25% der Arbeitnehmer nehmen Führungsaufgaben war. Jeder der führt, ist eine Führungskraft. Muss das sein? Zu anderen Zeiten der Geschichte war der Bedarf an Führungskräften nicht so hoch! Was ist passiert? Warum hat sich das gewandelt? Welche Eigenschaften sind gefragt und vor welchen Aufgaben stehen Menschen, die Führungsverantwortung übernehmen?
DIE HERAUSFORDERUNG
Prof. Fredmund Malik hat schon vor Jahren in seinem Klassiker »Führen – Leisten – Leben« drei Gründe für den enorm gestiegenen Bedarf an Führungskräften ausgemacht:
- Explodierende Komplexität
- Beschleunigte Dynamik des Wandels
- Soziale, politische u. wirtschaftliche Turbulenzen
Noch bevor Unternehmen wie Amazon, Ueber, Netflix, Airbnb, PayPal … damit begannen, unser Leben grundlegend zu verändern, prognostizierte der Managementprofessor diese Umwälzung:
»In wenigen Jahren wird fast alles neu und anders sein: was wir tun, wie wir es tun und warum wir es tun – wie wir produzieren, transportieren, finanzieren und konsumieren, wie wir pflegen und heilen, erziehen, lernen, forschen und innovieren, wie wir informieren, kommunizieren und kooperieren, wie wir arbeiten und leben. Und als Folge ändert sich auch: wer wir sind.« (1)
Eine kühne Behauptung, die in einer enormen Geschwindigkeit zur alltäglichen Realität geworden ist. Parker, Van Alstyne und Choudary gehen in ihrem spannenden Buch »Die Plattform-Revolution« den wirtschaftlichen Aspekten des Wandels nach. Ihre Behauptung: Netzwerke rollen den Markt auf und verändern unseren Alltag grundlegend.
DIE ANFORDERUNG
Dieser Wandel ist als eine wesentliche Ursache dafür zu betrachten, warum wir alle mehr Führungsverantwortung übernehmen müssen. Das angesagte Thema der »Selbstführung« ist ein Ausdruck davon. Jeder muss führen, und wenn es Selbstführung ist. Darauf beschränkt es sich aber in der Regel nicht. Die Reichweite der Verantwortung wächst schneller als vielen lieb ist. Wir müssen aktiv werden und FÜHREN!
DIE FLUCHT VOR DER VERANTWORTUNG
Das kostet Kraft, ist nicht immer angenehm und wird von der Versuchung begleitet, sich »ins Private« zurückzuziehen. Diese Flucht vor der Verantwortung ist auf allen Ebenen des Lebens zu beobachten. Nicht nur im Privatleben, auch in Politik und Wirtschaft. Kopfschüttelnd fragen wir: »Warum macht man da nichts, wenn man das schon seit Jahren weiß?!« Aber auch in der Kirche, in Vereinen oder in kommunalen Einrichtungen ist das zu beobachten: lange bekannte Probleme werden nicht wirklich angepackt.
DIE KRISE DER VERANTWORTUNG
Nicht erst die #metoo Kampagne hat ein »Heldensterben« eingeleitet. Verantwortliche, die nicht integer führen, belasten und zerstören das Vertrauen in Leiter. Das tut dem wichtigen Thema der Führung gar nicht gut! Aber es ist sicher notwendig! Auf der anderen Seite ist der (zu) kritische Blick auf Verantwortliche die andere Seite, die einen vom Pferd fallen lässt. Als Christen wissen wir um unseren Bedarf an Erlösung. Auch Führung braucht Erlösung. Ist die christliche Gemeinschaft in der Lage, ihrer Kultur zu zeigen, wie »erlöste Führungsarbeit« aussehen kann, die mit der Schuld des Menschen und der Gnade Gottes rechnet und lebt?
WO FINDET MAN DIESE FÜHRUNGSKRÄFTE?
Malik warnt davor, nach dem Genie Ausschau zu halten. Nach dem Naturtalent, der geborenen Führungskraft oder der idealen Leiterpersönlichkeit. Warum nicht? Einfache Antwort: Das ist eine seltene Spezies! Oder anders gesagt: Genies sind nicht in ausreichender Zahl verfügbar! Nur gewöhnliche Menschen sind in genügend großer Zahl vorhanden. 🙂 Uns stellt sich damit die Frage, wie es zu schaffen ist, gewöhnliche Menschen so zu befähigen, dass sie Führungsverantwortung übernehmen können?
NACH WAS SCHAUEN WIR?
Wie können wir gewöhnliche Menschen entdecken, die eine Grundbereitschaft zur Übernahme von Verantwortung mitbringen? Malik ist sich sicher, dass man das nur durch BEOBACHTUNG herausfinden kann. Dem stimme ich ohne Einschränkung zu. Nach was aber ist Ausschau zu halten? Welche Einstellungen, Haltungen und Verhaltensweisen sind zu entwickeln, um sich für eine Führungsverantwortung zu empfehlen?
Hier stelle ich die 6 Eigenschaften vor, nach denen ich seit bald vier Jahrzehnten in Menschen Ausschau halte. Eigenschaften, die sich bewährt haben und von vielen anderen Führungskräften ebenfalls genannt werden:
- VERFÜGBARKEIT
- LEISTUNGSBEREITSCHAFT (Eigenantrieb, Biss, Pragmatismus)
- GEISTLICHE BEWEGLICHKEIT
- BELEHRBARKEIT
- CHARAKTER – Integrität
- EINFLUSS (Menschen, Teams … Begeistern u. mitnehmen)
In einem Schaubild habe ich mir darüber hinaus Kernpunkte der Führungsperson in meinem Umfeld, also der Kirche, zusammengefasst.
Im Grundkurs Leitung stehen weitere Impulse, Arbeitsblätter und Hilfen zum Thema bereit. Die Serie EXPONENTIAL auf dem Blog vertieft die Frage nach der Auswahl und dem Training zukünftiger Führungskräfte. Die Reihe BEWEGER reflektiert den Bedarf an Führungskräften für die Kirche.
(1) Malik, Fredmund, Führen – Leisten – Leben, Frankfurt 2006, Seite 20