Was war der wichtigste Schritt zu Beginn, der eure Kirche auf die Spur gebracht hat, auf der ihr heute unterwegs seid? Immer wieder kommt diese Frage. Zu recht! Sie hat es in sich. Gibt es überhaupt so einen Punkt, die eine Kirche entscheidend nach vorn bringt. Ich meine JA!
Damit ist nicht gesagt, dass es nur an diesem einen Punkt liegt, ob eine Kirche in eine Entwicklung kommt! Es ist immer die Summe vieler kleiner Teile, die das Ganze bewirkt. Aber es ist – aus meiner Sicht – der entscheidende Startpunkt!
Ein aktuelles Video von uns …
Wir haben den Punkt, von dem der Beitrag handelt, schon ganz gut gepackt. Aber er hat uns auch richtig was gekostet – und tut es immer noch – !!! Diese Minute gibt euch einen Einblick, wo wir nach fast 5 Jahren Erneuerung und Entwicklung stehen:
Bedürfnisorientiert oder auftragsorientiert?
Als Kirche im Brauhaus trafen wir 2015 in unserem Gemeindeprozess die Entscheidung, dass wir uns zu einer auftragsorientierten Kirche entwickeln wollten.
An sich keine große Sache, ganz klar. Engagierte Christen würden das sicher direkt unterschreiben: Ja klar, die Kirche steht im Auftrag von Jesus, den sie hier umsetzt. »Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.« sagt er. Deshalb ist die Frage der Christen, wenn sie Kirche „bauen“: Jesus, was ist der Auftrag für uns? Hier, heute, an diesem Ort, zu dieser Zeit?
Theoretisch also alles ganz einfach: Die Herausforderung kommt dann bei der Umsetzung! Vor allem dann, wenn der Preis hochgeht! Erst wenn wir beginnen den Preis zu bezahlen können wir sehen, ob wir das wirklich wollten! Oder ob es uns doch zu teuer ist, wir zu viel aufgeben, verändern, loslassen müssen, um den Weg zu gehen.
Der untrügliche Test
Wenn meine Bedürfnisse in der Ausrichtung, den Angeboten und dem Leben der Kirche nicht mehr so vorkommen, wie ich es mir wünsche, stehe ich vor der Frage. Erst dann wir deutlich, ob ich bedürfnisorientiert oder auftragsorientiert leben will. Persönlich und auch als Kirche.
Sätze, ähnlich der kleinen Liste, bringen den bedürfnisorientierten Ansatz zum Ausdruck (ergänze die Sätze, die Du hörst, gerne in den Kommentaren):
- Man wird nicht mehr so wahrgenommen und gehört, wie das früher der Fall war.
- Ich fühle mich nicht mehr so zuhause!
- Ich kennen so viele Leute nicht mehr!
- Hier geht es mir zu viel um neue Leute.
- Die Predigten wenden sich zu stark an Leute, die Gott nicht kennen.
- Mir fehlt das Schwarzbrot, ich brauche bessere geistliche Nahrung.
- Man wird ständig aufgefordert mitzuwirken …
- Wir haben hier gar nichts mehr zu sagen …
Ohne Selbstverleugnung geht es nicht …
Und ja, ich will das offen sagen: wer von bedürfnisorientiert zu auftragsorientiert wechselt, muss den Weg der Selbstverleugnung beschreiten. Es geht dann tatsächlich nicht mehr um uns! Unseren Familiennamen, unsere Beiträge der Vergangenheit und auch nicht um das, was unsere Eltern hier in der Gemeinde aufgebaut haben. Und ja, man kennt nicht mehr alle, es ist nicht mehr der interne Kreis von Leuten, die vertraut sind, mit denen wir schon immer für diese Kirche eingetreten sind. Alle Vereinsmeierei findet in diesem Wandel sein Ende.
Zurück zum Auftrag, den Jesus gibt: Er spricht davon, dass wir uns selbst verleugnen sollen, wenn wir ihm nachfolgen möchten! (Matthäus 16,24). So ist die junge Kirche gestartet. Und änderte sich nicht täglich ihre Zusammensetzung, weil Jesus wirkte? Und waren das nicht Leute, die erst noch zum Glauben kamen, oder ganz jung im Glauben standen? (Apostelgeschichte 2,47).
Gemeinden, die den Weg der Erneuerung beschreiten, betrifft das genauso wie junge Kirchen, die sich in den Großstädten des Landes aufbauen. Überall ist der Preis hoch und entscheidend ist, ob Nachfolger von Jesus den Preis bezahlen, sich selbst verleugnen und dem Auftrag treu folgen.
Kommen die Nachfolger von Jesus in einer auftragsorientierten Kirche zu kurz?
Nein! Wir kommen nicht zu kurz.
Wir erleben, dass unsere Bedürfnisse dabei trotzdem nicht zu kurz kommen. Gottes Versprechen gilt (Matthäus 6,33)! Die Veränderung von einer bedürfnisorientierten Gemeinde hin zu einer auftragsorientierten ist vielleicht der wichtigste Punkt unserer Veränderung in Gifhorn: Auf jeden Fall ist es ein wesentlicher Punkt unserer missionarischen Wirksamkeit! Doch wir mussten eine geliebte und vertraute Zone des Gemeindelebens verlassen:
Raus aus der Komfortzone!
Wir mussten raus aus der Komfortzone. Das war alternativlos. Warum? Weil immer mehr Leute kamen! Wir konnten uns nicht mehr nur mit unseren Freunden abgeben, wenn wir den Auftrag von Jesus und diese Entwicklung ernst nehmen wollten. Wir waren herausgefordert, auf Leute zuzugehen, die wir noch nicht so kannten.
Das ist in vielen Kirchen ein Problem. Auch bei uns. Obwohl wir immer besser werden, fordert uns das bis heute sehr heraus. Wenn wir aber missionarisch wirksam sein wollen, haben wir keine Alternative zu dieser Einstellung. Dabei geht es nicht um unsere Vorlieben, unseren Stil oder eine Methode. Es geht um unsere Gesinnung!
Haben bedürfnisorientierte Gemeinden eine natürliche Wachstumsgrenze, rein Zahlenmäßig? Gibt es dazu Untersuchungen?
Eine gute Frage Michael! Man müsste die Gemeinden untersuchen, die stagnieren oder schrumpfen. Das sind immerhin 2/3 der Freikirchen in Deutschland, Tendenz könnte sogar noch höher sein. Man müsste die Kriterien für „bedürfnisorientiert“ wissenschaftlich qualifizieren und dann eine Studie starten. Studien kenne ich persönlich keine dazu, was aber nichts bedeutet. Die Habilitationsschrift von P. Bartholomä (Freikirche mit Mission) berührt das Thema ggf. indirekt.
Danke für den schnellen response! Ich sehe, eine gute Frage, aber auch eine komplizierte. Noch eine hinterher > Würdest du auftragsorientierte Gemeinde mit Angebotsgemeinde und bedürfnisorientierte mit Mitmach-Gemeinde gleichsetzen? Letzteres kann ich mir mit mehr als 200 Gottesdienstbesuchern kaum vorstellen… so ausm Bauch raus 😉 Und du?
Diese Gleichsetzungen würde ich nicht so wählen. Man kann sehr gut in eine Megachurch gehen, die sich ganz den Bedürfnissen widmen, mit vielen Angestellten. … Im Kern steht die Frage ob das, was gelebt wird, Antwort auf den Auftrag von Jesus ist? Und ob die Leute, die die Gemeinde bilden, ergriffen sind von dem, was Jesus sagt und tun, wozu er einlädt. (Bauen auf Sand oder auf Fels, vgl. Bergpredigt). Die Größe und Organisationsform hat viel mit dem Kontext und der Kultur zu tun. Man kann auch als auftragsorientierte Kirche durchgestartet sein, eine starke Zeut erlebt haben und schließlich zu einer Kirche sich wandeln, die sich bedürfnisorientiert ausrichtet. Die beständige Erneuerung ist die Challenge.
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