
Hinweis: Der Text und das Video/Audio ergänzen sich, haben viele Schnittmengen, sind aber nicht ganz identisch. 😉
Wie kann ich in Leitungsverantwortung wachsen?
In der Episode 18 haben wir von Azubis und Ausbildern gesprochen. Von ihrem gemeinsamen Weg in 5 Phasen. Weiter haben wir den Prozess mit den 4 Hauptelementen betrachtet. Hier noch einmal die Übersicht:

Haltungen
Heute geht unser Blick zu den entscheidenden Haltungen, die in der Ausbildung und dem Training für angehende Führungskräfte unverzichtbar sind. Um die Dinge, die man nicht direkt sieht, die im Inneren eines Menschen verborgen sind. Gepräge, Einstellungen, Haltungen … Wir sprechen hier über die persönliche Voraussetzungen, die nicht durch Fachkompetenz, Kontakte, Ambitionen … ersetzt werden können.
Sie sind so wichtig, wenn wir Menschen trainieren, begleiten und ausbilden. An diesen Punkten scheitern nicht wenige Leute, die so begabt, geeignet und auch berufen sind.
So startet der Weg
Seit langer Zeit beobachte ich diese Punkte. Wer sie zeigt und lebt, wächst gut in die Rolle einer Führungskraft hinein und findet Vertrauen bei den Menschen, die er oder sie anleiten und inspirieren möchte. Das alles natürlich unter der Voraussetzung, dass Führung und Leitung der Begabung und Berufung entspricht, die geschenkt ist.
Es sind neun grundlegenden Haltungen. Noch ein kurzer Hinweis:
Im Podcast erzähle ich Beispiele aus meinem Leben, wie das für mich konkret aussah, als ich mich auf den Weg machte. Im Gegensatz zum Podcast bringe ich hier eher sachlich die Punkte zur Sprache.
Neun grundlegenden Haltungen
Die aufeinander aufbauen. Alles beginnt ganz unspektakulär.
1. DA SEIN!
Die erste Haltung ist super einfach, gleichzeitig sehr herausfordernd und am Ende sogar „spielentscheidend“: DA SEIN! Warum? Ein Beispiel illustriert es:
Ein Sportler, der nicht zum Training erscheint, kann nicht trainiert werden. Wer nur gelegentlich am Training teilnimmt, wird kaum Fortschritte machen und eher nicht ins Team aufrücken. Man kann nur die gut trainieren, die da sind. Regelmäßig. Motiviert. Engagiert. Tag für Tag. – Talent reicht nicht. Potential zu haben ist gut, aber wer es nicht konstant aktiviert und trainiert, bleibt ein „ewiges Talent“.
Für mein Arbeitsfeld heißt das: Wer nur ab und an in der VivaKirche erscheint, wird nicht in den Prozess der Entwicklung einsteigen. Nicht weil ich es als Leiter verhindere, sondern weil er oder sie nicht da ist. Trotz allem Potential bleibt doch alles nur ein Traum. Schade!
2. Verfügbarkeit
Doch »DA SEIN« selbst reicht leider noch nicht. Man kann ja da sein, doch nur rumstehen. Vielleicht hält man andere von der Arbeit ab, behindert ihr Training. Zum DA SEIN kommt nun die Verfügbarkeit.
Das ist der nächste Schritt, um sein Potential zu entfalten. Die Einstellung heißt: ich stelle mich zur Verfügung.
Was immer gebraucht wird, ich bin verfügbar! Sprich mich an, teile mir Aufgaben zu, beziehe mich mit ein. Keine Aufgabe ist zu klein, zu doof, zu … für mich. Ich bin bereit. Und wenn alle schon los müssen, ich bringe es zu Ende. Ihr könnt euch auf mich verlassen. Mir ist das wichtig, ich bin deshalb verfügbar.
Kannst du dir vorstellen, wie so eine Einstellung eine Organisation nach vorne bringt? Wenn eine immer größer werdende Gruppe von Leuten mit dieser Haltung mitmacht? Krass, was da werden kann, wenn diese Gesinnung zugrunde liegt:
3. Dienstbereitschaft
Diese Haltung ist das „zweite Bein“, auf dem die Führungsperson laufen lernt. Bein Nr. 1: Verfügbarkeit. Bein Nr. 2 Dienstbereitschaft.
So lernt man gehen, laufen, rennen, sprinten und – vielleicht – einmal einen Marathon laufen. Die Bereitschaft ein Diener zu sein (Identität) führt zum Dienen (Aufgabe)! Von innen nach außen läuft der Prozess.
Zuerst Haltung, Einstellung und Überzeugung. Dann Handlung. Wir wollen nicht nur Jobs auf dem Weg zum Erfolg tun. Aus dem SEIN folgt das TUN. Wer BIST du klärt auf der Langstrecke, was du TUST. Wer das umkehrt steht in der Gefahr auszubrennen, ein „People Pleaser“, der sich selbst verliert und nie ankommt.
Es macht viel Spaß jemanden zu trainieren, der mit so einer Haltung der Dienstbereitschaft am Start ist! Und wenn die Person dazu noch selbstlos ist, „im Kleinen treu“ (Lukas 19,17) und den Aufgaben zuverlässig nachkommt (1. Korinther 4,2), dann ist der Grundstein für Größeres, Großes gelegt!
Nicht einfach!
Die Haltung ist nicht immer einfach. Ich kann mich an meine praktische Ausbildung erinnern. Mein Geselle, der Ausbilder, Meister … gaben mir die Jobs. Ich hatte sie zu tun. Macht das Sinn? Hatte ich Lust darauf? Das war nicht die Frage! Wollte ich aufgeben? Manchmal! Es galt durchzuhalten: Verfügbar, da sein, Bereitschaft alles zu tun, was mir aufgetragen wurde. Das war jetzt gefragt.
Mich hat das manchmal genervt. Vielleicht bin ich sogar hier und da ausgenutzt worden, aber meiner Charakterentwicklung hat es nicht geschadet. Im Gegenteil – diese Haltung hat mir oft in den Jahrzehnten geholfen!
4. Belehrbarkeit:
Fehler – sie sind – mir – manchmal peinlich! Kennst du das auch? Ich gehöre zu den Leuten, die es gerne gut und richtig machen. Das hat Vor- u. Nachteile. Aber Tatsache ist: vieles auf dem Weg des Trainings, der Ausbildung gelingt nicht auf Anhieb.
John Ortberg unterscheidet in seinem Bestseller „Das Leben, nach dem du dich sehnst“ zwischen „probieren“ und „trainieren“. Wir trainieren ja gerade deshalb, weil das schichte probieren nicht zum Erfolg führt. „Ich hab’s probiert. Es hat nicht geklappt!“ Logisch, deshalb eben Training mit Trainer!
Fehler zu machen ist nicht wirklich schlimm – höchstens in meinem Kopf. Mir was sagen zu lassen, also belehrbar zu sein und zu bleiben, ist ein starkes Werkzeug. Bis heute ist das so.
»Kritik ist kostenlose Beratung« Hanspeter Nüesch
Ich liebe dieses Zitat des ehemaligen Leiters von Campus für Christus, Schweiz. Und wenn man bedenkt, wie viel für gute Berater in der Wirtschaft gezahlt wird, dann bekommt das ganze doch ein gutes Gesicht. Sich belehren lassen, mit anderen gemeinsam zu besseren Einsichten zu kommen … das ist super.
KLEINER EXKURS: Die Idee der Belehrbarkeit im Weisheitsbuch der Sprüche. Belehrbarkeit wird als die Bereitschaft verstanden, Unterweisung und Ermahnung anzunehmen: Hier ein paar Stellen aus dem Buch der Sprüche im Alten Testament: 1,5; 9,7–9; 10,17; 12,1.15; 13,1.10.18; 15,5.10.12.31.32; 17,10; 19,20.25; 21,11; 25,12; 27,5.6; 28,23; 29,1
5. Ich bin gern ein Normalo
Genies sind super. Das Problem? Es gibt so wenige von ihnen! Alternative: Normalos. Normalos, die ihr Potential erkennen, trainieren und so ausschöpfen. Die die beste Version von sich selbst auf diesem Weg werden. Das ist unsere Chance!
Ich gehöre zu diesen Normalos. Manchmal wäre ich gerne eher ein Genie gewesen. Bin ich aber nicht. „Zur besten Version meiner selbst zu werden“ habe ich als meine Aufgabe im Leben angenommen.
Nicht jammern, vergleichen, in Selbstmitleid baden. Das bringt nichts. Ich habe nur eine echte Chance: ich beginne dort, wo ich jetzt stehe. Ein »optimal entwickelter Normalo«. Das ist meine Vision für mich. YES. Und das Wort Gottes macht mir dazu Mut. Da ist ein Schatz in mir verborgen. Wir sind Schatzkammern, sagte einmal Michael Bendorf aus Braunschweig. Gottes Wort sagt es tatsächlich:
7 Wir allerdings sind für diesen kostbaren Schatz, der uns anvertraut ist, nur wie zerbrechliche Gefäße, denn ´es soll deutlich werden, dass` die alles überragende Kraft, ´die in unserem Leben wirksam ist,` Gottes Kraft ist und nicht aus uns selbst kommt. | 2. Kor 4,7.
Sinnverwirklichung, statt Selbstverwirklichung!
So ist es! Der Schatz kommt von Gott. Ich bin ein zerbrechliches Gefäß. Das bringt mich zur Idee der Sinnverwirklichung. Jeder Mensch sucht nach dem Sinn seines Lebens, findet ihn außerhalb, oder gibt ihn sich selbst. Ohne Sinn wird es richtig eng für den Menschen!
Das Streben nach Selbstverwirklichung wird auf der Langstrecke zu einer Belastung für mich und mein Umfeld. Ich möchte einen Sinn, der größer ist als ich selbst, verwirklichen. Als Normalo sinnvoll leben. Yeah.
6. Durchhaltekraft
Dran bleiben. Ausdauer. Rückschläge verdauen. Niederlagen verarbeiten. Aufstehen. Weitermachen. Resilienz ausbilden. Eine Coping-Strategie entwickeln, also eine Strategie zur Bewältigung schwieriger Erfahrungen als Führungskraft, ist so wichtig.
Erfolge zu feiern stärkt die Fähigkeit durchzuhalten. Zäh auf dem Weg meiner Überzeugungen zu bleiben, unbeirrbar, ohne stur oder überheblich zu werden. Die Haltung dazu im Hintergrund: Ich bin Azubi. Lernender. Student. Meine Rolle besteht nicht darin, der Verbesserer der Organisation zu werden. Mindestens nicht in dieser Phase.
7. Prozesse denken
Es ist ein Prozess. Es ist ein Weg, den ich gehe. Jeder Schritt bringt mich voran. James Clear hat die Kraft minimaler Schritte, die mit Ausdauer verfolgt werden, in seinem Buch „Die 1% Methode“ gezeigt. Mit einem großen Bild im Herzen, die kleinen Schritte Tag für Tag zu gehen, ist ein starker Move auf dem Weg zu einer wirkungsvollen Führungskraft.
Mich „pflanzen“ lassen, im richtigen Tempo wachsen, Jahreszeiten durchleben … Das ist das Bild. Wer daran glaubt und so denkt, hat einen „Standortvorteil“. Die Bibel gibt uns in unterschiedlichen Bildern diese Idee. Für den Moment halten wir fest: Wer Prozesse denken kann, bleibt dran, nimmt Verantwortung und gestaltet aktiv seinen Weg.
8. Und die Anderen?
Jemand hat einmal gesagt (das Zitat ist nicht eindeutig zuzuordnen!):
Der Vergleich ist der Dieb der Freude! (Anonym)
Sich zu vergleichen ist meist eine schlechte Idee. Hier geht es um die Frage, ob ich anderen Erfolg gönne und beständig auf meinem Weg (Schritt 7 – Prozess) aktiv bleibe. Ohne Selbstmitleid, ohne Missgunst, großzügig, freundlich, ohne falschen Wettbewerbsgeist.
Gott hat seinen Weg mit anderen Leuten. Schon die Jünger hatten diese Hürde zu nehmen. (Johannes 21,21-23). Der Fokus der christlichen Führungsperson in Ausbildung ist Jesus. Wer Gott gefallen will findet den Weg aus Menschenfurcht und Menschengefälligkeit. Das ist echte Freiheit in Beziehungen!
Das Feedback, das kommt, ist Hilfe für meine Entwicklung. Positiv. Konstruktiv kritisch. Er stürzt mich nicht in die Krise, ich gönne anderen den Segen, der ihnen geschenkt wird und bleibe dabei, dass es für mein Leben eine Berufung gibt, die ich erfüllen kann und die mich erfüllt.
Diese Haltung ist sooooo wichtig. Wir spornen uns gegenseitig an und inspirieren uns. Aber wir wollen nicht in den Strudel des Vergleichens geraten. Das ist eine grundlegende Haltungsfrage, eine Herzensfrage. Die wird überprüft werden!
9. Bewährung.
Die Haltungen, um die es hier geht, wird vielfach im Leben gecheckt. Das ist gut so. Denn wenn mir etwas anvertraut wird, muss ich bewährt sein. Ich bin froh, dass der Operateur viel Prüfungen bestehen muss, bevor er oder sie eigenverantwortlich operiert. Oder der Flugkapitän: viele Stunden im Flugsimulator, viel Bewährungsproben unter Stress … GUT SO! Oder?!
Meine Fragen im Führungsalltag: Kann man sich auf mich verlassen? Können sie die Leute, unter deren Leitung ich arbeite, sich auf mich verlassen? Meine Kollegen? Die Leute, die ich selbst anleite, denen ich vorausgehe? Bin ich ein Vorbild? Gehe ich voran, oder schicke ich andere aufs Feld und schaue im Schatten ihnen bei der Arbeit zu?
Wer treu im Kleinen ist, dem wird auf Dauer auch mehr anvertraut, sagt Jesus. (Lukas 19,17). Meine Entscheidung steht: diese Haltung will ich entwickeln. Und mich in der Krise bewähren wie Josef im Alten Testament (1. Mose 39 ff).
Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs
Junge Leute stehen in der Gefahr, zu schnell gepushed zu werden! Immer wieder kommen diese Wellen in die Kirche. Kinder, Teenies, junge Leute … ohne Begleitung, manchmal auch sehr geistlich begründet, gepushed. Gefordert und bald überfordert. Das Miteinander aller Generationen war schon immer die bessere Idee.
Gottes Selbstbezeichung ist bezeichnend 😉: Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. (2. Mose 3,6)
Hier ist ein Arbeitsblatt zur Vertiefung und Reflexion zu finden.

