
Maßvoll leiten?
Nun, Leiterinnen und Leiter, die mit Leidenschaft in ihrem Thema stehen, geraten in der Tat schnell in die Gefahr, sich selbst auszubeuten. Sich selbst zu überfordern und zu lange über gesunde Grenzen zu gehen. Und wenn der Erfolg sich einstellt, ist das wie ein Rückenwind. Schneller. Weiter. Höher. Es scheint kein Limit zu existieren. Und wer Erfolg hat, der hat doch recht, oder?!? Thomas Härry nannte Vermessenheit ein klassisches Problem: „Man will zu hoch hinaus, um jeden Preis.“ Früher sei dies der Turmbau zu Babel gewesen …
Ich selbst kann mich an eine Zeit als junger Leiter erinnern, in der der Erfolg unser Tempo so heftig beschleunigte, dass alles möglich schien. Es war fast so, dass ich zwei Schritte auf der Karriereleiter auf einmal nehmen konnte. Was sollte daran falsch sein? Falsch, 80 – 90 Stunden reinzuhauen. In meinem Fall: es ist doch für Gott, „für den Herrn!“
Meine Frau zeigte mir dann das Stopp-Schild. Entweder anders, oder allein! Unsere zwei Kids waren schon da. Und dann mein Körper, mein Herz! So geht es nicht weiter. Grenzen wurden mir bitter aufgezeigt! Die Theorie war mir dabei durchaus klar. Das war nicht mein Problem. Die Praxis wollte nicht so recht gelingen. Lange ist das alles her. Unsere Ehe wurde geheilt und hat sich in bald 40 Jahre bewährt. Gestählt in den Krisen, gewachsen in Stürmen, und auf schönsten Höhen. Alles zusammen hat mich geformt. Ich bin sehr dankbar dafür! Gerade auch für die Krisen, die mir im Rückblick mehr dienten, als die Erfolge.
Thomas Härry beobachtet gut!
Und so ist das, was Thomas zu sagen hat, für mich schon lange wertvoll. Ich höre gerne und sehr aufmerksam hin. Auch er ist durch diesen Schmelztiegel gegangen. Weiß aus eigener Erfahrung von alle dem. Nicht angelesen, sondern durchlebt ist das, was er sagt und schreibt. Und wie in seinem Willow-Vorträgen grundsätzlich, in seinen Büchern so oft, war es auch am letzten Samstag in Karlsruhe. Schlusssession. Thomas setzte feine, leise aber starke Akzente.
Leben mit Fokus
Eine konstante Herausforderung für Leitungspersonen, aber auch Organisationen.
»Möglichst wenig von dem tun, was ich nicht gut kann und wozu ich nicht befähigt u. berufen bin!«
Thomas Härry
Theoretisch klar. In der Praxis drängen die dringenden Themen immer neu in die Liste der wichtigen und richtigen Aufgaben. Jede Führungskraft kämpft damit. Jede.
Und dann vier Fragen, die noch tiefer gehen:
- Wie bändigst du dein Ego?
- Welche Lieder / Texte helfen dir, Erfolg und Misserfolg zu verarbeiten?
- Wie sieht deine spirituelle »Notfallapotheke« aus?
- Wer ist im Scheitern und im Höhenflug des Erfolgs für dich da und hält dich fest?
Bei Gott zufrieden
Wo bin ich zufrieden? Wo finde ich meinen Frieden? Was befriedet mich? Thomas brauchte uns einen alten Liedvers ins Bewusstsein, der es in sich hat:
Wenn man dich hasst, wenn man dich liebt Wenn man dir nimmt, wenn man dir gibt Wenn man dich schilt, wenn man dich ehrt Und was dir sonst auch widerfährt: Bleib ungestört und abgeschieden. In deinem Grund bei Gott zufrieden!
Gerhard Tersteegen
Zur Weiterarbeit
Da gibt es doch einigen Stoff zur Vertiefung. Auch der Vortrag von Jörg Ahlbrecht, der direkt vor Thomas dran war, ist ein heißer Tipp im Blick auf diese Fragestellung. Über den Willow Shop kann man darauf Zugriff bekommen. Ich finde, das lohnt sich.


Leider konnte ich den Vortrag von Thomas Härry nicht mitnehmen beim Kongress 😦 Aber dafür lese ich gerade sein Buch „Die Seele des Leitens“. Ein wirklich starker Typ, der Thomas. Wie du auch schreibst, der hat wirklich Dinge durchlebet und nicht nur gehört.