Führungskräfte tragen Verantwortung für ihre Mitarbeiter. Wenn sie das gut machen, tut es allen gut. Was aber passiert, wenn der Chef es nicht gut hinbekommt? Ist schlechte Führung ein Gesundheitsrisiko? Eine schwedische Studie behauptet das und zeigt die massive gesundheitliche Gefahr, wenn Führungsmängel dauerhaft bestehen bleiben. Das macht nachdenklich! Welche Führungsmängel bergen die größten Risiken für Mitarbeiter?
RISIKOFAKTOREN
Die bereits angesprochene schwedische Langzeitstudie (10 Jahre) schaute bei über 3.000 Männern genau hin. Wer über schlechte Führung klagte hatte im Vergleich zu denjenigen, die ihrem Chef eine gute Führung attestierten, ein 60% höheres Risiko für einen Herzinfarkt oder andere gefährliche Herzerkrankungen. Die emotionalen Folgen, wenn man unter einem Chef arbeitet, der schlecht führt, sind ebenso gewichtig:
150 STUDIEN
Schlechtes Führungsverhalten führt zur emotionaler Erschöpfung im Mitarbeiter, sagt die American Psychological Association (Montano, Reeske, Franke, & Hüffmeier, 2017). Über 150 Studien untermauern ihre Thesen. Welche Risikofaktoren bedrohen Mitarbeitende dabei überdurchschnittlich?
VIER RISIKOFAKTOREN
Anna Nyberg nennt in ihrer Doktorarbeit insbesondere vier RISIKOFAKTOREN:
- Inkompetenz
- Rücksichtslosigkeit
- Intransparenz
- mangelhafte Kommunikation
INKOMPETENZ
Wir genießen es, wenn es kompetent läuft: Ein Architekt, der eine junge Familie durch den Hausbau begleitet! Die Kosten bleiben im Rahmen, die Qualität stimmt. Oder der Handwerker, der seine Arbeit versteht. Man denke an die Lehrer der Schulzeit, die ihre Inhalte gut vermitteln konnten und auch menschlich gut drauf waren. Da ist man gerne in den Unterricht gegangen, oder?! Bei Kompetenz denken wir nicht nur an die Fach- oder Methodenkompetenz, sondern auch an Sozialkompetenz.
Inkompetenz schadet! Wem? Der Sache, den Kollegen, den Mitarbeitern, dem Unternehmen insgesamt. Und bestimmt auch der Führungskraft. »Schuster bleib bei deinen Leisten!« Das ist schon ein Geheimnis, wenn man sein Leben in Aufgaben und Themen investieren kann, in denen man kompetent ist. Am Ende tut das allen gut! Wo das nicht der Fall ist, leiden alle. Auch gesundheitlich, sagen die Studien.
FRAGE: Bin ich als Führungskraft in Feldern unterwegs, für die ich kompetent bin? Erwerbe ich gerade die nötige Kompetenz? Auch gut! Oder bin ich überfordert?
RÜCKSICHTSLOSIGKEIT
Wann wird aus der notwendigen Durchsetzungsstärke einer Führungskraft eine ungute Dominanz, die »über Leichen« geht? Oder wann ist ein Verhalten konsequent und nötig, wann rücksichtslos?
»Rück-Sicht« steckt ja in den Worten »Rücksichtsvoll, Rücksichtslos«. Habe ich Augen für …? Schaue ich genau hin? Reflektiere ich, was durch mein Führen und Leiten entsteht? Sehe ich dabei auch meine Mitarbeiter? Die Kunden? Kollegen?
Gesehen werden ist oft das Bedürfnis, das im Vordergrund steht. Ernst genommen und gehört zu werden, hat einen Wert an sich. Rücksichtslos zu sein meint auch, den anderen nicht zu sehen und zu berücksichtigen. Der Mitarbeitende erlebt: Ich werde übersehen … Das tut weh! Nicht nur Kindern und Teenies. Auch Frauen und Männern im besten Alter. In erfolgreichen Positionen. Und: Es macht krank!
FRAGE: Sehe ich als Führungskraft die Menschen die für mich und mit mir arbeiten? Weiß ich um ihr Ergehen? Was sie beschäftigt, freut, plagt? Interessiert mich der Mensch, oder interessiere ich mich nur für sein Potential?
INTRANSPARENZ
Transparenz bedeutet »Lichtdurchlässigkeit«. Intransparenz demnach »Lichtundurchlässigkeit«. Oder anders gesagt: Nicht durchschaubar sein. Wenn Führungskräfte mit dieser Haltung ihren Mitarbeitenden begegnen, bleibt eine Unsicherheit zurück. »Was will der Chef? Wohin geht die Reise? Welche Entscheidung gilt jetzt? Wie sieht meine Zukunft aus? Was denkt er über mich? Wie wird mein Beitrag gesehen.« Diese Fragen zeigen, wohin Intransparenz führt. Unsicherheit. Anspannung. Frust. Das ist belastend. Schlägt aufs Gemüt und irgendwann auch auf die eigene Identität. Das macht krank!
FRAGE: Setze ich als Führungskraft meine Mitarbeitenden »ins Bild?«. Gebe ich Teilhabe, mache ich mich im guten Sinne für mein Team durchschaubar? Fühlen sich meine Mitarbeiter »sicher« bei mir?
MANGELNDE KOMMUNIKATION
Mangelnde Kommunikation? Man kann ja »nicht nicht kommunizieren«, hat der österreichische Psychotherapeut und Philosoph Paul Watzlawick gelehrt. Thomas Härry, Autor und Dozent für Führungsfragen stellt die These auf, nach der das „Missverständnis der Normalfall ist.“ Aber »mangelnde Kommunikation«? Mangelnde Kommunikation ist eben auch eine Kommunikation. Die Botschaft darin: »Das brauchst du nicht zu wissen! Das geht sie nichts an! Das enthalte ich dir vor, ist mein Wettbewerbsvorteil! Du bist mir das nicht wert!« Die mangelnde Kommunikation transportiert solche Botschaften. Auch das macht Mitarbeitende krank.
FRAGE: Bin ich mir als Führungskraft meiner kommunikativen Verantwortung bewusst? Kommuniziere ich ausreichend? Wertschätzend? Konkret? Ermutigend? Ist mir mein Gegenüber die Mühe einer gelingenden Kommunikation wert?