KI in der Gemeindearbeit? | 1

Künstlichen Intelligenz (KI)

Die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Gesellschaft der Zukunft wird voraussichtlich sowohl umfassend als auch vielschichtig sein. Wo liegen die Chancen für Leitende in der Kirche? Für Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften?

Sollten wir offensiv uns damit beschäftigen, oder sollten wir eher doch zurückhaltend und abwartend sein. Die Meinungen gehen auseinander, wie in vielen Themen. Um sich selbst ein Bild zu machen und „Futter“ für die Reflexion an die Hand zu bekommen habe ich Sem Dietterle, einen Experten aus der kirchlichen Szene gebeten, mir ein paar Fragen zu beantworten.

Sollte ich als christlicher Leiter KI nutzen?
Wozu sollte ich die KI nutzen?
Hilft mir die KI in der Vorbereitung von Inhalten meines Berufes, der Gemeindearbeit?
- Grenzen der KI
- Chancen der KI
Welche Tools gibt es im Netz?
Welche ethischen Fragen sollte ich bei der Nutzung bedenken?
Welche kritische Distanz sollte ich wahren?
Gibt es eine Sammlung von Tools, die mir helfen?

Sem war so großzügig uns Lesern vom LEITERBLOG mit seinem Wissen zu unterstützen!!! So ist eine kleine Serie entstanden, die seine Expertise für uns alle zugänglich macht. Danke Sem!

SEM DIETTERLE

Jugend- und Social-Media Pastor aus München

Hallo, ich bin Sem Dietterle, Jugendpastor in der Evangelischen Gemeinschaft München-Bogenhausen. In meinem Beruf und auch nebenbei befasse ich mich mit Künstlicher Intelligenz.

Ich bin überzeugt, dass diese Technologie unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben erneut verändern wird. Davon werden auch Kirchen und Gemeinden betroffen sein.

Gleichzeitig sehe ich große Chancen für die Kirche, wenn sie sich mit KI auseinandersetzt. Als Christen spielen wir eine wichtige Rolle, weil wir unsere Perspektiven auf die KI-Welt und -Technik aus unserer Beziehung zu Jesus heraus gestalten. Lothar hat mir einige Fragen zur Künstlichen Intelligenz gestellt, die ich gerne zu beantworten versuche.

1. Sollte ich KI nutzen?

Ich plädiere dazu, sich aktiv mit KI-Technologien auseinanderzusetzen und die Entwicklungen nicht nur zu beobachten. Wer die Technologie nutzt, entwickelt auch ein eigenes Verständnis dafür. Diese Technik wird viele Lebensbereiche beeinflussen und unser menschliches Verhalten verändern, sodass wir darauf vorbereitet sein müssen. Hier sind drei Beispiele:

In einer Masterclass über KI und Kirche saß im Frühjahr eine Frau, die gerade ihren Job als Lektorin an eine KI verloren hat. KI verändert Lebensläufe. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass viele Büro-Jobs verschwinden könnten, weil KI-Systeme zunehmend Aufgaben übernehmen.

Durch den Einsatz von KI in der Medizin werden mehr Menschen länger leben, da Krankheiten wie Krebs früher erkannt werden, als Ärzte es allein könnten. Dies hat demografische Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

Heute stehen KI-Sprachassistenten zur Verfügung, mit denen wir kommunizieren können wie mit einem Freund. So wird es von der Social-Media-Plattform Snapchat beworben, die viele junge Menschen aktiv und täglich nutzen.

Wir bewegen uns auf eine Gesellschaft zu, in der Freundschaften mit Sprachbots und Robotern entstehen oder zumindest technische Beratung in Dialogform stattfindet (was ich empfehle, auszuprobieren). Wie wird sich unsere Gesellschaft verändern, wenn etwas völlig Neues entsteht: Beziehungen zwischen Mensch und Technik? Derzeit fehlen uns sogar die passenden Begriffe dafür, und wir verwenden Wörter, die bisher ausschließlich für die Interaktion mit Menschen gedacht waren, um dies zu beschreiben: „Dialog führen“, „ins Gespräch gehen“.

Ich plädiere dafür, sich nicht nur zu informieren, sondern KI auch direkt zu erleben. Denn nur so erfährt man aus erster Hand, wie hilfreich manche Funktionen sein können und wo die Risiken liegen.

Hätte Jesus KI genutzt?

Natürlich ist das eine hypothetische Frage. Dennoch habe ich eine Beobachtung in Bezug auf Technologie gemacht. In Matthäus 5,14ff spricht Jesus davon, dass wir das Licht der Welt sein dürfen! Es ist nahezu eine Zustandsbeschreibung. Jesus verwendet das Bild von einem Licht, das man anzündet und auf einen Lampenständer stellt, anstatt es unter einen Eimer zu stellen. Wenn ich das frei interpretiere, könnte Jesus damit gesagt haben:

„Nutze die effektivste und effizienteste Technologie deiner Zeit, um ein Licht in der Welt zu sein.“ Denn Jesus empfahl nicht, wie die Urmenschen ein Lagerfeuer zu machen, sondern ermutigt, die damals neueste Technologie zu nutzen. Und all das, damit Jesus selbst sichtbar wird.

2. Wozu sollte ich KI nutzen?

Ein umfassendes KI-Tool, das unsere gesamte Arbeit revolutioniert, gibt es derzeit noch nicht. Momentan können KI-Modelle wie ChatGPT als einfache Hilfsmittel genutzt werden, ähnlich einem Werkzeug, das uns bei der Arbeit unterstützt. Es gibt zudem KI-Tools, die uns bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben helfen.

Die Einsatzmöglichkeiten von Sprachmodellen beschränken sich auf schriftliche Aufgaben, bieten aber dennoch enorme Anwendungsfelder. Hier sind einige Beispiele:

Vorbereitung von Kleingruppen (z. B. 10 wertvolle Fragen zum Input erstellen)
Schreiben von Förderanträgen oder offiziellen Schreiben
Ideenfindung für Titel, Prozesse, kreative Angebote, Predigt Serien usw.
Lektorat und Korrekturlesen
Feedback zu einem Text einholen (z. B. Predigten, E-Mails)
Verständnis komplexer Themen vertiefen

Und noch ein Tipp:

ChatGPT, Gemini (Google) oder ein anderes KI-Sprachmodell kann auf dem Smartphone heruntergeladen werden, um in den verbalen Dialog zu treten. Diese Anwendung kann sehr hilfreich sein. Ich spreche regelmäßig mit „meiner KI“.

Im Dialog kann ein schwieriges Gespräch vorbereitet werden, das geführt werden muss.
Es kann Feedback zum Vorgehen bei einer komplexen Aufgabe eingeholt werden.
Eine unausgereifte Idee kann mit der KI diskutiert werden, um sie klarer zu kommunizieren und weiterzuentwickeln.

Soweit Sem im ersten Teil.

Nächsten Donnerstag:

Hilft mir die KI in der Vorbereitung von Inhalten meines Berufes, der Gemeindearbeit?

Grenzen der KI
Chancen der KI

Welche Tools gibt es im Netz?