Gemeindeerneuerung mit einem Dream-Team, gespickt mit Spielentscheidern ist schon eine feine Sache.
Was aber tun, wenn Zeit und Kraft bei unseren Leuten der Kirche sehr begrenzt sind? Mit dieser Frage endete der vorherige Beitrag der Serie. Steigen wir nun direkt in das Thema ein:
Die Herausforderung
Das ist wirklich ein Problem! Viele unserer besten Leute, die so gerne mehr einbringen würden, werden durch ihren Job sehr ausgelaugt. Das Leben in unserer Gesellschaft verlangt von uns allen viel ab. Manchmal wollen wir selbst zu viel, die endlosen Optionen verführen uns zuweilen. Doch dann bleibt nicht mehr viel Kraft für die Kirche, wenn man seiner Verantwortung in der Familie nachkommen möchte, was ja auch ein Auftrag an Christen ist. Nicht jede Kirche hat so viele 20 – 35-jährige Leute, die oft geniale Talente, eine gute Motivation und Zeitressourcen mitbringen, die dringend benötigt werden. Sie übernehmen in aufstrebenden Kirchen oft eine tragende Rolle und sind sehr fleißig.
Oh man, wir brauchen Mitarbeiter!
Das höre ich oft, mir selbst geht es auch so. Wie gesagt, gerade Leute mit tollen Fähigkeiten, die in der Kirche dringend gebraucht würden, stehen nicht in dem Umfang – verständlicherweise – zur Verfügung, wie es nötig wäre. Mancher ordnet die Prios neu, verzichtet auf Karrieresprünge, was aber nicht die Berufung von jedem sein kann. Man kann auch nicht zu viele bezahlte Stellen in der Gemeinde einrichten, das Geld reicht dafür nicht! Eine Alternative, gerade für die zeitintensiven Punkte des Gemeindelebens, will ich ansprechen:
In den 1990er Jahren kamen wir über unsere internationalen Kontakte mit einem Konzept in Berührung, das uns bis dahin unbekannt gewesen war: unbezahlte Hauptamtliche!
Unbezahlte Hauptamtliche! Was ist denn das?
Das sind Leute, die eine Verpflichtung eingehen können und wollen, wie das bezahlte hauptberufliche Mitarbeiter tun, nur das kein Geld fließt. Leute, die wirtschaftlich eine Grundlage haben, die sie von einem Einkommen unabhängig macht und eine Leidenschaft in ihnen brennt, mit ihrem Leben einen Unterschied zu machen.
Ehepaare, bei denen ein Partner den anderen frei setzt, indem er oder sie einem bezahlten Job nachgeht, durch den die wirtschaftliche Basis gelegt wird, während der andere Partner sich voll oder teilzeitlich in die Kirche einbringt.
Oder es sind Personen, die bewusst ihre Stunden in ihrem Job reduzieren und auf Einkommen verzichten. Sie haben sich für ein bescheidenes Leben entschieden, um ihre Leidenschaft zu leben! Das ist ihnen mehr wert, als einen größeren finanziellen Spielraum zu haben.
Warum machen sie das?
Weil sie ein Bild der Zukunft vor Augen haben, das sie angesteckt hat. Nebenbei, nur wenige Kirchen vermitteln dieses Bild an ihre Leute. Spielentscheider gewinnen da nicht den Eindruck, dass sie erwünscht sind oder die Kirche etwas entscheidendes bewegen will. Sie steigen nicht ein, ganz gleich wie groß „die Not“ in der Gemeinde ist. Inspirierende Leiter haben auch einen großen Anteil daran, dass Leute zu unbezahlten Hauptamtlichen werden. Und natürlich das Team. Wer sind die Leute, wie ist die Stimmung, die Ausrichtung des Teams, in dem sie ihren Beitrag beisteuern und einen Unterschied ausmachen können! Wenn das passt und inspirierend ist, dann sind Spielentscheider gerne am Start!
Es geht nicht ohne!
Das fand ich bestätigt, als ich 2013 20 innovative, wachsende Kirchen in der westlichen Welt besuchte. Überall traf ich auf solche Leute, die zusammen Teams bildeten und wirklich etwas bewegen. Ich bin mir ganz sicher, dass man in jeder deutschen Kirche, die aufbricht und etwas bewegt, auf solche Leute und Teams trifft.
Kirchen mit Ausstrahlung ziehen solche Persönlichkeiten an. Junge Leute sind bereit als engagierte Ehrenamtliche, »Interns«, Praktikanten dabei zu sein. Manche sind auch von ihren Heimatgemeinden oder Freundeskreisen finanzierte »Missionare« (z.B. Gebetshaus Augsburg…).
Im ländlichen Raum und in Gemeinden, die schon eine lange Geschichte haben, ist es oft anders gelagert. Dennoch: Leute, die zusammen ein Team bilden, ein Momentum zusammen erleben, kreieren besondere Erfahrungen in den Kirchen. Das braucht es auch. Und deshalb brauchen wir Spielentscheider in unseren Kirchen, Teams und Organisationen.
Praxis: Gifhorn
Meine Frau Heike setze in Gifhorn 2015 direkt diesen Akzent. Mit unserem Leben und Vorbild wollten wir etwas bewegen. Also trafen wir als Ehepaar die Entscheidung, dass Heike keiner bezahlten externen Arbeit nachgehen sollte und verzichteten auf das zweite Gehalt für unser Einkommen. Die Gemeinde bekam mit der Anstellung meiner Person damit zwei Hauptamtliche! Nicht weil sie es so geplant hatte, sie uns ausnutzen wollten oder billige Arbeitskräfte suchte. Sondern weil wir das wollten! Wir glaubten an diese Berufung in Gifhorn, waren erfüllt von der Leidenschaft für die Sache von Gott und bezahlten den Preis mit der Hingabe, zu der wir in der Lage waren.
Mit Heike im Team war es gleich anders. Ihr kreatives Talent, diese Fähigkeit Leute in ihren Gaben zu entdecken, Teams zu bilden, zu lehren, zu predigen und Menschen zu begleiten, war sehr genial. Sie wurde so zu einem Spielentscheider. Und nicht nur das: Ihr Beispiel inspirierte andere und ebnete einen Weg, auf dem andere Leute der Kirche folgten.
Heute sind in unserem Team fünf unbezahlte Hauptamtliche, die vom Zeitvolumen von Teilzeit bis Vollzeit am Start sind. Ergänzt durch Minijobber, die auch noch im Ehrenamt richtig einen drauf legen ist dieses »Brauhaus-Team« spielentscheidend für das, was Gott in Gifhorn bewirkt und schenkt.
Und nicht nur das. 200+ Ehrenamtliche engagieren sich in der Kirche im Brauhaus, geben oft ihr Bestes und stecken sich gegenseitig an. Ich denke an unsere Techniker, Hausmeister, Künstler, KG Leiter, Schatzinselmitarbeiter, Gastfeundschaftsleute … Gott gebraucht Menschen. Und er lässt sich nach ihnen nennen: Der Gott Abrahams, Isaacs und Jakobs. Sein Name, mit unserem Namen, in einem Atemzug! Wow. Warum? Weil Menschen „Gottes Methode“ ist. 😁
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