Exponential (9) : Mehr Schein als Sein?

Viele von uns Verantwortliche sind angetan von dem Gedanken der Ausbildung. Christen zu Jüngern machen, wie Jesus es will. Klasse! Doch es klappt irgendwie nicht so gut. Nach „einigen Metern“ bleiben wir stecken! Das gilt für Christen, die in ihrer Berufung wachsen wollen, als auch für Verantwortliche in unseren Gemeinden, die gerne Christen dabei helfen wollen. Was ist los? Wie kommt das?

Warum ist das so mühsam?

Manchmal ist das mit der Jüngerschaft, Ausbildung, Berufung sehr mühsam! Die erhoffte Entwicklung und Veränderung geschieht nicht. Oder es geht nicht wirklich tief. Enttäuschung macht sich breit, gerade bei engagierten Christen die „was wollen“. Termine haben wir schon genug. Jüngerschaft und Berufung funktioniert nicht als weiterer Termin. Schließlich verschwindet das Thema unmerklich in die Schublade und andere (durchaus wertvolle!) Aspekte der Gemeindearbeit drängen in den Vordergrund: Veranstaltungen, Events, Dienste, Mentoring, Coaching, Lobpreis(musik) … Angebote und Aktionen. Sie sind leichter „machbar“ und die Ergebnisse kann man sehen. Das motiviert, begeistert. Es entwickelt sich was. Aber es könnte eine Scheinentwicklung sein! Das wäre ein Problem!

Scheinentwicklungen?

Was meine ich damit? Ich kann mich vielleicht selbst als einen guten Ausbilder sehen, aber bilde ich wirklich aus? Ich habe den Eindruck, dass ich als Verantwortlicher Leute in ihrer Berufung begleite und forme, aber in Wirklichkeit passiert das nicht. Es sieht nur so aus. Leute sind begeistert, engagiert, hingegeben, aber sie werden Jesus nicht ähnlicher. Es sieht nur so aus. Und wenn der Test kommt, wird es deutlich. Wenn z.B. sich der Erfolg nicht wie erhofft einstellt, die Gemeinde sich nicht so verhält wie gewünscht, Gott Gebete nicht erhört, der Leiter nicht so sensibel ist, der Berufs- oder Partnerwunsch nicht in Erfüllung geht, man für die gemeindliche Position nicht berücksichtigt wird … Unsere Gefühle sagen uns dann die Wahrheit: Wut, Bitterkeit, Gleichgültigkeit, Minderwertigkeit, Unsicherheit … Wir haben nur eine Pseudoveränderung erlebt. Eine Pseudoberufung. Pseudogemeinschaft. Es sah nur so aus. Wir haben uns eine Wirklichkeit „konstruiert“, die nur teilweise einen Bezug zur Realität hat. Das kann sowohl den Verantwortlichen als Ausbilder betreffen, als auch den Azubi. Klar ist aber, das in dieser „konstruierten Wirklichkeit“ keine Ausbildung, keine Jüngerschaft, keine Entwicklung der Berufung gelingen kann!!!

Die konstruierte Wirklichkeit

Wir konstruieren eine „geistliche Blase“, fern von unserem echten (inneren und äußeren) Leben! Eine Wirklichkeit, die unserem „echten Leben“ nicht standhält. Eine Glaubenswirklichkeit, die keine Werke hat und deshalb tot ist, nach Jakobus. Zwar wird z.B. bei Konferenzen oder in Gottesdiensten Motivation und Ermutigung erfahren und das ist super. Aber es verpufft im „echten“ Leben. Der Input wird nicht in „Kleingeld“ umgewandelt. Es kommt nicht zur begleiteten Einübung in echten Situationen mit echten Herausforderungen, um echte Fähigkeiten, Haltungen, Charakterzüge, Emotionen … zu entdecken und vom Evangelium her entwickeln zu lassen. Dazu bräuchte es Gemeinschaft. Feedback durch die nahen Schwestern und den Brüder, die mich sehen, mich erleben, mit mir auf dem Weg sind, die mir die Wahrheit in Liebe sagen. Die genau hinschauen und mit mir im echten Leben stehen! Sich kennen und bekannt sein. Was ist daran für Leiter und Azubis so schwer?

Ich genüge nicht!

Ich genüge nicht! Ich trage eine Maske, lasse mir nicht in die Karten schauen, weil ich verunsichert bin. Auch als Führungskraft. Meine Angst: Ich bin nicht so gut, wie es scheint. Wie ich es vorgebe! Wenn ich dann als der bekannt werde, der ich wirklich bin, werde ich abgelehnt. Ich bin nicht akzeptabel. Ich genüge nicht. Ich genüge ja schon vor mir selbst nicht! Wie soll ich dann anderen genügen? Vielleicht habe ich nur ein ja zu mir, wenn ich gut bin, es gut mache, Leistung bringe, Erfolg erlebe. Oder wenn andere mit mir zufrieden sind, die Beziehungen harmonisch … Mein – warum auch immer vorhandenes – „nicht genügen“ macht mir Druck als Leiter! Ich kann mich „brutto“ nicht annehmen, wie sollen mich dann anderer annehmen können? In unterschiedlicher Stärke steckt diese Angst in jedem von uns. Das ist eine Not. Oft verborgen. Wir brauchen Erlösung! Heil. Müssen heil werden. Gott macht uns heil durch sein Evangelium.

Das Evangelium

Unsere Hoffnung liegt im Evangelium. Nicht in einer Selbsterlösung durch Unabhängigkeit oder präziser Erfüllung aller christlichen Forderung. Es ist ein dritter Weg, der mich in die Freiheit führt. Das Evangelium. Die gute Nachricht, dass Gott für mich ist und für mich getan hat, was ich nicht kann. Er hat mir die Freiheit erkauft aus diesem Dilemma. Ich muss nicht unabhängig werden und rebellieren. Auch nicht der Musterchrist sein, der alles richtig macht. Ich darf Kind werden, geliebtes Kind. Sohn und Tochter. Jesus befreit mich durch das Evangelium. Ich darf ECHT werden und sein. Denn ich bin geliebt! Das befreit mich als Ausbilder und Azubi. Nicht perfekt, aber leidenschaftlich gemocht und gelassen.

Diese geistliche Wirklichkeit des Evangeliums ist die Basis, auf der Jüngerschaft geschieht und Berufungen entdeckt, entwickelt und freigesetzt werden.

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Über Lothar Krauss

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