Immer wieder fragen mich junge Leiter, was jetzt für mich hilfreich ist. In dieser außergewöhnlichen Zeit. Welche Gewohnheiten, Einstellungen, Bücher … Coole Frage, wie ich finde. Hier zwei Tipps aus meinem Alltag, die mir gerade sehr gut tun:
Daily Office – Stundengebete
Eigentlich bin ich ja nicht so der Typ dafür. Vielleicht liegt es an meinem Alter, vielleicht an der aktuellen Lebensphase. Als Freikirchler, der das freie Gebet mag, spontan ist, zur Liturgie nicht das engste Verhältnis pflegt … bekenne ich: Jetzt helfen mir Rhythmen, Gewohnheiten, liturgische Formen.
Ups … Ja, so ist es. Mitten in der Pandemie wurde ich auf die Stundengebete, (Daily Office) von Willow gestoßen. Seit Jahren hat die große Willow Kirche ein kleines Beiboot: The Practice. Sonntagabends treffen sich Leute, um aus dem Reichtum der Kirchengeschichte und spirituellen Traditionen zu schöpfen. Ein Teil sind die Stundengebete, die ich ganz oft für mich nutze. Toll. Hier geht es zur Daily Office, die jede Woche neu aufgelegt wird.
Der Nutzen?
Ich komme zur Ruhe, werde mir der wunderbaren Gegenwart von Gott bewusst, höre auf sein Wort und richte mich im Gebet aus. Mein Tipp: Probiere es mal hier aus. Die stete Wiederholung eine ganze Woche lang erschien mir zu Beginn recht ungewohnt und eintönig (weiß ich doch schon), entdeckte über Zeit dann aber das Potential darin.
Dietrich Bonhoeffer hat schon seinen angehenden Pastoren im Predigerseminar das zugemutet. In seinem Buch Gemeinsames Leben berichtet er davon. Das Buch ist – nebenbei gesagt – ein Klassiker und eine eindeutige Leseempfehlung von mir.
Tomas Sjödin
Die Bücher von Tomas Sjödin helfen mir auch sehr. Seit längerer Zeit begleiten sie mich jeden Morgen. Immer ein kurzes Kapitel. Leicht zu schaffen, da er sie als Kolumnen konzipiert hat. Toller Stil, interessante Sprache und Gedankenführungen, die mich abholen und weiterbringen.
Jetzt, in dieser Zeit begleitet mich sein neues Buch Beginne jeden Tag wie ein neues Leben. Damit schließt meine Zeit der Reflexion, Stille, des Gebetes und der Bibellese. Mit Erlaubnis des Verlages poste ich hier mal den Text von heute:
Was hilft Dir? Was sind Gewohnheiten, die jetzt für Dich richtig gute Dienste leisten. Ich freue mich auf Deine Kommentare hier, oder auf Facebook.
Wir träumen von dem, was wir schon haben
In der Kirche zu arbeiten ist in mancher Hinsicht nicht anders als jeder andere Job: Zeitpläne einhalten, Budget nicht überschreiten, gesteckte Ziele erreichen. Und doch ist diese Arbeit ganz anders als andere. Im Kreis der Kolleginnen und Kollegen beginnen wir zum Beispiel jede Arbeitswoche mit einem gemeinsamen Gebet. Das ist schon mal ungewöhnlich. Wir beten für die Woche, die gerade beginnt, wir beten füreinander und für alle Menschen, denen wir begegnen werden, und für alle Aufgaben, die anstehen. Für alles, wovon wir jetzt schon wissen, und für alles, was unverhofft auftauchen wird. Als wir in der letzten Woche mit dem Gebet beginnen wollten, bat uns Sture, ein Kollege, ob wir kurz einmal darüber nachdenken könnten, was wir jetzt tun würden, wenn wir wüssten, dass wir nur noch ein Jahr zu leben hätten.
Es war sehr spannend zu erleben, wie jeder Einzelne mit wenigen Sätzen zusammenzufassen versuchte, was ihm am wichtigsten wäre, wenn seine Lebenszeit begrenzt wäre (was sie ja tatsächlich ist). Einige wollten eine lange Reise machen, andere wollten ihre Arbeitszeit reduzieren, um mehr zu Hause zu sein, manche wollten sich intensiver ihrem geliebten Hobby widmen. Was fast allen Antworten gemeinsam war: Alle wollten ihrer Familie und ihren Freunden mehr Zeit widmen, die Dinge ein bisschen ruhiger angehen, jede Menge unwichtige Dinge sein lassen und stattdessen den Beziehungen zu den nahen Menschen Raum geben. Für mich war es frappierend zu sehen, dass offenbar neunzig Prozent der Dinge, von denen wir träumen, ohne jeden Aufschub verwirklicht werden könnten – gleich heute, wenn wir das wollten.
Es war ein lehrreicher Vormittag, gerade auch für mich persönlich, denn er brachte mich dazu, das, was ich habe, mehr zu schätzen. Den Wald hinter unserem Haus, die Menschen, die mir am meisten bedeuten, die Vögel am Vogelhäuschen, die täglichen Aufgaben und die Tatsache, dass ich Menschen in den schwierigsten Momenten ihres Lebens begleiten darf. Ich kann eine Weile am Bett eines Menschen sitzen, für den jeder Tag sich unendlich hinzieht, und ihm mit dem, was mir gegeben ist, in seinem Kampf helfen. Wenn alles auf dem Spiel steht, schätzt man eine solche Nähe am meisten.
Erstaunlich oft ist die wichtigste Sache zugleich die gewöhnlichste. Das stimmt nicht immer, aber sehr häufig. Aber warum verlieren wir das so leicht aus dem Blick? Es ist die berühmte Kurzsichtigkeit. Wie oft liest man von Menschen, die nach einer schweren Diagnose oder einem tragischen Ereignis endlich begonnen haben, das Leben zu leben, das sie immer leben wollten, aber aus irgendeinem Grund vor sich her geschoben hatten. Warum bloß brauchen wir oft erst eine Art Stoppschild, um eine Entscheidung treffen zu können und unserer Sehnsucht zu folgen? Als müssten wir vor dem Abgrund stehen, um zu begreifen, worum es im Leben geht. Vielleicht ist die Antwort ganz einfach: Solange alles rund läuft, verschiebt man das, von dem man eigentlich weiß, dass es ein Schatz ist, auf morgen. Dabei ist das Morgen nur einen Wimpernschlag vom Heute entfernt.
Was ist also die Summe aus alledem? Vielleicht sollten wir damit beginnen, uns das bewusst zu eigen zu machen, wovon wir träumen, statt von dem zu träumen, was wir schon haben.
Auszug aus: Sjödin, Tomas. „Beginne jeden Tag wie ein neues Leben“ | Von der Gewissheit, dass es hell wird.
Bücher von Tomas Sjödin, die ich immer wieder lese … Ein Klick auf das Cover bringt Dich zum Buch mit den weiteren Infos …
Was mich seit vielen Jahren trägt sind tatsächlich zuallererst die alten Schätzchen, durch die sich schon seit Anbeginn Jünger in Gottes Gegenwart erden: Bibellese, Stille, Gebet. Möglichst täglich, bei mir in den frühen Morgenstunden, da bin ich als Morgenmensch am klarsten und aufnahmebereitesten. Gottes Nähe zu suchen ist immer das Wesentliche was uns Halt gibt. Und vor allem die Kraft der Regelmäßigkeit ist nicht zu unterschätzen, gerade damit gebe ich dem heiligen Geist die Gelegenheit an meiner Seele zu arbeiten. Und damit mir die Möglichkeit immer mehr zu entdecken, tiefer zu werden. Es braucht Zeit zu reifen. Zeit, für die man sich aktiv entscheiden muss. Seit Jahren führe ich ein geistliches Tagebuch, auch das hilft mir, zum einen, um Gottes Wirken langfristig zu sehen, aber auch um mir mehr über mich selbst im Klaren zu werden. Darüber wie Gott mich führt. Das alles trägt dazu bei, dass ich Gott mehr vertraue und zutraue (und mir ein bisschen 🙂 weniger), das lässt mehr davon aus mir überfließen was er in mich hineinlegt.
Ansonsten viele gute Bücher, auf dem Weg zur Arbeit im Auto Lobpreislieder singen, in der Natur unterwegs sein.
Es macht für mich also gar keinen so großen Unterschied, ob normal oder Krise. Wenn wir diese drei Bereiche (Gebet, Stille,Bibellesen) zu einem Teil unseres Lebens machen legt Gott ein festes Fundament für alle Situationen, das ist geradezu präventive Lebensschule. Das Gute ist, dass man jederzeit damit anfangen kann.
Was in dieser Zeit abgesehen davon noch stärker ins Bewußtsein rückt ist der Segen, den Gemeinschaft hat. Es tut gut zu wissen und zu erfahren Teil einer Gemeinschaft zu sein. Gott sei Dank gibt es trotz allem social distancing viele Möglichkeiten in Kontakt zu bleiben.
Herzliche Grüße Elke König
Lieber Lothar, liebe Blogger, vielen Dank für Euren segensreichen Dienst! Es ist immer wieder erbaulich diesen Blog zu lesen. Herzliche Grüße und Gottes Segen aus Kehl.