Einer ist jetzt ausgestiegen!

Ein deutscher Pfarrer hat die Reißleine gezogen! 50% der US-amerikanischer Pastoren denken darüber nach! Auf die Frage des LEITERBLOGS, wie deutsche Leiter zum Thema denken haben 48% der Teilnehmer signalisiert, dass sie sich im letzten Jahr tatsächlich auch mit dieser Möglichkeit beschäftigt haben. Einer nun hat zu Ostern 2016 die Reißleine gezogen, sich öffentlich dazu erklärt und viel Medienecho erhalten: Thomas Frings.

So kann ich nicht mehr Pfarrer sein

Frings ist katholischer Priester seit 1987 und war viele Jahre Pfarrer an mehreren Kirchengemeinden in und um Münster. An Ostern 2016 machte er öffentlich Schluss: »So kann ich kein Pfarrer mehr sein.« Heute lebt er in einem Benediktinerkloster in den Niederlanden. Seine Stellungnahme »Kurskorrektur«, mit der er seinen Rücktritt erklärte, sorgte für viel Wirbel. Was hat ihn bewegt? Wie können Kollegen davon profitieren? Welche Verständnishilfen bekommt der »Nichtleiter, Nichtpfarrer …« durch Frings an die Hand?

Aus, Amen, Ende?

In seinem im Februar erschienen Buch »Aus, Amen, Ende?« skizziert Frings die Gründe offen, selbstkritisch und konkret. In 24 kurzen Kaptiteln nimmt er seinen Leser zu einem Rückblick auf seine 30 Jahre als pastoraler Leiter mit. Er reflektiert sehr anschaulich, persönlich und ehrlich, (sehr ehrlich). Seine Sprache ist dabei pointiert, klar und direkt. Eine Kostprobe:

»Wir gestalten die Zukunft von Kirche in den Gemeinden immer noch nach dem Modell der Vergangenheit.«

Obwohl ich keinen katholischen Hintergrund habe erstaunen mich die vielen parallelen Gedanken und Überlegungen. Ich kenne sie, eben in der freikirchlichen Variante.

Goldstücke

In den Reflexionen sind Goldstücke verborgen. Gedanken, Überlegungen und auch biblische Beobachtungen. Ein Beispiel:

»Wir sprechen oft von Pfingsten als der Geburtsstunde der Kirche. Und eben dieses Pfingsten konnte erst werden, als Christus zum Vater heimgekehrt war – Neues kann oft erst werden, wenn Altes losgelassen wurde.«

Zuerst das Alte loslassen, bevor Neues kommen kann. Man muss keiner ganz alten Kirche angehören, um die Relevanz dieses Gedankens zu erfassen, oder? Die Frage, die Frings immer wieder zwischen den Zeilen gekonnt aufwirft, lautet: »Sind wir als Kirche bereit für die notwendigen Veränderungen, den Wandel?« Gute Frage. Aber was muss sich ändern?

Was muss sich wandeln – wie geht es dem Leiter dabei?

Der Autor spricht die Themen an, auf die er in seiner Praxis gestoßen ist. Das macht er richtig gut. Lösungen findet der Leser eher weniger, aber Verständnis. Verständnis auch im Blick darauf, wie es einem pastoralen Leiter mit diesen Situationen geht. Verständnis ist immer ein wertvoller Ausgangspunkt. Für alle Beteiligten … Und noch eine Überraschung hatte Frings für mich in seinem Buch bereit: Die alte Frage zur Taufpraxis!

Die Taufpraxis

Er fragt, wie der Glaube enger mit der Taufe verbunden sein kann. Gute Frage! Wie kommen Kinder wirklich zum Glauben? Frings wird selbstkritisch mit seiner Kirche: Mit der Flüchtlingswelle, als ehemalige Muslime die Taufe wünschten, argumentierten die übergeordneten Stellen, dass eine umfassende Vorbereitungen für die Taufe notwendig wäre. Das sieht der Autor auch so. Aber dann zieht er eine interessante Querverbindung: »Die Erkenntnis ist nicht neu, findet ihre Anwendung aber nur bei Erwachsenen, die getauft werden wollen. Bei Kindern und Kirchensteuerzahlern sind wir großzügig ohne Ende und geben uns mit ritualisierten Antworten zufrieden.« Frings ringt damit, »dass (von den Gemeindeleuten! Anmerkung Leiterblog) alles versprochen und immer weniger gehalten wird.« Ist mir als Freikirchler auch nicht unbekannt 😉 !!! In Varianten und auch bei anderen Themen. Aber das kennen wir auch! Und so können wir seiner Feststellung häufiger als uns lieb ist zustimmen:

»Wir bedienen zu viel Tradition und wecken zu wenig Sehnsucht.«

Wie Neues werden kann …

Im 25. Kapitel wagt Frings dann doch einen Lösungsvorschlag: Die »Entscheidungskirche«. Sie solle ausschließlich aus Menschen bestehen, die sich für diese Gemeinde entschieden haben. Und sie müsste zwei Blickrichtungen haben. Eine nach innen und eine nach außen, schreibt der Priester. Bekannte Gedanken für Freikirchler. Und deshalb nicht ganz überzeugend. Wir wissen, wo hier die „Haken und Ösen“ liegen! Frings spricht den Resetbutton an, der betätigt werden müsste.

»Es würde so etwas wie der Resetbutton gedrückt und wir gingen mit diesem Gemeindemodell zurück auf Los, an den Anfang. Die Apostelgeschichte ist dafür ein guter Leitfaden.«

Eine gute Frage an alle Kirchenleiter! Wir müssen zurück auf Los. Zurück zum Auftrag, zum Markenkern. Kirchen, Freikirchen, Gemeinschaften … Werden wir das wagen?

Aus, Amen, Ende?
So kann ich nicht mehr Pfarrer sein
Thomas Frings
Herder Verlag, 176 Seiten, 16,99 € | 12,99 € eBook
Alle Bilder: Herder Verlag
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Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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Eine Antwort zu Einer ist jetzt ausgestiegen!

  1. christianschmill schreibt:

    Hat dies auf schmillblog rebloggt und kommentierte:
    Ein Neuanfang. Wie nötig das ist, ist kaum zu übersehen; und wenn wir in die Apostelgeschichte gucken, sehen wir, wie’s funktioniert: GOTT selbst macht so was.

    Für uns bleibt die Frage: Stellen wir uns Gott zur Verfügung?

Kommentare sind geschlossen.