Integrität. Unerlässlich für wirksame Führung.

Auf Dauer geht es nicht ohne Integrität. Punkt. Schon gar nicht für eine Führungskraft. Die aktuellen Skandale von VW & Co haben es gezeigt. Aber auch die christliche Szene ist erschüttert. Christliche Celebrities wie John Ortberg, Gilbert Bilezikian und Bill Hybels stehen in der Diskussion. Sie scheinen doch nicht so integer zu sein, wie das in vielen Jahren auf der Bühnen präsentiert wurde. Wer gehört noch dazu, von dem wir es heute nur noch nicht wissen?

Am Ende kommt man nicht durch! Das wird bei Dr. B deutlich. Er ist jetzt 92 Jahren alt und wird jetzt von seiner Geschichte eingeholt. Voreilige Schlüsse sind allerdings unangebracht. Schauen wir genauer hin:

INTEGRITÄT

Klären wir zuerst den Begriff selbst: Ich nutze das DWDS, 5.02.2020: Integrität stammt von lateinisch „integritās“ ab. Es bedeutet „unversehrt, intakt, vollständig“; auch aus „integrare“, was „wiederherstellen, einrenken oder [geistig] auffrischen“ bedeutet; siehe auch „integrieren“ = „ergänzen, vervollständigen, sich zusammenschließen, in ein größeres Ganzes eingliedern“.

Heute verwendet man den Begriff in etwa so:
1. Ganzheit, Vollständigkeit, Unversehrtheit (politisch, territorial)
2. Lauterkeit, Rechtschaffenheit, Unbescholtenheit (menschlich)

John Ortberg, Gilbert Bilezikian, Bill Hybels …

Bevor wir zu diesen (ehemals?) einflussreichen Leitern kommen, die auch auf deutschen Bühnen lange Zeit gehört wurden und deren Bücher sich in hohen Auflagen verkauften, einige grundsätzliche Gedanken. Man sollte dabei immer im Hinterkopf behalten, wer »den ersten Stein« werfen darf!

Ein Mensch, der integrer leben will …

Ein Mensch, der integer leben will hat sich dazu entschieden, dass er seine eigenen Maßstäbe, Wertvorstellungen und Überzeugungen auch lebt! Auch wenn es etwas kostet. Ein integres Leben ist also von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit gekennzeichnet. Er tut nicht so „als ob“, er spielt keine Rolle. „Wasser predigen und Wein trinken …“ – das passt nicht. Diese Stimmigkeit entdeckt der Christ im Leben von Jesus Christus, der dafür einen hohen Preis bezahlt.

Jesus fordert zu einem integren Lebensstil auf:

»Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen.« | Matt. 5,37

Der Apostel Paulus ist sehr klar, was das für ihn bedeutet:

»… dass ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde.« | 1. Kor. 9,27

Das Christen stimmig leben ist eine Erwartung, die berechtigt ist. Und wenn sie zudem noch Führungsrollen bekleiden, eine Stimme haben, noch mehr. Das Neue Testament warnt Führungskräfte, die die Inhalte des Glaubens bekanntmachen, besonders:

»Ihr wisst doch, dass wir Lehrer einmal besonders streng beurteilt werden.« | Jakobus 3,1

Wer Verantwortung übernimmt, muss sich hohen Standards stellen, wie sie zum Beispiel im 1. Tim. 3, Titus 1 beschrieben sind. Das ist logisch, oder? Ich kann ja nicht aufstehen und für etwas eintreten, wenn es nur für die anderen gelten soll, aber nicht für mich. Leiter sind Vorbilder, sagt der Apostel Petrus im Neuen Testament. Sie sollen nicht über die Kirche herrschen! Der Größte in der Kirche soll aller Diener sein. Also der Erste sein, der sich den Anforderungen, die er verkündigt, selbst stellt.

Wenn ich als Leiter versage?

Das bringt uns zu einem wesentlichen Punkt. Je höher die Anforderungen, je herausfordernder ist es für die Führungskraft. Da beißt keine Maus den Faden ab. Die Grat zur Heuchelei ist schmal. Alle, einfach alle Verantwortliche stehen in einer großen Gefahr. Das zu verdrängen vergrößert die Gefahr. Uns dieser Wirklichkeit zu stellen, ist der Schlüssel.

Als Kirche offen damit umzugehen, ist so entscheidend. Tim Keller formulierte es einmal in etwa so: »Ich bin schlimmer, als es mir meine ärgsten Feinde nachsagen!« Ich bin nicht so toll. Ihr idealisiert mich. Das muss zu einer Enttäuschung bei euch und zu einer Überforderung bei mir führen. Lasst uns ehrlich werden, ich bin zu allem fähig! Woher weiß Keller das und woher nimmt er diese Freiheit, es offen auszusprechen? Vom Evangelium, es befreit: »Weil ein Heiliger Gott für mich sterben musste!«

Das Evangelium. Zuerst eine schlechte Nachricht. Wir können nicht bestehen vor dem Heiligen Gott. Und auch nicht vor den anderen, wenn unser Verborgenes sichtbar wird. Unsere Selbstgerechtigkeit, Überheblichkeit, Neid, Eifersucht, Missgunst … Das Evangelium führt Menschen ins Licht, in die Realität. Es deckt unser Herz auf, aber es zeigt uns auch den Ausweg.

Die Perspektive für Leiter

Ich komme allein nicht raus. Einer von der Rettungswacht ist jetzt gefragt, ein Lebensretter. Der hat einen Namen: Jesus Christus. Seine Mission: uns retten vor uns selbst, unserer Schuld, Hybris, Einsamkeit …

Wir sollen, dürfen und müssen ins Licht treten. Ehrlich werden dürfen! Ein große Geschenk das Glaubens. Das Versteckspiel ist zu Ende, ich kann aufatmen, sein. Denn das Evangelium informiert mich nicht nur über den Zustand meines Herzens, sonder auch über die Einstellung von Gott zu mir. Und die ist atemberaubend, schafft Raum zum Leben, zum Sein und eröffnet eine geniale Zukunft. Wenn dass mal in unseren Kirchen prägend wäre … oh man …

Angenommen und geliebt

Tim Keller Ausführungen von vorhin gehen weiter: »Ich bin geliebter, als es mir meine besten Freunde wünschen!« Woher er das weiß? »Weil ein Heiliger Gott für mich sterben wollte!« Wow. Beide Aspekte dieser Wahrheit werden am Kreuz von Golgatha deutlich. Gott muss und Gott will sich selbst für uns geben, hat sich gegeben, damit das Kernproblem gelöst werden kann: Wir bekommen ein neues Herz. Was ist die Konsequenz für Führungskräfte?

Bekennt einander eure Sünden!

Ich muss nicht mehr so „tun als ob“, sondern kann ans Licht treten, meine Schuld eingestehen und stimmig sein. So die Aufforderung im Brief des Jakobus, so die Ermutigung im 1. Johannesbrief. Gleich mit dem Hinweis dass sich der, der diese Wirklichkeit seines Lebens verleugnet, sich selbst zum Lügner macht.

Lügen – eine Kultur in frommen Kirchen?

Lügenkultur in der Kirche? Vielleicht! Was machen Kirchen, wenn ihre Führungskräfte versagen? Das ist auch ein großes Problem. Und eine Ursache, warum eine Kultur der Lüge, der Heuchelei entstehen kann. Wo wir doch mit der Kirche den einzigen Ort überhaupt vorfinden, der mit Sünde, Schuld und Versagen umgehen kann.

Die Wahrheit macht frei!

Wir tun so, als ob alle in der Kirche Heilige sind, die moralisch perfekt, immer vorbildlich, immer richtig leben. Das ist aber nicht so! Und wenn dann der »Sünder« offenbar wird, ist man geschockt: »Das hätte ich von ihm/ihr nicht gedacht!«, heißt es. Echt jetzt, warum nicht? Wir sind doch alle Sünder, die von der Vergebung leben. Als Christen sind wir gerade freigesetzt durch die Vergebung von Jesus, uns dazu zu stellen. »Wir sind noch viel schlimmer als du denkst! Deshalb brauchen wir ja einen Erlöser!«

Alles erlaubt?

Nein, wir nehmen diese Gnade der Vergebung nicht als einen Deckmantel um zu tun wie es uns passt. Der Apostel Petrus findet klare Worte auch dazu. Wir haben gar nicht die Absicht, unsere fehlende Integrität zu rechtfertigen. Die Vergebung ermöglicht es uns,

  • ehrlich zu werden
  • unsere Schuld nicht zu verstecken
  • sie auch nicht rechtfertigen.
  • Wir bekennen unsere Schuld, finden eine liebevolle Gemeinschaft, die uns auf dem Weg der Wiederherstellung begleitet und ermutigt: die Kirche.
  • Wir lassen uns Mut machen, dass wir alle auf dem Weg sind.

Träum weiter, denkt jetzt der eine oder andere Leser. Korrekt. Wir sind wieder bei der Frage der Kultur, die in unseren Kirchen gelebt wird. Nicht die Kultur, die wir in unseren Predigten beschreiben. Aber müssten wir nicht aufstehen und uns vom Evangelium erneuern lassen, um so eine Kultur zu bauen?

Echt, nicht perfekt!

Echt, nicht perfekt sollen Führungskräfte sein! Heuchler sind das Problem. Und manchmal sind wir diese Heuchler, oder?! Zurück zu einigen Celebrities der letzten 20 Jahre, die aus den USA zu uns kamen.

Es tut weh …

Dr. Gilbert Bilezikian, Bill Hybels

… was wir von John Ortberg, Gilbert Bilezikian und Bill Hybels dieser Tage lesen. Die Meldungen überschlagen sich, jeder Name ist hier mit der Story verlinkt. Das pro-medienmagazin hat den Sachverhalt und die Entwicklung zu John Ortberg gut zusammengefasst. Hier ist sie zu lesen.  Julie Roys, eine Journalistin, hat viel dazu beigetragen, dass die Geschichten nicht unter den Teppich gekehrt werden. So schmerzhaft es ist.

Dass die Verantwortlichen nicht perfekt sind, mag den einen oder anderen Menschen schockieren. Ein Christ, der sich von Jesus prägen lässt, ist aber darauf eingestellt. Das ist nicht seine Erwartung. Wenn der Leiter aber nicht echt ist, wird es schmerzhaft. Und so vermissen viele Menschen, die diesen Leitern vertraut haben, jetzt klare und offene Worte. Und wo nötig: ein ehrliches Schuldbekenntnis!

So sehe ich es.

Hier kommt der Beitrag als lockerer Audio-Podcast:

Über Lothar Krauss

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2 Antworten zu Integrität. Unerlässlich für wirksame Führung.

  1. T schreibt:

    Leider höre ich nur oft: „wir machen alle Fehler“.
    Wie weit weg ist das von dem oben Beschriebenen 😦

  2. Pingback: UPDATE: WILLOW CREEK | DER LEITERBLOG

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