Wenn Gemeinden zahlenmäßig wachsen …

2006 veröffentlichte TIM KELLER einen Artikel zur Frage, was sich warum ändert, wenn eine Gemeinde zahlenmäßig wächst. Und welche Dynamiken das in einer Kirche auslöst, die Verantwortliche sehen und verstehen sollten.

Seine Einsichten fanden sehr viel Zustimmung rund um den Globus. Der Leiterblog bekam die freundliche Erlaubnis, den Artikel zu übersetzen und zu veröffentlichen. Wir haben das dann professionell machen lassen und der Beitrag wurde oft von Verantwortlichen genutzt.

Tim Keller ist 2023 an Bauchspeicheldrüsenkrebs verstorben – oder, wie man als Christ genauer sagt, heimgegangen. Sein Erbe ist großartig. Nun hat die von ihm mitinitiierte Organisation City to City seinen Artikel aufgegriffen, mit einem Update versehen und auf ihrer Homepage veröffentlicht. Ein Schatz, wie ich finde. Es lohnt sich, die Seite aufzurufen und gezielt in den Teil einzusteigen, der für einen selbst von Bedeutung ist.

Hier geht es zu der neuen Seite.

Mittlere Gemeindegröße

Bei mir ist es die mittlere Gemeindegröße. Sonntags sind im Schnitt aktuell über 400 Leute in der VivaKirche und die Frage, ob wir verstehen, was das bedeutet, wie das Gemeindeleben davon berührt wird, ist hochaktuell für mich und andere Verantwortliche der Kirche. Ich habe den Teil, der für mich relevant ist, übersetzen lassen (KI) und poste ihn hier direkt. Schau doch, wo ihr steht und welche Hinweise ihr für euch finden könnt. Einfach mal als ein Tipp zwischendurch …

So long, Lothar


Charakter der mittleren Gemeinde

In kleineren Gemeinden kennt jedes Mitglied fast jedes andere persönlich. Der zentrale Zugehörigkeitskreis ist dort die Gemeinde als Ganzes. In mittleren Gemeinden hingegen entsteht Zugehörigkeit meist in kleineren Gruppen oder Programmen: Männer- und Frauengruppen, der Chor, der Ehepaarkreis, das Abendgottesdienst-Team, die Gefängnisarbeit, die Mahlzeitendienste für Bedürftige – all das sind typische „Kreise der Zugehörigkeit“, die eine Gemeinde lebendig machen. Solche Gruppen umfassen meist zwischen 10 und 40 Personen – also ungefähr die Größe einer Hauskirche.

Die Leitung funktioniert in der mittleren Gemeinde deutlich anders.
Erstens müssen die Leiterinnen und Leiter aufgrund der gewachsenen Komplexität verschiedene Gruppen innerhalb der Gemeinde vertreten – zum Beispiel ältere Mitglieder, junge Familien oder langjährige Ehrenamtliche.


Zweitens ist die Arbeit inzwischen so umfangreich, dass ein kleiner Vorstand sie nicht mehr allein bewältigen kann. Es entstehen einflussreiche Teams oder Ausschüsse – etwa für Mission, Musik oder Gottesdienstgestaltung –, die tatsächlich mitentscheiden.

Drittens werden Leitende nicht mehr nur nach ihrer Erfahrung oder Persönlichkeit ausgewählt, sondern zunehmend nach ihren Begabungen und Fähigkeiten.

Viertens verändert sich die Rolle der ehrenamtlichen Leitungspersonen: In kleineren Gemeinden beaufsichtigen sie hauptsächlich den Pastor und das Personal, indem sie deren Vorschläge genehmigen oder ablehnen. In mittleren Gemeinden übernehmen sie zunehmend selbst Verantwortung im Dienst – gemeinsam mit dem hauptamtlichen Team. Oft steigen engagierte Freiwillige zu Leitungspersonen auf, etwa als Vorsitzende wichtiger Ausschüsse, die dann auch im offiziellen Leitungsgremium sitzen.

Wie bereits erwähnt, wandelt sich die Rolle des Pastors von der eines Hirten zu der eines „Ranchers“ – also jemandem, der andere anleitet, selbst Verantwortung zu übernehmen. Statt alle Aufgaben allein zu tragen, wird er zum Trainer und Organisator von Mitarbeitenden. Er muss fähig sein, ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeitende zu fördern, zu begleiten und zu koordinieren. Das erfordert auf dieser Ebene erhebliche organisatorische und administrative Kompetenz.

In kleineren Gemeinden entstehen Veränderungen meist von unten – durch engagierte Gemeindemitglieder. In mittleren Gemeinden geschieht Wandel eher über Ausschüsse und Teams. Der Hauptvorstand ist hier oft vorsichtig oder konservativ, da er sich stark verantwortlich fühlt und niemanden vor den Kopf stoßen möchte. Deshalb gehen neue Impulse häufig von visionären Gruppen aus, etwa vom Missions- oder Evangelisationsteam. Diese können sehr wirkungsvoll dazu beitragen, dass die Gemeinde Neues wagt.


Wie mittlere Gemeinden wachsen

Kleinere Gemeinden wachsen vor allem durch Gruppen, Kurse und Dienste, die der Pastor selbst ins Leben ruft. Auch mittlere Gemeinden wachsen durch neue Angebote, Gottesdienste oder Projekte – doch der Schlüssel liegt hier in der Qualität und Wirksamkeit der bestehenden Dienste. Sie müssen echte Bedürfnisse der Menschen treffen.
Während in kleinen Gemeinden die familiäre Atmosphäre die Hauptanziehungskraft ist und daher auch eine eher einfache Gestaltung akzeptiert wird, müssen mittlere Gemeinden professioneller auftreten. Unterrichtsgruppen sollen wirklich gute Lernerfahrungen bieten, die Musik soll auch ästhetisch ansprechend sein, und die Predigten müssen sowohl informieren als auch inspirieren.


Der Übergang zur nächsten Größenordnung

Eine kleine Gemeinde überschreitet die Grenze von etwa 200 Mitgliedern in der Regel, indem sie:

  1. mehr Angebote und Möglichkeiten schafft,
  2. ein Team aus mehreren Mitarbeitenden aufbaut,
  3. die Entscheidungsfindung von der gesamten Mitgliedschaft auf kleinere Leitungskreise überträgt,
  4. neue Mitglieder gezielter integriert und
  5. den Pastor von der Rolle des „Einzelhirten“ hin zu einem Organisator und Leiter entwickelt.

Viele Gemeinden schaffen den Sprung über 200 Mitglieder, ohne all diese Veränderungen vollständig umzusetzen – häufig, weil sie an bestimmten vertrauten Strukturen festhalten. So kann ein besonders begabter und tatkräftiger Pastor beispielsweise sowohl die Verwaltung als auch die persönliche Betreuung aller Mitglieder übernehmen. Oder es werden neue Mitarbeitende eingestellt, während Entscheidungen weiterhin basisdemokratisch im Plenum getroffen werden.

Doch um die Schwelle von rund 400 Mitgliedern wirklich zu überschreiten, müssen alte Gewohnheiten in allen fünf Bereichen konsequent verändert werden.
Eine weitere, häufig notwendige Veränderung betrifft den Raum: Oft braucht es neue oder größere Räumlichkeiten, um das Wachstum einer mittleren Gemeinde zu ermöglichen – auch wenn das nicht in jedem Fall zwingend erforderlich ist.

Und den ganzen Schatz findet ihr hier.

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