Tim Keller: Führungsprinzipien für die Entwicklung wachsender Gemeinden | Teil 3

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Im dritten Teil der Reihe von Tim Keller beschreibt er Gemeinden von der Hauskirche bis zur Mega-Gemeinde. Dabei verwendet er Zahlen, die sicher nur bedingt in unsere Kultur übertragen werden können. Dennoch sind alle Thesen und Beobachtungen auf jeden Fall ein Nachdenken wert! Was kennzeichnet also Gemeinden in den jeweiligen Wachstumsphasen, was sind ihre Vorteile, was ihre Nachteile und wie können sie die Schwellen zur nächsten Wachstumsgröße überschreiten?

HAUSKIRCHEN: BIS ZU 40 GOTTESDIENSTBESUCHER

Beschreibung …

  • Die Hauskirche wird in städtischen Gebieten oft „Ladenfront-Gemeinde“ genannt und in ländlichen Regionen „Land-Gemeinde“.
  • Sie agiert im Wesentlichen wie eine erweiterte Kleingruppe. Es ist eine Gemeinde, die sehr stark auf Beziehungen aufgebaut ist, in der jeder jeden sehr gut kennt.
  • Ehrenamtliche Führungspersonen sind sehr mächtig und kommen aus Beziehungen hervor – sie werden nicht gewählt oder ernannt. Es sind gewöhnlich diejenigen, die am längsten in der Gemeinde sind und die die meiste Zeit und das meiste Geld für die Arbeit aufgewendet haben.
  • Entscheidungen werden demokratisch und informell getroffen und benötigen vollständige Übereinstimmung. Beziehungen sind in diesen Prozessen sehr wichtig. Wenn irgendein Mitglied unglücklich mit einem Vorgehen ist, wird die Gemeinde davon absehen.
  • Kommunikation geschieht über mündliche Weitergabe und Informationen verbreiten sich sehr schnell unter der gesamten Mitgliedschaft.
  • Der Pastor ist oft ein „Zeltmacher“ und erfüllt den Dienst in der Gemeinde nebenberuflich, obwohl eine Gemeinde, wenn sie erst einmal zehn Familien hat, die den Zehnten geben, sich einen Vollzeit-Pastor leisten kann. Die Hauptaufgabe des Pastors ist die pastorale Betreuung, nicht Leitung oder Predigen.

Wie sie wächst
Hauskirchen wachsen auf die natürlichste Weise – über die Anziehung durch ihre Wärme, Beziehungen und Menschen. Neue Leute werden einfach eingeladen und kommen weiterhin, weil sie sich mit den anderen anfreunden. Es gibt kein „Programm“, um Außenstehende zu erreichen.

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Die Hauskirche gelangt, wie jede Kleingruppe, recht schnell zur Sättigung. Hat sie erst einmal mehr als 40 Personen, können die intensiven persönlichen Beziehungen nicht mehr beibehalten werden. Sie steht dann vor einer Wahl: Entweder sich in eine weitere Hauskirche multiplizieren oder aus der „Hausgemeinde-Dynamik“ herauswachsen und in die nächsthöhere Kategorie kommen, die der „kleinen Gemeinde“.

Wenn sie nichts von beidem tut, wird Evangelisation so gut wie unmöglich. Die Gemeinschaft an sich kann dann leicht eingewachsen werden und stagnieren – irgendwie erdrückend, manchmal gesetzlich.

Ein nachhaltiges Problem von eigenständigen Gemeinden dieser Größe ist die geringe Qualität des Dienstes an bestimmten Gruppen, wie Kinder, Jugendliche oder Singles. Wenn sie sich entschließt, eine weitere Hauskirche abzuspalten, können die beiden (und irgendwann mehrere) Gemeinschaften ein Netzwerk gründen, um Dinge wie Jugendarbeit zusammen zu tun. Sie können sich auch regelmäßig für gemeinsame Lobpreis-Gottesdienste treffen.

Wenn sie den Weg wählt, aus der Hauskirchengröße herauszuwachsen und zu einer kleinen Gemeinde zu werden, muss sie ihre Mitglieder darauf vorbereiten. Die Leute müssen bereit sein, den Verlust von Intimität, Spontaneität und Informalität zu akzeptieren und darin übereinstimmen, dies als Preis für den Auftrag, für die Öffnung ihrer Reihen für neue Leute, in Kauf zu nehmen. Dies muss eine übereinstimmende Entscheidung der Gruppe sein, um die Dynamik der Hauskirche zu ehren, obwohl sie dabei ist, diese Dynamik zu verändern.

KLEINE GEMEINDE: 40 – 200 GOTTESDIENSTBESUCHER

Beschreibung …

  • Die Bandbreite dieser Gemeinden reicht von Gemeinden, die kaum aus dem Hausgemeinde-Stadium heraus sind, bis hin zu Gemeinden, die bereit sind für mehrere angestellte Mitarbeiter. Doch sie alle teilen die gleichen grundlegenden Charakteristiken.
  • Obwohl die Beziehungsdynamik jetzt weniger intensiv ist, gibt es immer noch eine starke Erwartung, dass jedes Mitglied eine direkte Beziehung mit jedem anderen Mitglied hat.
  • Obwohl es nun eingesetzte und gewählte Leiter gibt, bleibt das informelle Führungssystem extrem stark. Es gibt verschiedene „Laien“, die – ungeachtet ihres offiziellen Status – „Meinungsführer“ sind. Wenn sie neuen Methoden nicht zustimmen, wird der Rest der Mitglieder die Veränderungen nicht unterstützen.
  • Die Kommunikation ist noch immer informell, meistens durch mündliche Weitergabe, und läuft relativ schnell.
  • Der Pastor ist immer noch in erster Linie Hirte. Während in größeren Gemeinden die Leute einen als ihren Pastor akzeptieren, wenn man ein guter Prediger ist, gilt in kleineren Gemeinden das Gegenteil: Die Leute hören den Predigten zu, wenn man ein guter Pastor ist.
  • Effektives, liebevolles Hüten eines jeden Mitglieds ist die treibende Kraft des Dienstes – nicht Führung oder gar die Fähigkeiten zum Reden. Ein Pastor, der sagt: „Ich sollte nicht jedes Mitglied pastoral versorgen müssen. Ich habe dies an meine Ältesten oder Kleingruppenleiter delegiert“ versucht, die Dynamiken größerer Gemeinden in einer kleinen Gemeinde umzusetzen.
  • Doch so wie die Gemeinde wächst, wird der Pastor immer mehr das Bedürfnis nach administrativen Fähigkeiten verspüren. Kleine Gemeinden verlangen nicht viel im Sinne des Entwerfens von Visionen oder Strategien, aber es entsteht ein zunehmender Bedarf, Programme zu planen, Ehrenamtliche zu mobilisieren und andere administrative Aufgaben zu erledigen.
  • Veränderungen werden immer noch auf der Basis von Beziehungen und informell von der gesamten Gemeinde vollzogen, nicht nur von den Hauptverantwortlichen. Da aber die Gemeinde größer ist, brauchen Entscheidungen länger als in einer Hauskirche oder mittelgroßen Gemeinde. Letztendlich geschieht Veränderung in einer kleinen Gemeinde von unten nach oben durch Schlüssel-Führungspersönlichkeiten unter den Ehrenamtlichen. Keine wichtigen Veränderungen können auf den Weg gebracht werden, ohne dass nicht mindestens eine dieser Personen als Verbündeter und Befürworter dafür gewonnen werden kann.

Wie sie wächst
Wie Hauskirchen wachsen auch kleine Gemeinden durch die Anziehungskraft der Beziehungen in der Gemeinde. Jedoch kann in der kleinen Gemeinde auch eine persönliche Beziehung zum Pastor neue Personen anziehen. Der Pastor kann zwei oder drei neue Dienste, Kurse oder Gruppen starten, solange er sich der Unterstützung oder Teilnahme eines wichtigen informellen Leiters sicher ist. Zusammen können sie eine neue Aktivität starten, die viele neue Leute in die Gemeinde bringen wird.

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Eine solche Gemeinde wird wahrscheinlich irgendwann an der berühmten „200er-Barriere“ angelangt sein. Um in einer Gemeinde Platz für mehr als 200 Leute zu schaffen, muss man sich zu einigen oder allen der folgenden Veränderungen verpflichten.

Erste Veränderung – Angebote vervielfältigen

  • Es muss eine Bereitschaft vorhanden sein, das ungeschriebene Gesetz zu hinterfragen, dass jedes Mitglied eine direkte persönliche Beziehung zu jedem anderen Mitglied haben sollte.
  • Wenn eine Gemeinde an den Punkt kommt, an dem die älteren Mitglieder feststellen, dass es neue Mitglieder gibt, die sie kaum oder gar nicht kennen, könnte die Beschwerde in einem moralisierenden Tonfall kommen: „Diese Gemeinde wird zu groß.“ Eine andere Form dieser Beschwerde ist, dass die Gemeinde zu „unpersönlich“ wird. Diese Haltung muss sich grundsätzlich verändern, damit neue Leute hinzukommen können.
  • Oft ist die wichtigste Veränderung, die eine Gemeinde zulassen muss, mehr Wahlmöglichkeiten anzubieten, wie zum Beispiel mehr als einen Sonntagsgottesdienst, oder mehr Wert auf Kleingruppen zu legen als auf ein großes gemeinsames Gebetstreffen.
  • Im Allgemeinen sorgt eine Vielfalt an Angeboten für einen Wachstumsschub. Der beste Einzelweg, um die Besucherzahlen zunehmen zu lassen, ist mehrere Sonntagsgottesdienste anzubieten. Zwei Gottesdienste werden sofort mehr Leute anziehen als einer es tat. Vier Themen zur Wahl im Lehrangebot werden generell mehr Leute anziehen als zwei. Warum? Wenn man Leuten mehr Wahlmöglichkeiten gibt, treffen mehr Leute eine Wahl!

Zweite Veränderung – Bereitschaft, die Kosten eines zusätzlich angestellten Pastors zu tragen

  • Es ist eine soziologische Tatsache, dass ein Vollzeit-Pastor nicht mehr als 150-200 Personen persönlich betreuen kann. Irgendwann wird jeder Pastor an den Punkt kommen, an welchem er die Fähigkeit verliert, jeden persönlich zu besuchen, mit jedem in Kontakt zu bleiben und in einem vernünftigen Maße für jede Person der wachsenden Gemeinde erreichbar zu sein.
  • Der Fürsorgeradius des Pastors kann mit teil- oder vollzeitlichen Spezialisten oder Verwaltungspersonal ausgeweitet werden, wie z.B. Mitarbeiter für den Kinderdienst, Sekretärinnen, Administratoren oder Musikern. In welchem Maße dies geschehen kann, hängt von der Persönlichkeit und den Kraftreserven des Pastors sowie der örtlichen Kultur ab. Es ist tendenziell so, dass eine Gemeinschaft, die hauptsächlich aus Büroangestellten besteht, ein wesentlich spezialisierteres Angebot erwartet, als eine Gemeinde der Arbeiterklasse. Man wird also eventuell feststellen, dass man hier einen Vollzeit-Angestellten für jeweils 100-150 Besucher braucht.
  • Schließlich muss dieser zweite pastoral Verantwortliche angestellt werden. Gewöhnlich ist dies ein weiterer ordinierter Pastor, kann aber auch ein ‚Laie‘ sein, welcher als Seelsorger, Kleingruppenkoordinator oder Betreuer von Programmen tätig ist und ein großes Maß an Hirtendienst und Lehre wahrnimmt. Wichtig ist dabei sicherzugehen, dass diese zweite Person die Gemeinde wachsen lassen kann und, praktisch gesprochen, dass sie die Spenden wachsen lässt, welche ihr Gehalt zahlt. So mag es zum Beispiel nicht das Beste sein, als zweiten pastoralen Mitarbeiter eine Person für den Kinder- und Jugendbereich zu haben; besser wäre es u.U., jemanden für den Bereich der Kleingruppen oder evangelistische und diakonische Dienste anzustellen. Oder, falls der Hauptpastor exzellent darin ist, Menschen zu erreichen, könnte der zweite Angestellte ein Pastor mit Schwerpunkt Seelsorge sein, welcher die Begabungen des ersten Pastors ergänzt und am inneren Wachstum der Gemeinde arbeitet. Das Personal der ersten Anstellungsrunde muss für Wachstum stehen.
  • In einer Gemeinde dieser Größe tritt oft die Spannung auf, dass sie so groß ist, dass der Pastor sich ausgebrannt fühlt, aber noch nicht groß genug, um einen zweiten Pastor finanziell zu tragen.

Dritte Veränderung – Bereitschaft, Macht von den ‚Laien‘ und sogar ehrenamtlichen Führungspersonen auf Angestellte übergehen zu lassen

  • Wenn man zu dieser Größenschwelle kommt, wird die alte Vorgehensweise der Entscheidungsfindung, welche erforderte, dass alle zu einem Konsens finden, viel zu langsam und schwerfällig. Im Konsens-Modell der Entscheidungsfindung hält man es für unmöglich, eine Veränderung vorzunehmen, wenn irgendein Mitglied sehr stark dagegen ist, besonders wenn es möglich scheint, dass wegen der Veränderung einige Leute die Gemeinde verlassen könnten.
  • Während sich eine Gemeinde der 200er-Schwelle nähert, gibt es fast immer jemanden, der die einhergehenden Veränderungen als Verlust empfindet. Daher werden keine Veränderungen greifen, wenn nicht viele der Entscheidungen, welche bisher die gesamte Mitgliedschaft involviert haben, an Führungspersonen und Angestellte übertragen werden. Doch nicht nur die Gemeinde als Ganzes muss Macht an die Verantwortlichen übergeben. Auch seit Jahren aktive ehrenamtliche Leiter müssen ebenfalls Macht an angestellte und nebenberufliche Führungskräfte übergeben.
  • In einer kleineren Gemeinde wissen die ehrenamtlichen Führungspersonen oft mehr über die Mitglieder als der Pastor. Diese Ehrenamtlichen sind schon länger dabei und haben somit mehr Wissen über die Vergangenheit, mehr Vertrauen seitens der Mitglieder und mehr Einblick in die Fähigkeiten, Kapazitäten, Interessen und Meinungen der Mitglieder.
  • Sobald jedoch eine Gemeinde die 200er-Schwelle hinter sich lässt, neigen die Angestellten dazu mehr über die Gemeindemitglieder zu wissen als dies die ehrenamtlich Verantwortlichen tun. Zudem werden sich insbesondere die neuen Mitglieder immer mehr am Pastor als an den ehrenamtlichen Führungspersonen ausrichten.

Vierte Veränderung – Bereitschaft, formaler und durchdachter in Sachen Aufnahme und Kommunikation zu werden

  • Eine Gemeinde auf dem Weg über diese Schwelle kann nicht länger annehmen, dass Kommunikation und Aufnahme von Neulingen „natürlich“, ohne irgendwelche Planung, geschieht. Kommunikation muss überlegter werden und darf nicht mehr nur mündlich stattfinden. Neue Leute müssen bewusster angesprochen und einbezogen werden. So könnte z.B. für jede neue Familie für sechs Monate ein „Sponsor“ bestimmt werden – eine Familie aus dem Mitgliederkreis, welche die neue Familie in ihr Zuhause einlädt, sie zum Seminar für neue Mitglieder begleitet, und so weiter.

Fünfte Veränderung – Fähigkeit und Bereitschaft des Pastors und der Leute, den Pastor weniger hirtliche und mehr leitende Arbeit tun zu lassen

  • Die Gemeinde der nächsten Größe benötigt etwas mehr Aufwand im Bereich Visions- und Strategieentwicklung sowie wesentlich mehr Fachwissen im administrativen Bereich. Der Pastor einer mittelgroßen Gemeinde wird wesentlich mehr Zeit darauf verwenden müssen, ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen und zu begleiten und Angebote ins Leben zu rufen, damit Dienste laufen, die er in einer kleineren Gemeinde selber getan hätte. Hierfür sind administrative Fähigkeiten wie Planung, Delegation, Supervision und Organisation notwendig.
  • In dieser nächstgrößeren Gemeinde ist der Pastor für die einzelnen Mitglieder schlichtweg weniger erreichbar und verfügbar. Selbst wenn ein zusätzlicher Hauptamtlicher eingestellt wird, wird nicht jedes Mitglied denselben Zugang zum Hauptpastor haben wie zuvor. Sowohl die Gemeinde als auch der Hauptpastor müssen diesen Preis anerkennen und akzeptieren.

Sechste Veränderung – den Umzug in neue Räumlichkeiten in Erwägung ziehen

  • Wird ein solcher Umzug entscheidend sein, die nächste Wachstumsbarriere zu durchbrechen? Manchmal, aber normalerweise nicht. Meist ist als Vorbereitung für eine neue Gemeindegröße und ihre Kultur eher die Planung mehrerer Gottesdienste, Personal für das Wachstum sowie angepasste Einstellungen und Erwartungen nötig.

MITTELGROSSE GEMEINDE: 200-450 GOTTESDIENSTBESUCHER

Beschreibung …

  • In kleineren Gemeinden ist jedes Mitglied mit der gesamten Mitgliedschaft der Gemeinde vertraut. Der vorrangige Kreis der Zugehörigkeit ist die Gemeinde als Ganzes. In einer mittelgroßen Gemeinde dagegen findet man den primären Bezug über Kreise oder Programme: Die Männer- und Frauenarbeiten, der Chor, Ehepaargruppen, das Abendlobpreisteam, der örtliche Gefängnisdienst, die Essen-auf-Rädern-Arbeit – all dies sind mögliche Kreise der Zugehörigkeit welche die Gemeinde voranbringen. Jede dieser Untergruppen hat ungefähr die Größe einer Hausgemeinde, also 10 – 40 Personen.

Führung funktioniert in der mittelgroßen Gemeinde anders.

  • Erstens: Da die mittelgroße Gemeinde wesentlich komplexer ist, müssen die Führungspersonen die verschiedensten Kreise in der Gemeinde repräsentieren (z.B. ältere Leute, junge Familien).
  • Zweitens: Es gibt zu viel Arbeit, als dass sie von einem kleinen Vorstand getan werden könnte. Es gibt jetzt einflussreiche Leitungsteams oder Ausschüsse, wie das Missionsgremium oder der Musik-/Lobpreisbereich, welche bedeutende Befugnisse haben.
  • Drittens: Auf Grund der beiden oben genannten Faktoren werden Verantwortliche weniger nach der Dauer ihrer Mitgliedschaft und Stärke ihrer Persönlichkeit, sondern wegen ihren Fähigkeiten und Begabungen ausgesucht.
  • Viertens: Die Rolle des ehrenamtlichen Vorstandes beginnt sich zu ändern. In kleineren Gemeinden überwacht oft der Vorstand den Pastor und die Angestellten und gibt grünes Licht für diverse Vorhaben, oder auch nicht. Der Pastor und die Angestellten setzen die Entscheidungen dann um. In der mittelgroßen Gemeinde beginnt der Vorstand in Zusammenarbeit mit den Angestellten immer mehr Dienste selbst zu tun. Ehrenamtliche Bereichsleiter wachsen heran und werden oft zu Entscheidungenträgern. Die Vorsitzenden einflussreicher Ausschüsse sitzen im offiziellen Vorstand.
  • Wie bereits erwähnt verändert sich die Rolle des Hauptpastors vom Hirten zum „Rancher“ (eine Art Führer der Herde im großen Stil). Anstatt den gesamten Dienst allein zu tun, wird er zum Trainer und Organisator der ‚Laien‘, die nun den Dienst ausführen. Außerdem muss er geschickt sein in der Ausbildung, Unterstützung und Aufsicht von pastoralen und administrativen Angestellten. Auf dem Level einer mittelgroßen Gemeinde sind hierfür wesentliche administrative Fähigkeiten notwendig.
  • Während in kleineren Gemeinden Veränderungen und Entscheidungen von unten nach oben durch Ehrenamtliche in Schlüsselpositionen geschehen, geschieht Veränderung in einer mittelgroßen Gemeinde durch zentrale Ausschüsse und Teams. Für gewöhnlich ist der offizielle Vorstand einer mittelgroßen Gemeinde konservativ eingestellt. Er fühlt sich sehr verantwortlich und möchte keine Gruppen, welche er zu vertreten glaubt, vergrämen. Deshalb wird Veränderung normalerweise durch vordenkende Gremien wie dem Missionsgremium oder dem Evangelisationsteam vorangetrieben. Diese können sehr effektiv sein, die Gemeinde zu überzeugen, etwas Neues auszuprobieren.

Wie sie wächst
Wie bereits erwähnt, wachsen kleinere Gemeinden hauptsächlich durch Gruppen, Kurse und Dienste, welche durch den Pastor initiiert wurden. Die mittelgroße Gemeinde wird ebenso wachsen, wenn sie Gruppen, Kurse, Gottesdienste und Angebote vervielfältigt. Aber der Schlüssel für das Wachstum einer mittelgroßen Gemeinde besteht im Verbessern der Qualität der Dienstbereiche und ihrer Wirksamkeit, echten Nöten zu begegnen. Die kleine Gemeinde kann sich amateurhafte Qualität leisten, da ihre Hauptanziehungskraft in der Intimität und familiären Wärme liegt. Aber die Dienste der mittelgroßen Gemeinde müssen anders sein. Kurse müssen eine großartige Lernerfahrung bieten. Musik muss ästhetischen Anforderungen entsprechen. Die Predigt muss informieren und inspirieren.

Überschreiten der Schwelle zur nächsten Größenkategorie
Wie gesagt, eine kleine Gemeinde überschreitet die 200er-Schwelle durch (1) eine größere Vielfalt an Möglichkeiten, (2) ein Team von Angestellten, (3) indem die Gesamtgemeinde Entscheidungsgewalt loslässt, (4) durchdachtere Aufnahmen von „Neuen“ und (5) den Wandel im Dienst des Pastors von einem Hirten-für-jeden zu einem Organisator/Administrator. Man kann über die 200 hinaus wachsen ohne jeden dieser fünf Umbrüche vollzogen zu haben; tatsächlich tun die meisten Gemeinden dies. Oft wachsen Gemeinden über die 200 hinaus, während sie an einer oder mehreren Haltungen einer kleinen Gemeinde festhalten. Zum Beispiel: Ist der Hauptpastor vielfältig begabt und dynamisch, kann er sich um die Organisation/Administration kümmern und immer noch Zeit haben, jedes Mitglied seiner Gemeinde zu besuchen. Oder vielleicht werden zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, aber die Entscheidungsfindung läuft immer noch über das gesamtgemeindliche Konsens-Modell. Aber um die 400 zu überschreiten muss entschieden mit den alten Gewohnheiten in allen fünf Bereichen gebrochen werden. Der sechste Umbruch – der Umzug in neue Räumlichkeiten – ist für eine mittelgroße Gemeinde normalerweise notwendig, um diese Wachstumsbarriere zu durchbrechen, aber nicht immer.

GROSSE GEMEINDE: 400-800 GOTTESDIENSTBESUCHER

Beschreibung …

  • Wir haben gesehen, dass in der kleinen Gemeinde der hauptsächliche Kreis der Zugehörigkeit die gesamte Gemeinde ist. In der mittelgroßen Gemeinde ist dieser primäre Kreis der Zugehörigkeit die Verbundenheit in einem Kurs oder einer Dienstgruppe, die üblicherweise aus 10-40 Personen besteht. In der großen Gemeinde dagegen wird die Gemeinschaft einer Kleingruppe zum primären Kreis der Zugehörigkeit. Diese unterscheidet sich von einem Kurs oder einer Dienstgruppe in folgenden Punkten:
    • Sie ist meist kleiner – ab 4 bis maximal 15 Personen.
    • Sie hat mehr von einer „Miniatur-Gemeinde“ als ein Kurs oder eine Dienstgruppe. Kurse oder Dienste sind spezielle Programme, die den Fokus auf das Lernen, Lobpreis oder den Dienst an den Armen etc. setzen. Die Kleingruppe jedoch studiert die Bibel, hat Gemeinschaft, Lobpreis und Dienst.
  • Auch Führung funktioniert in der großen Gemeinde anders. In der kleinen Gemeinde werden Verantwortliche nach der Dauer ihrer Zugehörigkeit ausgesucht; in der mittelgroßen Gemeinde nach ihren Fähigkeiten und Reife. Beide Aspekte sind weiterhin sehr erstrebenswert! Aber in der großen Gemeinde müssen diese Qualitäten mit einer Hingabe an die spezielle Vision und den Auftrag der Gemeinde verbunden sein. Je größer die Gemeinde wird, desto mehr entwickelt und betont sie gewisse Dienste und Stärken, und die gemeinsame Vision ist ein wichtiger Grund warum Mitglieder beitreten. Daher müssen Führungspersonen sowohl auf ihre Vision als auch auf andere Qualifikationen hin überprüft werden.
  • In der kleinen Gemeinde hat der Vorstand dem Pastor Befugnisse erteilt oder vorenthalten, welcher dann den Dienst ausübte. In der mittelgroßen Gemeinde besteht der Vorstand aus Ehrenamtlichen und Vorsitzenden von Gremien, die sich die Dienste mit den Pastoren und den Angestellten teilen. Doch in der großen Gemeinde muss der Vorstand mit dem Hauptpastor zusammenarbeiten, um eine übergreifende Vision und Ziele festzusetzen und dann den gesamten Dienst zu evaluieren. Anders als der Vorstand der kleinen Gemeinde beaufsichtigen sie nicht die Angestellten – sie lassen dies den Hauptpastor tun. Anders als in der mittelgroßen Gemeinde sind sie nicht unbedingt Verantwortliche von Dienstbereichen. Vielmehr haben sie einen Blick dafür, wie es der Gemeinde und ihren Dienste als Ganzes geht.
  • In einer großen Gemeinde spezialisiert sich die Rolle des einzelnen Mitarbeiters zunehmend, ebenso die Rolle des Hauptpastors. Er muss sich stärker auf (a) Predigen und (b) Visions- und Strategieentwicklung konzentrieren. Er muss viele oder gar die meisten administrativen Aufgaben loslassen, andernfalls wird er an seine Kapazitätsgrenze kommen und Prozesse werden sich verlangsamen.

Während in einer kleinen Gemeinde Veränderungen und Entscheidungen durch einzelne mächtige Ehrenamtliche von unten nach oben angestoßen werden, werden diese in der mittelgroßen Gemeinde vom Vorstand und den Gremien getroffen. In der großen Gemeinde werden sie „von oben nach unten“ durch Angestellte und leitende Ehrenamtliche in Schlüsselpositionen getroffen.

Wie sie wächst
Die kleine Gemeinde wächst in erster Linie durch neue Gruppen, Kurse und Dienste, die durch den Pastor initiiert werden, manchmal unterstützt durch einen Verbündeten. Ich nenne dies die „Hinterhofmethode“, da Wachstum durch informelle neue Gemeinschaftsrunden entsteht. Die mittelgroße Gemeinde wächst hauptsächlich durch Dienste, welche effektiv die Bedürfnisse verschiedener Gruppen wie Jugend, Senioren, junge Ehepaare und „Suchende“ anspricht. Ich nenne dies die „Nebentürmethode“, da sie die verschiedensten Personengruppen aus der Stadt oder Nachbarschaft mit ihren jeweiligen Fragen und Nöten erreicht. Die große Gemeinde dagegen wächst durch die „Vordertürmethode“. Der Schlüssel zum Wachstum ist das, was im Gottesdienst passiert – die Qualität der Predigt, die Erhabenheit der Anbetungserfahrung, und so weiter.

Überschreiten der Schwelle zur nächsten Größenkategorie
Die bereits erwähnten fünf Umbrüche gelten auch auf dem nächsten Level.

  • Erste Veränderung – Angebote vervielfältigen. Bis zur „800er-Schwelle“ kommen Gemeinden auch mit einem mittelmäßigen oder schwachen Kleingruppensystem über die Runden. Die Leute werden oft weiterhin durch größere Programme, Kurse und Gruppen pastoral versorgt, welche direkt von Angestellten verantwortet werden. Aber wenn Gott Ihnen weiterhin neue Leute schickt, so dass die Gemeinde an die 800er-Schwelle stößt, müssen Sie die Mehrheit ihrer Mitglieder und Anhänger in gut geführten Kleingruppen haben, die pastorale Betreuung und nicht nur Bibelstudien anbieten. Mehrere Gottesdienste zu starten war wichtiger beim Überschreiten der 200er- oder 400er-Schwelle, aber eine lebendige Kleingruppenlandschaft ist der Schlüssel um durch diesen Umbruch zu navigieren.
  • Zweite Veränderung – die Mitarbeiterschaft erweitern. Bis zur „800er-Schwelle“ schaffen es Gemeinden mit einer kleinen Anzahl von Angestellten, die in verschiedensten Bereichen eingesetzt werden können; aber nach der 800er-Schwelle ist mehr Spezialisierung notwendig. Angestellte müssen zunehmend begabt sein. Sie müssen mehr als treue Arbeiter sein oder andere in ihrer Arbeit anleiten können. Sie müssen zu Führern von Führungspersonen Sie müssen recht mündig, unabhängig und fähig sein, andere anzuziehen und zu betreuen.
  • Dritte Veränderung – Verschiebung von Entscheidungsbefugnis. Bis zur „800er-Schwelle“ wurde die Entscheidungsgewalt immer mehr zentralisiert – sie verlagerte sich vom äußeren Rand (der gesamten Mitgliedschaft oder dem gesamten ehrenamtlichen Vorstand) zum Zentrum hin (die Mitarbeiterschaft und letztlich den leitenden Angestellten). Jetzt muss die Entscheidungsgewalt mehr dezentralisiert werden – von den leitenden Angestellten und Pastoren zu den einzelnen Angestellten und ihren Führungsteams. Wie schon erwähnt, müssen die Angestellten zunehmend kompetent sein und ihnen muss in ihren Bereichen mehr Entscheidungsvollmacht gegeben werden, ohne dass sie alles mit dem Hauptpastor oder Vorstand abklären müssen.
  • Vierte Veränderung – formaler und geplanter in der Aufnahme werden. – Die Eingliederung und Orientierung von neuen Leuten muss noch besser organisiert werden, sehr gründlich stattfinden und gut betreut werden.
  • Fünfte Veränderung – Anpassung der Rolle des Hauptpastors. Der Pastor ist noch weniger erreichbar für persönliche Seelsorge und konzentriert sich noch mehr auf das Predigen, Lehren von größeren Gruppen sowie die Visions- und Strategieentwicklung.

DIE SEHR GROSSE GEMEINDE

Beschreibung …

  • Die sehr große Gemeinde hat einen missionarischen Fokus. Im Allgemeinen geben kleinere Gemeinden ihren Mitgliedern eine stärkere Stimme (siehe unten) wodurch die Anliegen und Interessen der Mitglieder und Insider die der Außenstehenden übertrumpfen. Andererseits gibt die größere Gemeinde ihren Angestellten und Hauptverantwortlichen eine stärkere Stimme. Je mehr eine Gemeinde von Angestellten bestimmt wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich auf solche Dienste konzentriert, durch welche Nichtmitglieder erreicht werden und von denen die Gemeindeinternen nicht direkt profitieren – wie z.B. Gemeindegründung, Dienste rund um die Themen Barmherzigkeit und soziale Gerechtigkeit sowie andere neue Angebote und Programme.
  • Die sehr große Gemeinde hat verschiedene Eigenschaften durch welche besonders Suchende und junge Erwachsene angezogen werden:
    • Exzellenz. Diejenigen, die keine Verpflichtung haben, aus Gründen wie Verwandtschaft, Tradition, kultureller Herkunft oder örtlicher Geschichte in die Gemeinde zu gehen, werden wahrscheinlicher dort hingehen, wo die Qualität der Kunst, der Lehre, des Kinderprogramms und so weiter sehr hoch ist.
    • Wahlmöglichkeiten. Leute sind es heutzutage gewohnt, mehrere Optionen zu haben wenn es um den Ablauf oder die Art des Gottesdienstes, des Lernens, der unterstützenden Dienste etc. geht.
    • Bereitschaft für Veränderung. Im Allgemeinen haben Neulinge und jüngere Leute eine wesentlich höhere Toleranz für die ständigen Veränderungen und das Leben „im Fluss“ einer großen Gemeinde, während ältere Leute, langjährige Mitglieder und Familien sich mehr Stabilität wünschen.
    • Geringer Druck. Suchende sind froh, wenn sie in eine Gemeinde kommen, in der ihre Anwesenheit nicht sofort bemerkt wird. Die große Mehrheit der Suchenden und Gemeindefernen sind dankbar für die Leichtigkeit, mit der man eine große Gemeinde besuchen kann ohne sich sofort gedrängt zu fühlen, eine Entscheidung zu treffen oder einer Gruppe beizutreten.

Die sehr große Gemeinde hat außerdem ein höheres Potential, um gewisse Qualitäten und Dienste zu entwickeln:

  • Multikulturalität. Ein großer Mitarbeiterstab kann multiethnisch sein (während ein einzelner Pastor oder Angestellter das nicht kann). Eine große Gemeinde mit mehreren Gottesdiensten, Gruppen oder sogar „Untergemeinden“ kann eine größere Vielfalt an Interessen und Empfindungen umspannen.
  • Die Entwicklung eines umfassenden Familien-Unterstützungssystems. Oftmals brauchen Familien eine Vielzahl von Gruppen für Kinder verschiedenen Alters, sowie Seelsorgedienste, sportliche Angebote usw. Aus diesem Grund ziehen große Gemeinden oft Familien an.
  • Gemeindegründung. Große Gemeinden sind generell besser darin, Tochtergemeinden zu gründen als kirchliche Verbände oder kleinere Gemeinden.[1]
  • Das Angebot von glaubensbasierten, ganzheitlichen Diensten. Größere Gemeinden haben einen größeren Pool an Mitarbeitern, Finanzen und Expertise um solche Dienste durchzuführen.

Forschung und Entwicklung für die Gemeinde im weiteren Sinne. Nochmals, die große Gemeinde ist im Allgemeinen ein guter Ort, um neue Bildungsangebote und Dienststrukturen etc. zu planen und zu testen. All das kann von großen Gemeinden effektiver durchgeführt werden als von Gemeindeverbänden, kleineren Gemeinden oder sonstigen christlichen Werken.

Natürlich hat die sehr große Gemeinde auch Nachteile:

  • Große Distanzen können den missionarischen Auftrag untergraben. Sehr große Gemeinden können berühmt werden und ziehen Christen aus immer größerer Entfernung an, die wiederum keine Nicht-Christen aus ihrer Nachbarschaft mitbringen. Sehr bald repräsentiert die Gemeinde nicht mehr die Menschen, die in der Nähe der Gemeinde wohnen, und kann ihre eigene Umgebung nicht mehr erreichen. Allerdings wird das einigermaßen ausgeglichen durch andere Vorteile im missionarischen Bereich und kann des Weiteren ausgeglichen werden durch (a) das Gründen neuer Gemeinden und (b) der unnachgiebigen Orientierung zur Evangelisation.
  • Große Distanzen untergraben Gemeinschaft, Beziehungen und Jüngerschaft. Christen, die eine längere Anreise haben, lassen sich schwerer zu Jüngerschaft und echter christlicher Gemeinschaft anleiten. Die Person, die man sonntagmorgens im Gottesdienst trifft, wohnt mit immer höherer Wahrscheinlichkeit nicht in der Nähe, und somit entwickeln sich keine natürlichen Verbindungen oder Freundschaften. Das kann allerdings durch ein effektives Kleingruppen-System ausgeglichen werden, das Menschen gemäß ihrer Interessen oder Region verbindet.
  • Abnehmende Kommunikation und Beteiligung. „Es ist ein typisches Muster einer großen Gemeinde, dass sie über ihr internes Kommunikationssystem hinauswächst und stagniert … während sich viele Menschen nicht mehr zugehörig fühlen und schließlich die Besucherzahlen zurückgehen.“[1] Die Leute sind sich nicht mehr sicher, mit wem sie über ihre Anliegen sprechen können: In einer kleineren Gemeinde wissen der Mitarbeiterstab und die Ältesten Bescheid. Aber in einer sehr großen Gemeinde weiß ein bestimmter Mitarbeiter evtl. überhaupt nicht, was außerhalb seines oder ihres Dienstbereichs abläuft. Die lange Liste der Mitarbeiter und der Dienste ist überwältigend. Man bekommt den Eindruck, dass es schwer ist, schnell an Informationen zu kommen oder zu wissen wo man beginnen muss, um sich einzubringen. Dem kann durch ein regelmäßig aktualisiertes Kommunikationssystem entgegengewirkt werden. Dieses wird ungemein wichtig in einer sehr großen Gemeinde.
  • Abbruch von Beziehungen. Menschen, die der Gemeinde beigetreten sind als diese kleiner war, können evtl. einen großen Verlust empfinden und Probleme damit haben, sich der neuen Größenkultur anzupassen. Viele von ihnen werden dem Gefühl hinterher trauern, persönlich mit Veranstaltungen, Entscheidungsprozessen oder sogar dem Hauptpastor verbunden zu sein. Einige dieser „alten Hasen“ werden die Gemeinde traurig verlassen, und ihr Gehen wird wiederum die traurig stimmen, die in der Gemeinde bleiben. Dem kann entgegengewirkt werden, indem man den „alten Hasen“ besonderen Respekt entgegenbringt. Man sollte Verständnis für die Veränderungen zeigen, die sie durchgemacht haben und ihnen kein schlechtes Gewissen machen, weil sie eine andere oder eine kleinere Gemeinde bevorzugen. Glücklicherweise lässt dieses Problem mit der Zeit nach. Menschen, die der Gemeinde beigetreten sind, als diese 1500 Mitglieder hatte, werden feststellen, dass sich gar nicht so viel verändert hat, wenn die Gemeinde einmal 4000 Mitglieder hat.
  • Vielschichtigkeit, Veränderung und Formalität. Größe bringt (a) Vielschichtigkeit anstelle von Einfachheit, (b) Veränderung anstelle von Berechenbarkeit und (c) den Bedarf an eher formalen als informellen Kommunikationswegen und Entscheidungsprozessen. Trotz alledem schätzen viele „Langzeit-Christen“ und Familien Schlichtheit, Berechenbarkeit und Ungezwungenheit und sehen diese Dinge von einem spirituellen Standpunkt als wertvoller an. Je größer die Gemeinde, desto mehr werden die erstgenannten Faktoren wachsen, und viele Menschen werden einfach nicht für sie einstehen.
  • Die Nachfolgefrage. Je größer eine Gemeinde ist, desto mehr wird sie mit ihrem Hauptpastor identifiziert. Warum? (a) Er wird zur einzig identifizierbaren Führungsfigur unter den vielen Mitarbeitern und Verantwortlichen, die ein normaler Besucher gar nicht alle kennen kann. (b) Gemeinden werden nicht außerordentlich groß ohne eine Führungspersönlichkeit, die ungewöhnlich gut darin ist, eine Vision zu vermitteln. Diese Visionsvermittlung wird schließlich zum Schlüssel der ganzen Gemeinde. Diese spezielle Gabe ist einzigartig und schwerer zu ersetzen als gutes Predigen. Das wird zur Achillesferse der Gemeinde – Kontinuität bzw. die Nachfolge des Hauptpastors. Wie kann sich der Pastor in den Ruhestand zurückziehen, ohne dass es sich anfühlt als wäre die Gemeinde gestorben? Eine Strategie ist, die Gemeinde aufzuteilen, wobei jede neu entstehende Gemeinde ihren eigenen Hauptpastor bekommt. Dabei hält Lyle Schaller dafür, dass Nachfolger eines Hauptpastors schon einige Zeit im Mitarbeiterstamm der Gemeinde verbracht haben müssen, und besser nicht von außen kommen sollten.

Wie sie wächst
Im Grunde kann eine große Gemeinde nur dann weiter wachsen, wenn die beschriebenen Vorteile optimal ausgenutzt und die genannten Nachteile minimiert werden und ihnen entgegengewirkt wird.

[1] Lyle Schaller, The Very Large Church (Nashville: Abingdon, 2000), 174
[1] Siehe Timothy Keller, “Why Plant Churches?” (2002), redeemercitytocity.com, für eine vertiefte Diskussion über Gemeindegründung.
TEIL 1 | 2 | 3 | 4
Im 4. und letzten Teil spricht Tim Keller die Machtfrage an, die Notwendigkeit von Spezialisten und die Rolle des Hauptpastors.
(c) Redeemer City to City | 1359 Broadway, Suite 1102 | New York, NY 10018 |wtimothykeller.com | www.gospelinlife.com | fb redeemerctc | tw redeemerctc | Übersetzung der deutschen Version und Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.
(c) der deutschen Übersetzung: DER LEITERBLOG 2014

HINWEIS: Tim Keller ist ein genialer Prediger. Über 250 Predigten sind kostenlos als MP3 Dateien hier zu laden.

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Über Lothar Krauss

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