KIRCHE IM WANDEL – VERÄNDERUNGSPROZESSE | 3

»War denn alles falsch, was wir bisher gemacht habenWenn ein Veränderungsprozess beginnt, ist das eine der ersten Fragen, die im Raum steht. Ausgesprochen oder unausgesprochen. Wie eine emotionale Hürde, eine Wand oder eine Blockade kann sie wirken. Und schon im ersten Schritt kann dann der Prozess der Gemeindeerneuerung scheitern. Was muss geschehen, dass das nicht passiert? Darum geht es im dritten Teil:

DIE ÄNGSTE VERSTEHEN

Vertrauen ist die Währung, mit der Leiter leiten. Ohne Vertrauen geht nichts, ganz gleich welchem System, welcher Philosophie, welchem Modell … eine Führungskraft folgt. Das gilt für die Kirche, aber auch für die Wirtschaft, die Politik, die Verwaltung … Wenn das Vertrauen nicht gewonnen werden kann oder vorhandenes Vertrauen verspielt wird, hat der Prozess der Veränderung wenig Chancen. Viele Prozesse scheitern also bereits hier.

Die Ängste …
Zu Beginn einer Gemeindeerneuerung begegnen uns Hoffnungen und Ängste. Es ist gut zu bedenken, dass jeder Mensch sich sehr stark an zwei Punkten orientiert: BEDEUTUNG und SICHERHEIT. Mehr dazu habe ich hier bereits geschrieben. In einem Erneuerungsprozess berühren wir diese beiden Dimensionen: Wird jetzt hier alles anders? Vorfreude oder Befürchtung? »War denn alles falsch? Meint ihr wirklich, dass ihr es besser könnt? Wer hat euch diese Flausen ins Ohr gesetzt? Das ist echt nicht nötig!« Diese und andere Aussagen signalisieren, dass Ängste ins Spiel kommen. Die Angst, dass man die eigene Bedeutung verliert (Rolle, Einfluss, Stand, Anerkennung …). Und die Angst, dass die Sicherheit des Gewohnten verloren geht. Und diese Ängste mögen berechtigt sein!

Aber auch für die Prozessleiter ist es nicht einfach. Denn wer einen Prozess der Gemeindeerneuerung leitet, kann auch in Frage gestellt werden. Widerstand erfahren. Oder offene Kritik. Was macht das mit dem Verantwortlichen? Auch bei ihm oder ihr werden die Fragen nach der eigenen Bedeutung und Sicherheit mit diesen Erfahrungen berührt. Die Selbstreflexion ist dann so wichtig, um gut durch den Prozess zu kommen.

Wenn das im Blick ist, geht es konkret in den Prozess. Fokussieren wir dabei auf die richtigen Punkte? Viele Prozesse sehen in der Gefahr, die falschen Punkte in den Fokus zu nehmen. Welche?

Nicht Stil, sondern Ziel. Nicht die Mittel, sondern der Zweck!

Am Anfang des Prozesses steht das Ziel, der Zweck der Erneuerung. Worum soll es überhaupt gehen? Geht es um einen Stil, oder um das Ziel? Reden wir über Mittel, oder den Zweck?

Nur den Stil zu verändern, weil es angesagt ist, einem es persönlich so besser gefällt, reicht nicht. Viele Diskussionen drehen sich um die »Mittel«, statt um den Zweck. Was meine ich damit? Das können zum Beispiel Diskussionen darüber sein, ob nun der Saal ein dunkler Raum werden soll. Oder welche Rolle das Bühnenlicht, Nebel oder die Musiklautstärke spielen soll. Aber auch der Ruf nach einem hellen Raum, bunten Fenstern und einem Liedermachermusikstil ist auch auf der Ebene der »Mittel« zu sehen! Wie auch die Vorstellung, dass eine dynamische Kirche einen coolen Raum braucht, Industriedesign und hippe Musiker. Es ist erstaunlich, wie viele gemeindliche Diskussionen sich um Fragen des Stils und der Mittel drehen und wie wenig der Zweck der Kirche ein Thema ist, über das ernsthaft diskutiert wird. Dabei ist das die Frage! Zu fragen, ob die Gemeinde (Organisation, Gruppe …) effektiv ihrem Auftrag nachkommt, ist manchmal fast ein Sakrileg! Die Frage scheint zuweilen verboten zu sein.

»WAS IST UNSER ZWECK, UNSERE BESTIMMUNG, UNSER AUFTRAG?«

Darum muss es gehen …
In einem Erneuerungsprozess muss es um mehr gehen, als nur um STILFRAGEN, oder die Wahl der MITTEL! Das Ziel und der Zweck, die Bestimmung der Kirche und ihr Auftrag muss der Motor des Prozesses sein. Nur dann wird er erfolgreich werden können. Die Form folgt der Funktion (Form follows function). Das trifft gerade für die Kirche zu. 

Der Nutzen

Wenn darüber Klarheit besteht, kommt der Realitätscheck. Diese Standortbestimmung kann manchmal sehr ernüchternd sein. 2/3 der Freikirchen stagnieren oder schrumpfen. Und das ist nur die Zahlenbetrachtung, die für sich genommen ja zu kurz greift. Aber trotzdem ist sie ein erster Anhaltspunkt.

Wenn die gewünschte Realität von der tatsächlichen Realität deutlich abweicht, kann ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Veränderung entstehen. Das ist gut und nötig, wenn der Prozess zum Erfolg kommen soll. Je größer die Kluft, desto deutlicher wird die Dringlichkeit für Veränderung. Wir sind dann am ersten Schritt des Prozesses angekommen:

  1. Ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen
  2. Die Führungskoalition aufbauen
  3. Vision und Strategie entwickeln
  4. Die Vision des Wandels kommunzieren
  5. Empowerment auf breiter Basis
  6. Kurzfristige Ziele ins Auge fassen
  7. Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten
  8. Neue Ansätze in der Kultur verankern

GIFHORN

In der FCG haben wir so unseren Prozess begonnen. Dazu haben wir Bibelarbeiten an den Gemeindeabenden gemacht, um uns gemeinsam an den Worten von Jesus auszurichten. Nicht unsere Vorlieben, Prägungen, Wünsche oder Ängste sollten uns steuern, sondern Jesus und die Bestimmung, die er seiner Kirche gibt. Diese Bestimmung sollte allen im Kern der Gemeinde klar sein.


Der Bericht aus dieser Phase des Prozesses kann hier nachgelesen werden.


Die Auswirkung – aktuelle Konsequenz vom letzten Sonntag

Uns hat das sehr geholfen. Ich dachte gestern nach dem Gottesdienst daran. Wieder waren wir über 300 Leute in den beiden Gottesdiensten. Die »Pilotphase« von fünf Sonntagen mit 2 Gottesdiensten endete hier. Am Mittwoch zuvor hatten wir dieses Projekt schon im Gemeindeforum mit über 100 Leuten ausgewertet. Als ich dann gestern in den beiden Gottesdiensten jeweils fragte, wer sich dieses Modell auch für die Zukunft vorstellen könnte, gingen jeweils fast alle Hände in die Höhe. Ich musste daran denken, wie mühsam oft Veränderungen in der Kirche sein können. Dass die FCG so offen und in Einheit vorangeht, hat sicher viel damit zu tun, dass so viele FCG’ler auf den Auftrag ausgerichtet denken und Kirche leben. Wir wollen keine »bedürfnisorientierte Kirche«, sondern eine »auftragsorientierte Kirche« sein. Wenn wir den Auftrag mit Leidenschaft leben, kommen keine Bedürfnisse zu kurz (Matthäus 6,33)!!! Dazu wollen wir immer weiter den „Nächsten Schritt“ gehen. Wir wollen eine Kirche des „nächsten Schrittes“ sein.

Dann galt es eine „Führungskoalition“ aufzubauen. Was ist damit gemeint, wie haben wir das in der FCG angepackt? Darum geht es im nächsten Teil.

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Über Lothar Krauss

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