Es ist schon gut, wenn eine Führungskraft den Durchblick hat. Aber in Zeiten wie diesen, ist das nur bedingt möglich. Die Dinge nicht im Griff zu haben, kann Leitende nervös, hektisch und angespannt werden lassen. Wo doch Souveränität und Gelassenheit besonders nötig wäre! Leichter gesagt als gelebt!
Welche Hilfe können Verantwortliche aus dem christlichen Glauben erwarten? Wie wird eine Führungskraft gelassen, gerade jetzt?
Gib mir Gelassenheit …
Gelassenheit ist ein klasse Zug. Sie steht jedem gut. Besonders einer Führungskraft. Gelassenheit ist nicht Teilnahmslosigkeit, Desinteresse oder Gleichgültigkeit. Ganz das Gegenteil: Ein gelassener Mensch kann sehr leidenschaftlich, kämpferisch und engagiert sein. Was ist der Punkt? Ein gelassener Mensch hat gerade in kritischen Situationen einen guten Blick für die Realität.
Fakten sind Freunde. Er oder sie sieht die Grenzen, Hindernisse und Herausforderungen. Dabei bleiben sie dann nicht stehen! Sie sehen „um die Ecke“ – hinter den Horizont. Das macht sie gelassen und erfüllt sie mit tiefem Vertrauen. In was? Vielleicht in die eigenen Fähigkeiten. Die bisherigen Lebenserfahrungen. Oder in andere Menschen. Auf alle Fälle erwarten sie, dass die Situation so nicht bleibt. Wenn nicht unmittelbar, dann doch in näherer Zukunft.
Der Christ hat genau dieses Vertrauen. Er „wettet“ sozusagen auf die Zukunft. Wie das Investoren tun. Er wettet auf den Höchsten! Hat Gott mit auf seiner Rechnung. »Ja, gerade ist es wie es ist. Ich sehe das, bin Realist und leugne nicht! Aber: es bleibt nicht so!«, ist seine Überzeugung. Das aktiviert ihn. Wie?
Gott auf der Rechnung!
Die Führungskraft, die mit Gott am Start ist, sieht IHN in allen Umständen:
»Auf all deinen Wegen erkenne nur ihn, dann ebnet er selbst deine Pfade!« | Sprüche 3,6
Gott auf der Rechnung zu haben, hilft zu Realismus und Gelassenheit. Sprüche 3,6 muss aber mit Vers 5 gelesen werden. Dann geht der Text so: »Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand! Auf all deinen Wegen erkenne nur ihn, dann ebnet er selbst deine Pfade!« | Sprüche 3:5-6
Der Game-Changer
Der Christ setzt sein Vertrauen auf Gott und stützt sich nicht auf das, was sein Verstand ihm an Informationen bereitstellt. MERKE: Es heißt nicht, dass ein Christ seinen Verstand nicht gebraucht. Natürlich tut er das! Er sieht den Verstand als eine Gabe von Gott. Er sieht Gott, erkennt ihn, entdeckt seine Anwesenheit in allen Lebensumständen. Das ist der Joker. Der Knaller. Der Game-Changer!
Zwischen gebrauchen und sie auf ihn stützen besteht aber ein wichtiger Unterschied. Der Apostel Paulus lehrt die junge Kirche in Korinth: »Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk …« (1. Korinther 13,12) Christen wissen um die Grenzen dieses wunderbaren Werkzeuges von Gott. Deshalb nehmen sie Gott – auf all ihren Wegen – mit auf die Rechnung.
Der US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr hat ein Gebet verfasst, das weite Verbreitung gefunden hat und Gelassenheit treffend umrissen:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Wie macht das nun die Führungskraft konkret?
Indem sie loslässt, überlässt und sich auf Gott einlässt. Immer wieder neu. Dazu habe ich ein Predigt im Biergarten der Kirche im Brauhaus gehalten. Wenn Du Dich weiter orientieren oder ermutigen lassen möchtest, dann findest Du sie hier. Beginne bei Minute 15!
Ich erinnere mich immer noch sehr gut an den Waldspaziergang, den ich als junger Leiter eines Hauskreis machte. Ich besprach mit Gott meine Sorgen um bestimmte Teilnehmer dieses Hauskreis. Ich wollte wissen, wie ich sie besser anleiten könne, damit sie Probleme vermeiden könnten, die ich auf sie zukommen sah.
Gottes Antwort ist mir unvergessen: „Charly, das ist nicht dein Hauskreis, das sind nicht deine Leute. Das ist mein Hauskreis und meine Kinder. Ich bin Derjenige, der sie besser bewahren und führen kann. Also lass sie los und überlasse sie mir.“
Das hat mich damals sehr im Herzen getroffen. Ich setzte das um, indem ich darauf achtete meine Grenzen einzuhalten und Gott zu vertrauen und IHM die Führung überlasse. Das bewirkte, dass unser Hauskreis zu einer starken, tragfähigen Gemeinschaft wurde. Diese Lektion habe ich dann in jeder weiteren Leitungsfunktion beachtet. Ich konnte immer immer wieder sehen, wieviel besser das funktioniert. Besser als wenn ich weiter angenommen hätte, wie wichtig ich als Leiter im Leben der anvertrauten Christen doch sei. Meine Aufgabe war und ist, auf Christus zu verweisen, den Jüngern zu helfen, in Gott Orientierung zu finden.
Es ist nicht alleine zu lernen loszulassen. Es bedeutet auch, Demut zu lernen und seinen tatsächlichen Platz in der Aufgabe zu finden, in die Gott dich gestellt hat. Im Leib Christi zu führen, bedeutet mehr Begleiten als Vorangehen. Zu verstehen, dass die anvertrauten Menschen wichtiger sind, als jedes Programm, als jede Aktion. Wie es Jesus uns ja sagte: Der gute Hirte sucht das eine, verlorene Schaf und vertraut der Herde, dass sie auch ohne ihn für diese Zeit klar kommt.
Das wirklich im Herzen zu verstehen, macht tatsächlich gelassener.
Guter Punkt, begleiten. Aber nicht die einzige Idee, wie Führung im Wort von Gott beschrieben wird. Das Bild des Hirten transportiert auch die Idee, dass Leiter vorangehen. Als Vorbilder der Herde. Dann sind Leiter aufgefordert, durch ihr Beispiel zu leiten, zu dienen (Joh. 13), als Vorbild zu leiten (1. Petrus 5,3). Ermahnen, ermutigen, zurechtweisen, verbieten, ausschließen … sind ebenso NT Realitäten, die ein begleitendes, geduldiges und gelassenes coachen ergänzen. Alles zu seiner Zeit, in der richtigen Situation und je nach eigener Berufung. Immer aus Liebe zu Gott und Liebe zu den Menschen. Die Schwäche des Leitungsbildes ist sicher, wenn es auf eine Dimension reduziert wird. Wenn man nur mit einem Hammer umzugehen versteht, wird alles zu einem Nagel. Das wäre schade und schädlich!
Wir können uns nicht auf unsere Lebenserfahrung und schon gar nicht auf andere Menschen verlassen. Eine Situation wie diese, hatten wir noch nicht. Und ja, Gott ist da. Er ist auch der Game-Changer. Das heißt aber nicht, dass jetzt oder in naher Zukunft alles wieder gut wird, vielleicht nicht einmal besser. Vielleicht kommt es sogar noch dicker. Ich glaube, Gelassenheit ist eine Gabe des Heiligen Geistes, die aus der Ewigkeit kommt und die uns eine Ewigkeitsperspektive gibt. Diese Gelassenheit wünsche ich uns, denn ich befürchte, dies ist erst der Anfang der Wehen. Es kann noch schlimmer werden, deutlich schlimmer. Ich hoffe, ich irre mich – darauf verlasse ich mich aber nicht, sondern strecke mich lieber nach der Ewigkeitsgelassenheit aus, nach der Ewigkeitsperspektive…Nur mal so…