Was ich von relevanten Gemeinden gelernt habe … | Teil 4

Anfang des Jahres hatte ich fast drei Monate Zeit, um etwa 20 Gemeinden im deutschsprachigen Europa und in den USA kennen zu lernen. Was ist von diesen Gemeinden zu lernen, die christozentrisch und relevant in ihrer Kultur wirken? 

Im ersten Teil habe ich die Kerneinsichten “Auftrag und Momentum” beschrieben. Der zweite Teil hat das Thema “Leitung” aufgegriffen. Nachdem ich in der letzten Woche die Frage nach der “Gemeindegröße” angesprochen habe, vertiefe ich das Thema mit dem Stichwort “Movement”!

Movement?

„Was meint der Begriff?“, wird sich mancher fragen. Movement meint auf deutsch: Bewegung. Die relevanten Gemeinden, denen ich begegne, verstehen sich nicht als eine Einzelgemeinde. Sie haben eine Sicht für das „Reich Gottes“. Für Multiplikation. Für Vernetzung. Für das „große Bild“ von dem, was Gott tut. Und sie sind mitten drin.

Eine Bewegung von Gemeinden

Sie sehen sich nicht als eine Einzelgemeinde, sondern als eine Bewegung von Gemeinden, die sehr unterschiedlich miteinander verbunden sind: Tochtergemeinden, Gemeindegründungen, Sites (siehe Beitrag Gemeindegröße), Netzwerkgemeinden, Zielgruppengemeinden … Auf alle Fälle sind sie viele Gemeinden und wollen weiter expandieren. Ihre Größe wird nicht immer in einer Veranstaltung an einem Ort sichtbar, sondern oft erst im Netzwerk. Sie haben Gottesdienste, zu denen buchstäblich Tausende kommen aber auch Gottesdienste, die einen kleinen Rahmen bieten. Immer aber mit dem Bewusstsein für Größe, Dynamik, Einfluss. Sie sind eine große Gemeinschaft, lieben es zu einer großen Gemeinschaft zu gehören und wollen ihre Gegend und darüber hinaus durchdringen. Sich ausbreiten. Einfluss ausüben. Teil des Reiches Gottes sein, das zwar im Saatzustand nur Senfkorngröße hat, aber richtig groß werden wird! Sie haben keine Angst vor diesem Wachstum und dieser Ausbreitung! Im Gegenteil: mit einem Pioniergeist ausgestattet sind sie über diese Möglichkeit begeistert. Sie wollen ihre Nachbarschaft verändern. Ihre Region mit der Liebe Gottes berühren. Menschen zurück nach Hause, zu Gott, führen.

Ein hoffnungsvolles Bild von Gemeinde …

Und sie denken „GEMEINDE“. Die Begeisterung von Gemeinde schlägt mir entgegen. Für mich ist es ein Kontrastprogramm: Viele Leute, denen ich in meiner christlichen Szene (freikirchlich und landeskirchlich) begegne, sind ernüchtert von Gemeinde. Haben kaum Hoffnung für ihre Kirche und wenden sich eher ab. Suchen in neuen Gemeinden eine Zukunft, oder aber sind „gemeindelose Christen“„The Potential and The Power of the Local Church“ ist für die Christen in den Gemeinden, denen ich begegne, nicht nur ein Satz von Bill Hybels. Die Leute in den Kirchen sind begeistert von ihrer Gemeinde und überzeugt davon, dass sie dieses Potential und diese Kraft als Gemeinde von Jesus haben, um in dieser Welt den Auftrag zu erfüllen. Leiter, Mitarbeiter, Leute … die nicht in „Para-Kirche“ flüchten, weil in ihrer Gemeinde sowieso nichts geht. Sondern eben Christen, die ganz viel Hoffnung für ihre Ortsgemeinde von Gott haben. Ich treffe auf Leute die an die einzigartige Berufung und Identität von Gemeinde glauben und von ihr begeistert sind, auch wenn noch vieles sich entwickeln muss.

Gemeinde mit Einfluss

Solche Gemeinden sollen entstehen, sich multiplizieren und Einfluss nehmen. Und in dieser Welt Gutes tun für die Verlorenen, die durch die Gemeinde Christus kennen lernen. Und für die Armen, die Vergessenen, von Ungerechtigkeit geplagten, Benachteiligten …, denen diese Gemeinden wirklich helfen. Ihnen wollen diese Kirchen ihre Stimme leihen und sie zurück zum Vater bringen. Zur Erlösung in Christus und zur Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in dieser Welt. Das sind keine Alternativen oder Gegensätze, sondern Konsequenzen aus dem Evangelium: Rettung durch Jesus, Verkündigung der guten Nachricht „Hand in Hand“ mit Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in dieser Welt. So drückt sich die Liebe Gottes durch die Gemeinde aus. Das ist so ansteckend. Das wird zur Bewegung, zum Movement: Immer mehr Gemeinden entstehen, die sich zu einer Gemeindebewegung mulitiplizieren. Und mehr noch: Gemeindebewegungen, die sich multiplizieren!

Teil von Gottes großem Plan

Dieses Bewusstsein, Teil von einem großen Plan Gottes in dieser Welt durch seine Gemeinde zu sein, inspiriert. Könnte die Gemeinde, in der ich zur Zeit als Pastor mitarbeite, so eine Entwicklung nehmen, frage ich mich immer wieder? Wollen wir das überhaupt, oder doch lieber mit Familie und Freunden ein beschauliches Leben führen? Wie würden meine Leiterfreunde, Pastoren, Gemeindemitarbeiter im Lande diese Frage beantworten? Was hindert Leute in unseren Kirchen, sich darauf einzulassen?

Eine kleine Umfrage will das etwas erhellen, die die Voraussetzungen untersucht. Hast Du schon mitgemacht? Wäre eine gute Hilfe. Hier geht’s zu Umfrage (2 Minuten!).

Und ich muss auf alle Fälle zugeben: Im Unterschied zu meiner bisherigen Gemeindeerfahrung werden die Kräfte der Gemeinde nicht zu einem großen Teil für Binnenthemen und Abläufe verbraucht, sondern sind nach außen freigesetzt. Und das bringt uns zu den Stichworten „missional“ und „attraktional“. Ein weiterer Aspekt der Gemeindegröße. Aber dazu im nächsten Beitrag mehr.

FAZIT: Leute in relevanten Gemeinden sind begeistert von der Idee GEMEINDE. Sie haben ein positives Bild von Kirche, sehen sich als Teil des Reiches Gottes, dessen Trailer die Gemeinde ist. Sie verstehen das Potential der Kirche Jesu, sich zu multiplizieren und glauben an die Möglichkeiten und die Kraft der Kirche Jesu Christi! Deshalb träumen sie von der Multiplikation und Ausbreitung der Gemeinde. Deshalb bleiben nicht bei einem Gottesdienst, einer Location, einer Gemeinde stehen. Sie werden zu einer Bewegung, die den Erdkreis auf den Kopf stellen will. Mit einer starken Verkündigung in Worten und Taten. In der Kraft des Heiligen Geistes, mit der Hilfe Gottes, in der Sendung von Jesus.

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
Dieser Beitrag wurde unter Die Aufgabe der Leitung, Lothars Leiterpost abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten zu Was ich von relevanten Gemeinden gelernt habe … | Teil 4

  1. Krissie schreibt:

    Wow, welch ein FAZIT!!! So soll es sein, da will ich dabei sein, ich FREU mich auf so ein Leben in Bewegung(en)! Danke fürs Teilen und Berichten, Lothar 🙂

  2. Pingback: Was ich von relevanten Gemeinden gelernt habe … | Teil 5 | Esslinger Leiterforum

  3. Andy schreibt:

    Auch von mir ein dickes Dankeschön, Lothar! Was ich erlebe deckt sich zu hohen Teilen mit deinen Beobachtungen und mit dem was du schreibst… Ich beobachte allerdings auch so etwas wie eine Einschränkung. Es ist eine neue „Generation“ (und damit meine ich nicht nur Jugendliche) die in diesem „Spirit“ aufsteht und sich identifiziert mit Gemeinde zeigt. Mein Schmerz den ich als Pastor dabei erlebe ist, dass offensichtlich etwas Neues an denen vorbeizieht die immer glaubten sie seien das Zentrum von Gemeinde…

    • Lothar Krauss schreibt:

      Den Schmerz kenne ich auch Andy! Was können wir machen? Persönlich? In unserem Bund? Die Geschichte von Gemeinschaftsverbänden und (Frei-)Kirchen zeigt, dass auch ein guter Teil von uns bald Geschichte sein kann, wenn wir uns nicht entwickeln! Und wir Leiter sind in einer Schlüsselrolle.

  4. Pingback: Was ich von relevanten Gemeinden gelernt habe … | Teil 6 | Esslinger Leiterforum

  5. Pingback: Exponential (2): Zuerst eine Kultur prägen! | Esslinger Leiterforum

Kommentare sind geschlossen.