Warum ist es so selten, dass Führungskräfte bewusst und kompetent Nachwuchs ausbilden? Warum finden Leute, die sich gerne entwickeln wollen, jenseits der klassischen „Ausbildungseinrichtungen“ so schwer Leiter, die Zeit für sie haben? Auf diese Frage bin ich in den letzten drei Jahrzehnten immer wieder gestoßen!
EXPONENTIAL sieht es als eine zentrale Aufgabe auf dem Weg zu einer Kultur der Jüngerschaft und Prägung von fähigen Leitern der Zukunft an, dass Leiter auf allen Ebenen in das Thema „Nachwuchs, Jüngerschaft, Azubis …“ investieren. Unsere Gemeinden haben einen enormen Bedarf und gleichzeitig einen großen Frust in dem Thema. Sowohl auf Seite von Leitern, als auch von Leuten, die gerne sich entwickeln wollen. Und nicht nur in der Kirche ist das so, auch in vielen Unternehmen und Organisationen. In den nächsten Teilen der Reihe schauen wir uns einige der Ursachen im Detail an. Beginnen wir mit einem Hauptargument:
„Es ist schon richtig, ABER ich habe keine Zeit!“
Kein Automatismus!
In der Regel „passiert es nicht einfach“, dass Führungskräfte Nachwuchs ausbilden. Dass sie Zeit einbauen, es als einen wesentlichen Teil ihrer Aufgabe auffassen, in eine nachkommende Generation zu investieren. Meine Erfahrung und viele Gespräche zu dem Thema lehren mich: Damit Leitende zu Leuten werden, die Matthäus 28,19f umsetzen, bedarf es einer bewussten Entscheidung.
Einstellungen, die Leiter überwinden müssen!
Keine Zeit!
Viele Verantwortliche haben mehr auf der To-do-Liste, als sie in sinnvoller Zeit packen. Das baut einen Druck in ihrem Leben auf, wie es Marin Wehrle in seinem Buch „Bin ich hier der DEPP?“ pointiert für das Berufsleben zeigt. Die Vorstellung, Zeit für Azubis aufzubringen, erscheint ihnen unrealistisch. Ab und zu mal eine Schulung machen, vielleicht ein Seminar halten oder sogar auf einer Konferenz zum Thema zu sprechen, ist vielleicht noch drin. Möglicherweise hat der Leiter Spaß daran und macht es gerne. Dem Ruf schadet es nicht und auch der Karriere hilft es. Aber dann muss man wieder zurück an die Arbeit: Meetings, Vorbereitungen, Projekte, Verpflichtungen …
Die notwendige Entscheidung!
Es ist klar: Möchte ich in dem Thema eine Veränderung, bedarf es einer klaren Entscheidung. Ich kann nicht 100% meiner Ressourcen und Kraft für die Leitungsrolle aufbringen und dann „On Top“, also zusätzlich, noch das Thema des Nachwuchses drauflegen. Von der Managementlegende Jack Welch wird gesagt, dass er 1/3 seiner Zeit in diese Aufgabe investiert hat. Viele Verantwortliche schütteln darüber den Kopf. Zwar wäre das grundsätzlich wünschenswert, aber das Leiterleben läuft so nicht. Schon gar nicht in der ehrenamtlichen Leitungsaufgabe in der Kirche. Aber auch sonst im (Berufs-)Leben. Die Mitarbeiter müssen funktionieren, wir Verantwortliche auch. Sogar Kinder in Familien! Sie werden immer weniger erzogen (ausgebildet), schreibt Michael Winterhoff in seinen Bestsellern. Bestenfalls delegieren wir Leiter die Ausbildungsaufgabe, wie es auch in unserer Gesellschaft immer häufiger geschieht. Mehr ist nicht drin.
Natürlich braucht es die Ausbildungsstätten wie Schulen, Universitäten, Betriebe, Seminare … Was aber als Ergänzung gedacht war, bekommt die zentrale Rolle. Das kann – gerade für Führungskräfte und im Blick auf den Auftrag der Kirche „Jünger zu machen“ nicht gut gehen!
Auf allen Ebenen der Organisation
Alle Führungskräfte auf allen Ebenen der Organisation sollten das Selbstverständnis „Ausbilder“ in sich tragen, rät der EXPONENTIAL Ansatz. Sicher verändert sich die Art der Ausbildung von Ebene zu Ebene. Aber, dass alle Führungskräfte auf allen Ebenen in zukünftige Führungskräfte investieren, ist essentiell für die Organisation.
Zwischenruf: Ich werde also nie die Zeit haben, bis ich sie mir nehme. Ich werde sie mir nicht nehmen, wenn ich mich nicht dafür entscheide. Ich werde mich nur dafür entscheiden, wenn mich eine starke Überzeugungen dafür packt. Ich kann mich auch nicht einfach dafür entscheiden, wenn die Kultur (Unternehmenskultur, Gemeindekultur …) das wenig unterstützt. Es wird für mich mühsam bleiben wenn ich keine geeigneten Azubis finde, die ich ausbilden kann. Sehe ich es als eine zentrale Aufgabe eines Leiters in Nachwuchs zu investieren? Dann muss ich für mich folgende Fragen klären:
6 Zentrale Fragen auf dem Weg zum Ausbilder …
- Sehe ich die Notwendigkeit für mich als Leiter, die Identität eines Ausbilders anzunehmen und mein Leiterleben davon prägen zu lassen?
- Will ich mich für diese Rolle entscheiden?
- Werde ich Raum in meiner Rolle als Verantwortlicher schaffen, um Ausbilder zu sein?
- Arbeite ich für eine Kultur der Ausbildung in meiner Organisation?
- Entwickle ich ein für mich und meine Organisation ein stimmiges Konzept zu dieser Überzeugung?
- Halte ich meine Augen auf nach geeigneten Azubis und investiere klug?
Wie stehst DU zu diesen Fragen? Wo willst DU in 2 Jahren sein? Was müsste sich grundsätzlich verändern, was beibehalten, was wieder erneuert werden, damit DU ein lebenslanger Ausbilder wirst, DEIN Weg von „Jüngern“, die Verantwortliche wurden, gesäumt ist?
UMFRAGE
Damit wir ein noch klareres Bild zu den Ursachen bekommen, bitte ich Dich an der Umfrage teilzunehmen und sie mit möglichst vielen Verantwortlichen mit diesem Post zu teilen. Danke.
Gordon MacDonald beschreibt das Thema „Ausbildung“ in seinem Buch „Tiefgänger“ und steigt genau mit diesem Thema ein – dass man sich die Zeit nehmen muss…
Wobei aus meiner Sicht die Herausforderung sich Zeit zu nehmen nur noch von der Herausforderung übertroffen wird, dem Umfeld die Dringlichkeit der Ausbildung deutlich zu machen (wie du es in dem Zwischenruf beschreibst).
Ich finde das bei Tiefgänger eher ein Konzept von Mentoring vorliegt. Im MacDonald’s Beispiel wird nicht deutlich, dass der Pastor Leute in ihrer tatsächlichen Tätigkeit in der Gemeinde beobachten und direkt dazu Feedback geben kann. Das ist aber für Ausbildung aus meiner Sicht sehr wichtig! Ich will die Konzepte damit aber nicht gegeneinander ausspielen. Jede Unterstützung hat seine Rolle und Funktion. Für Jüngerschaft und Leiterausbildung erscheint mir aber in der Anfangsphase einen Azubi-Konzept geeigneter.
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