3 Schritte hin zu einer relevanten Kirche | 4

Auf der BFP Konferenz für Leiter habe ich einen Vortrag zur Frage beigesteuert, wie der Wandel hin zu einer relevanten Kirche aussehen kann. In 5 Gemeinden habe ich den Prozess aus erste Hand miterlebt und angeleitet. Heute kommt der letzte Teil der Miniserie der die Frage aufgreift, welche Schritte eine Kirche gehen sollte, um tatsächlich relevant zu werden. Die Fokuspunkte des Wandels habe ich hier beschrieben.

Relevante Kirche!

Allein die Vokabel „relevant“ löst bei einigen Beklemmungen aus. Eigentlich ist das nicht nötig. Relevant bedeutet laut DUDEN: Bedeutsamkeit, Wichtigkeit. 

Wenn ich von einer relevanten Kirche schreibe meine ich eine Kirche, die in zwei Richtungen eine Bedeutsamkeit und Wichtigkeit entfaltet: zuerst soll sie relevant für Gott sein! Und relevant, für die sie umgebenden Kultur! Mehr zu diesem Punkt ist in diesem Post zu lesen. Welche Schritte sollte eine Gemeinschaft zuerst gehen, um eine relevante Kirche zu werden? 

3 entscheidende Schritte

1. In uns, dann durch uns!

Zuerst: Gottes Methode sind Menschen! Nicht Strukturen, Strategien, Events oder Programme. Diese Dinge sind wichtig, nötig und gut! Aber sie kommen erst in der dritten Runde! Alles beginnt also mit Menschen! Und zwar im Menschen! Konkret: In seinem Herzen (Sprüche 4,23). Das Herz ist die Schaltzentrale des Menschen. Deshalb meine ich, dass jeder Prozess der Gemeindeerneuerung hier seinen guten und gesunden Ausgangspunkt nimmt. Was passiert mit dem Menschen, mit seinem Herzen?

Das Herz wird ausgetauscht (Hesekiel 36,26-27) und mit dem Feuer der Liebe von Gott durch den Heiligen Geist entzündet (Römer 12,11, Römer 5,5, Matthäus 3,11)

In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst. | Augustinus

„Brennende Leute“ braucht die Kirche. Auf allen Ebenen und in allen Rollen. Eine Kirche, die mit brennenden Leuten gesegnet ist, hat alle Optionen! Menschen, die brennend für Jesus und seinen Auftrag sind, sind das große Geheimnis. Brennende Leute können unterschiedlichste Konzepte von Kirche erfolgreich leben. Man mag denken, dass es am tollen „Modell von Kirche“ liegt, an dem sich die Gemeinde orientiert. Aber es sind die Menschen, die so mit Gott am Start sind. Sie dienen mit Feuer der Gemeinschaft. Alle haben den Nutzen (Epheser 4,11 f) Ihr Weg ist ein Miteinander! Das ist sehr wichtig! Warum?

Damit das Feuer nicht ausgeht (Epheser 5,18-20). Es brennt sozusagen nur in Gemeinschaft dauerhaft. Einer zündet den anderen immer wieder an. Eigentlich logisch, wenn wir bedenken, dass wir ins Ebenbild Gottes geschaffen sind. Und Gemeinschaft ist Gottes eigene Identität, die er uns in unsere „Gene“ geschrieben hat.

Vor Jahren stieß ich dazu auf das Bild der glühende Kohle, die sich gegenseitig „anheizen“. Jeder Prozess der Erneuerung braucht ein Team, das miteinander für Jesus und seine Sache brennt! Während meiner Studienreise 2013 durch 20 Kirchen der westlichen Welt traf ich immer auf Teams, die leidenschaftlich und gemeinsam dem Auftrag verpflichtet waren. Auch in 33 Jahren hauptberuflicher Erfahrung bestätigte sich diese These. Erneuerung gelang dort besonders gut, wo sich ein Team zusammenfand. Gifhorn und der Prozess der Erneuerung wäre – menschlich gesprochen – ohne das großartige Team aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern nicht denkbar!

2. Von bedürfnisorientiert zu auftragsorientiert!

Dieser zweite Schritt ist besonders schwierig zu erkennen. Viele Freikirchen (das ist mein Background, von dem her ich reflektiere) würde für sich in Anspruch nehmen, genau das zu tun! Doch das ist häufiger genau nicht der Fall. Das wird oft erst dann deutlich, wenn die Punkte, die dem eigenen Bedürfnis entsprechen, durch die Veränderung berührt werden. Es folgt: ein Aufschrei, Spannung, Konflikt, Krise, Spaltung …

  • Wenn die Lieblingssongs nicht mehr gesungen werden!
  • Wenn (m)eine Familie … an Einfluss verliert!
  • Wenn die Bühne umgestaltet wird!
  • Wenn das Gemeindezentrum in einem anderen Stil renoviert wird!
  • Wenn Finanzen für Themen investiert werden, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen.
  • Wenn „meine geistliche Erfahrung“, die mich prägte, in der aktuellen Situation an Bedeutung verliert (weil der Heilige Geist eben immer neu wirkt! und neue Erfahrungen ermöglicht. Stichwort für die Profis: Manna sammeln 😉)

Ihr könnt die Liste sicher lange fortschreiben.

In Coronazeiten kommen noch ein paar pikante Punkte dazu:

  • Ich komme nicht, weil ich den Abstand nicht einhalten will. 
  • Ich komme nicht, wenn ich Mundschutz tragen muss!
  • Ich fühle mich durch die Politik bevormundet!
  • Ich will meine Daten nicht hinterlassen!

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Kleiner Sidekick: »Äh, Dein Bedürfnis in Ehren, aber ist das wirklich der Punkt, dass Du Dich der Gemeinschaft entziehst, nicht mit Deinen Gaben dienst (1. Petrus 4,10), die Atmosphäre mitprägst, mitwirkst, die andere allein im Regen stehen lässt usw. – Ein Mundschutz, Abstand … reicht aus? Dein Bedürfnis wird nicht so berücksichtigt, wie Du es erwartest und schon bist Du raus? Krass! Nimm Dir ein Beispiel an Paulus! (1. Korinther 9,22). Ich wundere mich über Christen die beten: „Gott, ich gebe Dir mein ganzes Leben!“ Aber wenn mein Bedürfnis, ohne Mundschutz jetzt durch die Welt gehen zu wollen berührt wird, tja dann …« ECHT JETZT?

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„Bedürfnisorientiert“ gibt es auch aus der Perspektive junger Leute: Ich will einer Kirche angehören, die cool ist, deren Leiter cool sind, die angesagt ist, coole Musik nutzt, coole moderne Medien … Wenn es der Auftrag von Gott für Dich ist: Perfekt! Wenn nicht, dann bist auch Du auch bedürfnisorientiert am Start! So ist es!

Alles dreht sich nur noch um die VIP’s …

Viele Kirchen drehen sich um sich selbst. Und die Bedürfnisse ihrer Mitglieder. Wenn dann ein Aufbruch hin zum Fokuspunkt 1 (Menschen sollen heimkommen) geschieht, ist bald eine Klage zu hören: »Hier dreht sich nur noch alles um Nichtchristen, neue Christen … Ich will endlich Schwarzbrot. Wenn nicht, suche ich mir eine andere Kirche!« Sicher kann einer Kirche im Prozess der Erneuerung eine gesunde Balance verlorengehen, korrekt. Das ist aber zunächst nicht die Ausgangslage unserer Kirchen im Lande! Schau Dir dazu die Studie von Prof. Dr. Philipp Bartholomä an. Ich denke an einen Opa am Kachelofen …

Der Opa am Kachelofen …

Ich habe zuweilen diese Bild vor Augen: »Ein neuer Erdenbürger ist zur Großfamilie gestoßen. Alle schauen nur noch nach dem Baby. Irgendwann hört man die missmutige Stimme vom Opa am Kachelofen: Ein Leben lang habe ich mir den Buckel krumm gemacht für euch alle, und jetzt dreht sich alles nur noch um diesen Balg!« 

3. Von den Mitteln zum Zweck

Das ist häufig die Konsequenz aus dem zweiten Schritt. In unseren Kirchen und Gemeinden wird oft über die Mittel diskutiert: Stile, Musik, Lautstärke, Raumgestaltung, Angebote der Gruppen, Strukturen, Strategien … Alles wichtige Punkte! Aber sie gehören mehr zu den Mitteln, die wir verwenden, um den Zweck zu erreichen. Es sind Werkzeuge! Nicht der Zweck unserer Existenz als Kirche!

Deshalb fragen wir konsequent im Prozess der Erneuerung: Helfen uns die Mittel dazu, den Zweck zu erfüllen? Sicher sind auch ethische Fragen mitzudenken, wenn wir so fragen. Nicht alle Mittel passen für uns. Was sich aber eignet, könnten wir in Betracht ziehen, wenn es zu unserem Kontext passt! Ganz so, wie es sensible Missionare in aller Welt tun!

»Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!«

Dieser humorvolle Vergleich ist schon ein Treffer! Geht es um mich, meine Vorlieben, meinen Geschmack? Oder hat der Zweck der Kirche die Priorität und die eigenen Vorlieben stellen wir einmal in die 2. Reihe. Was besorgt uns: wenn unsere Vorlieben nicht bedient werden, oder wenn wir den Auftrag kaum erfüllen? (Matt. 28,19-20, Matt. 22,36-39, Johannes 17,20-21)

Häufiger fällt mir auf, dass mir nur wenige Leute in Kirchen begegnen, die liebevoll besorgt darüber sind, dass so wenige Menschen heimkommen zu Gott. Besorgt darüber, das so wenig echte Lebensveränderung und Jesusähnlichkeit in langjährigen Christen entsteht. Liebevolle Werke im Sinne von Matt. 5,16 passieren immer mehr – das ist genial. Doch oft nur von 10 – 20 % der Kirchenleute einer Freikirche. Wäre genial, wenn noch mehr ihre Gaben als Aufgaben, Berufungen begreifen, wie in 1. Petrus 4,10 aufgezeigt wird. Das sollte uns beschäftigen! Finde ich.

Eine Kirche, die mit diesen drei Schritten sich auf den Weg der Erneuerung begibt, hat eine starke Ausgangslage für den Prozess. So wird die Gemeinde übrigens zu einem Original, keiner Kopie einer Marke oder eines Trends. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

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Das Video vom Vortrag auf der BFP Konferenz

Ab Minute 27 beginnt mein Vortrag, der 23 Minuten 🙂 geht.

Über Lothar Krauss

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