In der letzten Woche habe ich die ersten 5 Trittfallen besprochen, auf die ich als Führungskraft besonders achten sollte. Heute kommt der zweite Teil mit den fünf weiteren Trittfallen, in die ich möglichst nicht treten will. Fünf potentielle Fehler eines Leitenden, die über Erfolg und Niederlage entscheiden können. Aber schau selbst:
Die ersten fünf Trittfallen
- Sich keine Zeit nehmen, um mit Menschen in Kontakt zu treten
- Nicht erreichbar sein
- Kein Fokus auf die Entwicklung von Menschen
- Kein regelmäßiges Feedback geben
- Die Emotionen meiner Mitarbeitenden nicht zu berücksichtigen
6. Nicht wirksam mit Konflikten umgehen
Der sechste Fehler, für den ich sensibel sein möchte, betrifft das Thema Konflikte. Konflikte sind nicht zu vermeiden! Sie gehören zum zwischenmenschlichen Miteinander. Auch im christlichen Kontext. Paulus und Barnabas rutschten in einen Konflikt. Von Petrus und Paulus wird uns ebenfalls berichtet, dass sie Stress hatten. Und die Briefe des Neuen Testamentes ist reichhaltig davon zu lesen.
Damit „entzaubern“ sich für mich zunächst das Thema. Konflikte kommen also in den besten Familien vor, bei den besten Führungskräften und auch in den erfolgreichsten Kirchen. Sie sind „nicht schlimm“, wenn mit ihnen richtig umgegangen wird. Das ist der Knackpunkt!
Der Konflikt sucht die Arena!
Worauf will ich achten? Darauf: Konflikte, die nicht angesprochen werden, blockieren die Zusammenarbeit und die Ausrichtung auf gemeinsame Ziele. Spannungen, negative Emotionen und Polarisierung bauen sich auf. Konflikte werden zu „Fischen unter dem Tisch“: Auch wenn alle so tun, als wären sie nicht da, durchdringt ihr hartnäckiger „Geruch“ die ganze Atmosphäre. Es liegt an mir als Führungskraft, diese Fische auf den Tisch zu bringen und sie zu „säubern“, indem ich den zugrunde liegenden Konflikt angehe. Ihre Belohnung: „ein tolles Fischessen am Ende des Tages!“
7. Veränderung nicht genügend vorantreiben
Das einzig Beständige ist der Wandel. „Das haben wir schon immer so gemacht!“ können zu den berühmten sieben letzten Worten einer Gemeinde werden. Ohne Veränderung verkümmern unsere Gemeinden, wie alle Organismen, und sterben schließlich. Die Kirchengeschichte bietet unzählige Praxisbeispiele. Aber der Wandel trifft immer auch auf Unverständnis, Widerstand, Unwillen und Lethargie. Menschen reagieren unterschiedlich auf Veränderungen. Ich will das im Blick behalten.
„Das haben wir schon immer so gemacht!“
Dennoch, wenn ich als Führungskraft den Wandel nicht genügend vorantreibe, bringe ich die Kirche in große Gefahr! Das hört sich nicht nur dramatisch an, es ist dramatisch. Unzählige Gemeinden stehen mittelfristig vor dem Aus, wenn der Prozess der Veränderung, Erneuerung und Erfrischung nicht einsetzt. Meine Aufgabe: den Menschen die Vorteile des Wandels und der Veränderungen nahe bringen und dabei folgendes bedenken:
Viele Menschen sträuben sich nicht von Natur aus gegen Veränderungen!
Viele Menschen sträuben sich nicht von Natur aus gegen Veränderungen: Sie sträuben sich gegen die Angst vor dem Unbekannten oder dem Schmerz, der mit dem Wandel einhergehen könnte. Das im Hinterkopf zu haben und Menschen mit Respekt im Prozess der Veränderung zu behandeln, ist meine Aufgabe. Dabei muss ich konstant und kontinuierlich die Notwendigkeit zur Veränderung ansprechen und den Wandel auch einleiten.
Meine Aufgabe dabei ist, eine „sichere Basis“ zu schaffen und auch selbst zu sein. Ich möchte sowohl ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, als auch die VM’ler ermutigen und inspirieren, Neues zu erkunden. Mit anderen Worten: Ich muss mich genug kümmern, um den Wagemut zu fördern. Diese Kombination ist entscheidend! Für mich heißt das: hinhören, 10.000 Tassen Kaffee mit VM’lern trinken, unzählige Video-Calls, Fragen stellen, gut hinhören und schließlich TRÄUME wecken.
Das ist die Absicht der Predigtreihe zum Einstieg in Mannheim. Dafür habe ich mir die ersten 10 Predigten reserviert.
8. Zu gewagten Aktionen überrumpeln
Ich möchte – bei aller Notwendigkeit im Glauben Schritte zu wagen – andere nicht überrumpeln. Sie dazu ermutigen, Risiken einzugehen, für die sie nicht bereit sind. Warum? Weil das menschliche Gehirn standardmäßig defensiv und risikoscheu ist. Was ist meine Alternative? Ich möchte selbst ein positives Vorbild sein, gemeinsam mit meiner Frau Heike, und so andere inspirieren. Sie anspornen, kleine Schritte zu wagen und im Vertrauen zu wachsen. Jeder kleine Schritt bringt uns alle voran.
Ich möchte durch mein positives Vorbild, gemeinsam mit meiner Frau Heike, andere inspirieren.
Nicht in der „Sicherheitszone“ bleiben!
Es gibt ja auch das Gegenteil: Zu viele Führungskräfte ermutigen ihre Mitarbeiter in der Sicherheitszone zu bleiben. Fachleute sagen gerne: „so zu spielen, dass man nicht verliert“.
Ich habe gelernt: Die besten Führungskräfte schaffen genug Vertrauen, damit sich andere sicher und unterstützt fühlen, um die Risiken einzugehen, die sinnvoll und nötig sind. Sie „spielen, um zu gewinnen“. Dies sei eine aktive, positive Art des Verhaltens, die Veränderungen und letztlich Erfolge fördert. YES. So sehe ich es auch. Das ist mein Ziel. Hoffe sehr, dass mir das in Mannheim gelingt. Besser: geschenkt wird!
9. Die falsche Art der Motivation wählen
„Du musst die Leute motivieren!“ höre ich hier und da als Aufforderung. „Wir konnten die Leute nicht motivieren!“ sagen andere resignierend. „Du kannst Leute aber echt motivieren!“ sagt mir jemand anerkennend.
Wie ist das mit der Motivation von Menschen. Stimmt schon: wenn Leute nicht motiviert sind, wird es schwierig mit dem Gemeindebau. Paulus sagt den Christen in Rom: „Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist, dem Herrn dienend.“ (Römer 12,11)
Seit meiner Fortbildung als „DISG-Trainer“ vor bald 30 Jahren ist mir deutlich, dass ich Leute nicht motivieren kann. Menschen tun die Dinge aus ganz eigenen Gründen. Intrinsische Motivation wird das heute genannt. Die extrinsische Motivation, also die Reaktion auf äußere Anreize (starke Position, Anerkennung, Erfolg, Statussymbole, Gehalt …) bewegt Menschen nicht auf Dauer! Ich bin heute mehr denn je davon überzeugt, dass jeder Mensch seine ganz eigenen Begründungen für seine Motivation hat.
Jeder Mensch hat eine ganz eigenen Begründungen für seine Motivation.
Ich frage mich deshalb mehr als in den frühen Berufsjahren: was ist den Menschen wichtig, mit denen ich unterwegs bin? Was ist seine oder ihre Berufung, welche Bestimmung hat Gott für einen Menschen. Auch frage ich, wo die Leidenschaft meines Gegenübers liegt und wie ein Umfeld für ihn aussehen kann, dass mit diesen inneren Überzeugungen korrespondiert.
Ich werde zu einer besseren Führungskraft, wenn ich mich darauf konzentriere, Menschen zu inspirieren und Raum dafür zu schaffen, was sie selbst erreichen und beitragen wollen, weil es der Berufung von Gott für sie entspricht.
Heike und ich haben dieses Label für unseren Leitungsdienst in Mannheim gewählt:
Wir wollen Diener mit Trainerlizenz sein.
10. Aktivitäten managen, anstatt Menschen zu führen
Der letzte Punkt hat das Potential, zu einem ganz großen Fehler für mich als Führungskraft zu werden. Aktivitäten managen, statt Menschen zu führen! Management ist absolut gut und wichtig. Aber als Führungskraft will ich das Gewicht auf Führung legen. Mir ist klar, dass Menschen es hassen, wenn sie benutzt werden. Gerne wollen sie gebraucht werden, aber eben nicht benutzt. Das geht uns Führungskräften natürlich nicht anders!!!
Aktivitäten managen, statt Menschen zu führen! Benutzt oder gebraucht?
Gerade wenn es schwierig wird, wie jetzt zu Corona-Zeiten, stehe ich in der Gefahr, mich auf die Managementseite meiner Rolle zurückziehen. Ein Großteil des Managements dreht sich ja um das planen, organisieren, verwalten und kontrollieren von Aktivitäten. Dabei geht es natürlich auch um Menschen.
Wo ist der Unterschied zur Führung? Führung hat den Schwerpunkt, Menschen zu inspirieren, zu ermutigen und das Beste aus ihnen herauszurufen. Deshalb liebe ich 1. Thessalonicher 5,15 in der Übertragung THE MESSAGE von Eugene Peterson:
»… Look for the best in each other, and always do your best to bring it out.«
Eine tolle Beschreibung von dem, was Führung ist. Das Potential von Menschen zu sehen, an sie zu glauben und sie auf ihrem Weg zu begleiten, das von Gott geschenkte Potential „auf die Straße zu bringen“. Mich inspirierend diese Idee. Ich folge ihr, indem ich Vertrauen aufbaue und und Menschen herausfordere, positive Risiken einzugehen. Dabei habe ich diese Entscheidung für mich getroffen, die ich auch in Mannheim in der VM prägen möchte:
Wir benutzen Veranstaltungen, Events, Projekte, Programme …, um Menschen zu entwickeln. Wir wollen nicht Menschen benutzten, um Veranstaltungen, Events, Projekte, Programme … zu entwickeln.
Um eine Führungskraft und nicht nur ein Manager zu sein, muss ich mich also auf die Menschen als Menschen konzentrieren. Das will ich nicht vergessen und zum Fokus meiner Leitungsaufgabe hier in der VM machen. Das erfordert Zeit und Aufmerksamkeit und führt mich zurück zur Grundlage der Bindung. Davon sprachen wir bei der Trittfalle Nr. 1.