blüht, auflebt: sie sollen Namen finden, das Leben ordnen, Fürsorge geben. Dem Garten, mit allen Bewohnern, soll es gut gehen, es soll sicher sein und das Leben ALLER fördern. Das ist die erste Führungsaufgabe, die dem Menschen anvertraut wird. Aber es ging schief! Was brachte das Projekt zur Entgleisung?

Fake News vom Bösen, die das Herz des Menschen betören! „Ihr seid wichtiger, als es scheint! Der Alte will euch nur etwas vorenthalten. Seine Regeln begrenzen und betrügen euch …“

Die beiden Leute im Garten leihen ihr Ohr dem Falschen. Sie werden durch den Betrüger betrogen und beginnen aus den falschen Quellen zu schöpfen. Nicht Leben, sondern buchstäblich der Tod kommt. Der Rest ist Geschichte. Eine Geschichte des Leids, Elend und der Zerstörung, die über uns hereinbrach. Wie konnte der verantwortliche Mensch das nur zulassen …? Und bis heute sind wir das Problem nicht los: immer neu nimmt das seinen Anlauf in den „Gedanken unseres Herzens“! Kränkungen, Minderwertigkeit, Überheblichkeit, Neid, Eifersucht, Selbstsucht, Gier, harte Herzen …

Eine Quelle für unser Herz!

Das Herz: das Hauptkampffeld des Menschen. Das Herz: Gottes Haupthandlungsfeld mit uns (Sprüche 4,23; Psalm 51,12; Hesekiel 11,19; 36,26)!

Und wenn Gott einen Menschen von innen so erneuert, dann wird sich seine Haltung verändern, sein Denken erneuern (Römer 12,2) und sein Leben ein anderes werden. Eine Frucht wird wachsen (Galater 5,22), die alle gerne genießen! Biblisch gesprochen wird er oder sie ein „neuer Mensch“, der erneuert (Kolosser 3,10) und weiter in das Bild von Jesus umgestaltet (Römer 8,29) wird.

Von INNEN nach AUSSEN

Wenn Gott einen Menschen so von INNEN nach AUSSEN grundsätzlich umgestaltet und beständig erneuert, wird sich das logischerweise in allen Themen, Bezügen und Bereichen seines Lebens zeigen. Oder? Und wenn er es nicht zeigt? Dann lebt er nicht aus der Quelle, von der ich schreibe. Es geht nicht, dass da jemand in der Kirche als der liebe Älteste, Mitarbeiter, Leitende … unterwegs ist, im Job aber der harte Hund der über Leichen geht! Dann hat diese Erneuerung nicht stattgefunden! Er oder sie faken! Spielt etwas vor, tun so als ob …

In der Bibel wird dieses Verhalten als Heuchelei (Markus 7,6 u.a.) zurückgewiesen und gebrandmarkt! Die Führungskraft ist so einfach nur unglaubwürdig. Und Glaubwürdigkeit, Vertrauen …, gehört zum größten Potential wirksamer Führung.

Was das für mich heißt?

Das Prinzip der Quelle bedeutet deshalb für mich, dass ich „am Ende des Tages“ (beliebtes Manager-Sprech) in jeder Hinsicht und ausschließlich nur aus Gott leben kann. Oder wie es im Psalm 87,7 heißt: „Alle meine Quellen sind in dir!“ Paulus zieht daraus die Konsequenz in seinem Hinweis an die Christen in Korinth: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut, tut alles zur Ehre Gottes!“ (1. Kor 10,31). Unser ganzes Leben ist auf Gott angelegt. Er ist die Quelle, aus der wir leben. Und nur aus ihr. Alle anderen Quellen führen unser Leben letztlich ins Chaos, Einsamkeit, Ungerechtigkeit … und schließlich in den Tod.

Die Quelle offen und sprudelnd zu halten, ist der Startpunkt meiner Führungstätigkeit. Meine erste Aufgabe. Mein wichtiges Feld. Hier muss ich „gewinnen“. Nur dann kann ich am Ende die Führungskraft werden, die ich sein soll.

Es tobt ein Kampf

Aber dieser Punkt hat bis heute harte Gegner, die sich als Quelle aufspielen wollen: Erfolg, Macht, Berühmtheit, Harmonie, Geld, Menschen … Denn in mir tobt ein Kampf, wie er in jedem Menschen tobt! Es ist der Kampf um meine Identität (wer bin ich, was bin ich wert, wie sehen andere mich, welche Rolle spiele ich …)! Immer neu stellt sich mir die Frage, die jeden Tag neu beantwortet werden will: Was ist die Quelle, aus der ich als Mensch lebe, meine Bestimmung finde, meinen Wert kläre … und schließlich auch die Frage beantworte: Aus welcher Quelle leite ich?

Die Serie

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
Dieser Beitrag wurde unter Die Person des Leiters abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.