Shift | Gesellschaft im Wandel – Kirche auch? In meinem Vortrag habe ich drei Fokuspunkte genannt, auf die es ankommt, wenn eine Gemeinde sich zu einer relevanten Gemeinde wandeln will.
Meine Überzeugung und Erfahrung: Kirche muss sich wandeln – Kirche kann sich wandeln! Wie im Vortrag versprochen, kommen hier meine Thesen. Etwas ausführlicher. Weiterführende Links sind auch dabei:
Engagiere Dich für den Wandel der Kirche!
Kirche kann sich wandeln! Und Du kannst eine Rolle dabei spielen und einen Unterschied bewirken! Das ist meine feste Überzeugung.
Eine Warnung noch vorab:
Ich stelle hier 3 Fokuspunkte vor, die recht harmlos und bekannt aussehen. Doch Vorsicht! Lass Dich nicht täuschen! Diese drei Punkte haben es „in sich“! Ihr Potential entfaltet sich erst, wenn sie wirklich angepackt werden. Wie man einem Saatkorn nicht auf den ersten Blick ansieht, welches Potential in ihm steckt. Nur der Kenner erkennt es. So ist das auch mit den Fokuspunkten.
Ein Link – drei Fokuspunkte
Ich nenne drei Fokuspunkte, die mir nach 33 Jahren Studium und Praxis nicht mehr aus dem Kopf gehen. Es gibt noch mehr Dinge, die eine Rolle spielen. Und ich bringe ja auch meine Vorlieben mit an den Start. Ich liebe zum Beispiel toll gestaltete moderne Räume. Persönlich wäre das Industrial Design meine erste Wahl. Und guten lockeren Smooth Jazz mit talentierten Musikern. Toller Kaffee, lockere Atmosphäre und begeisternd abgehende Leute im Gottesdienst(event) runden es ab. Das wäre mein Ding. Am Sonntag … Aber wir wollen ja keine reine Eventkirche …
Blöderweise ist das alles nicht so wichtig, wie diese drei Fokuspunkte. Hier und da ist es schon wichtig, dass man als Kirche solche Elemente einbaut. Aber wenn es um Gemeindeerneuerung geht, spielen sie nicht 1. Liga. Schade eigentlich …
Erneuerung ist immer eine komplexe Sache.
Viele Artikel habe ich bereits dazu geschrieben. Eine Übersicht könnt ihr hier finden. Deshalb blende ich die anderen (wichtigen!) Aspekte jetzt einfach mal aus. Die ganze Aufmerksamkeit liegt hier mal auf diesen drei Punkten. Und zwar auf allen drei Punkte gemeinsam! Wie bei einem Dreirad: es braucht alle drei Räder, um entspannt zu fahren!
Grundgedanke: Relevant fokussieren!
Zu jedem der Punkte werde ich noch ein Video machen, das ausführlicher auf den Punkt eingeht. Also, am besten den Blog abonnieren, dann verpasst Du nichts 😁.
Relevant!
Ich weiß, dass dieser Begriff hier und da ein Reizwort ist. Wobei Relevant laut DUDEN ja „nur“ bedeutsam, wichtig meint. Kirche muss unbedingt relevant sein. Das ist meine feste Überzeugung.
Eine für Gott relevante Kirche ist auch für die Gesellschaft relevant!
Und zwar relevant für Gott und relevant für die Kultur, in der sie aktiv ist. Ich bin sogar der Meinung dass eine Kirche, die für Gott Bedeutung hat, automatisch auch für die Gesellschaft Bedeutung gewinnt. Relevant ist. Wie ich darauf komme?
Wenn ich mir die Sendung von Jesus anschaue (Missio Dei) erkenne ich, dass diese Liebe von Gott durch Jesus auf Menschen zugeht. Und zwar auf Leute, die von den „Frommen“ abgeschrieben waren (z.B. Zöllner … vgl. Luk. 15,1-2). Das hat den geistlichen Leitern nicht so gefallen. Aber Jesus blieb unbeirrbar und zeigt damit das Herz von Gott. Also, eine für Gott relevante Kirche ist immer eine Kirche, die diese Welt liebt (Joh. 3,16).
Relevant durch Liebe
Wir kennen das aus eigener Erfahrung: Menschen, die uns lieben, sind für uns relevant. Wir sind offen für sie, hören hin. So geht es Leuten mit uns: wenn wir echte Liebe zu Menschen leben, uns für sie als Personen interessieren, Anteil nehmen … dann berühren wir Herzen. Diese gelebte Liebe ist die Schnittstelle. Relevant werden wir für unsere Kultur zuerst und vor allem durch unsere Liebe zu Menschen, die nicht zu unserer (geistlichen) Familie, gehören, nicht in „unserer Blase“ zuhause sind. Und wenn wir Christen uns noch gegenseitig annehmen und lieben, kommen wir in die „Pool Position.“ Liebe ist unser Markenkern und Markenzeichen als Christen (Joh. 13,35) – oder?!
Jetzt kommen endlich die drei Fokuspunkte, von denen ich die ganze Zeit rede, äh schreibe. Sie sollten uns orientieren, wenn wir in den Prozess der Entwicklung, Veränderung und Erneuerung einsteigen, um eine relevante Kirche zu werden, zu sein oder auch zu bleiben. Bleiben ist wichtig, denn sehr schnell geht das, was uns geschenkt war, auch wieder verloren, wenn wir nicht darauf achten!!!
Drei Fokuspunkte
1. Menschen sollen heimkommen!
Kirchen, die relevant für Gott und Menschen sind, erleben, wie in ihrer Mitte “Menschen“ heim zu Gott finden. Wenn eine Gemeinde also vor dem Wandel steht ist die Frage zentral: Wollen wir zu einer Kirche werden, in der beständig “Menschen nach Hause zu Gott kommen“? Ständig neue Leute, Babys, ewig viel Arbeit, viel geht in die Hose, Geschrei, mühsame Erziehung … Viele Kirchen, zumindest im freikirchlichen Sektor, würden spontan sagen: Ja klar! Natürlich.
Aber: Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Und Fakten sind Freunde. 2007 habe ich im Auftrag des BFP eine Studie zur missionarischen Strahlkraft des BFP aus Anlass des 100jährigen Bestehens der Pfingstbewegung in Deutschland gemacht. In einer umfangreichen Studien, quantitativ (alle Daten aus allen BFP Kirchen der Jahre 2002 – 2006) und qualitative Interviews (die besten Wachstumsergebnisse persönlich nachgefragt und im Detail geklärt! ca. 20 Interviews) geführt.
Konkret fragte ich: Seid ihr gewachsen durch
- Transfer – Christen haben ihre Gemeinde gewechselt
- Taufe von Leuten, die aus anderen Kirchen mit anderem Taufbekenntnis zu euch kamen
- Kinder der Gemeinde, die sich taufen ließen (was cool ist, denn dass die Kids der Church sich für die Nachfolge von Jesus entscheiden, ist nicht selbstverständlich!)
- Taufe eines Menschen, der bislang keinen Bezug zum Glauben hatte und nun erstmals zum Glauben gekommen ist und sich für die Nachfolge von Jesus entschieden hat.
0,3% des Wachstums unserer Kirche beruhte im 5 Jahres-Rückblick auf Leuten, die zu Punkt 4 gehören. Überhaupt war es so, dass 2/3 aller deutschen BFP Gemeinden (wir hatten 2007 ca. 33% internationale Gemeinden im BFP) stagnieren oder sogar schrumpfen. 1% Wachstum – aus vielen Gründen. 0,3 % Erstentscheidungen kirchenferner Leute. Ich bin ehrlich: Die Studie fand nicht den ganz großen Zuspruch! Einige meinten, dass ich sicher Fehler gemacht, falsche Zahlen verwendet oder sonst etwas schief gegangen war. Was nicht sein darf – das nicht sein kann!
2019 veröffentlichte Philipp Bartholomä seine Habilitationsschrift als Buch. Freikirche mit Mission. 12 Jahre nach meiner Studie hat der Professor für praktische Theologie eine ähnliche Fragestellung für den Raum der Freikirchen in Deutschland gewählt, und sie wissenschaftlich für seine Habilitation an der Freien Universität Amsterdam bearbeitet. Und nebenbei bemerkt: Er kommt zu ähnlichen Ergebnissen! Auch im Gegenwind. Anyway, die eigentliche Frage, auf die es ankommt, lautet:
Macht das denn niemanden nervös?
Wenn eine Kirche den Weg der Erneuerung einschlägt, sich wandeln will um für Gott und die sie umgebende Kultur relevant zu sein (nichts anderes tun übrigens Missionare, wenn sie in ein Land gehen und dort den Ansatz suchen, um die guten Nachrichten von Jesus weiterzusagen), dann bedeutet das auch, dass Menschen heimkommen! Gerne noch ein paar mehr, als das aktuell der Fall ist. Auch die vielen jungen, neuen Kirchen, die entstanden sind – so dankbar ich für jede einzelne Gemeinde bin! – haben noch nicht die Trendwende gebracht. Es braucht uns alle!
Ich will es noch einmal ganz klar sagen: Wir können unsere Kirchen modernisieren, tolle Räume schaffen, gute Musik gut spielen, zerrissene Jeans tragen und tolle Videos und Insta-Fotos raushauen. Die Gemeinde kann auch wachsen, junge Leute anderer Kirchen schließen sich an (besser, als wenn sie in keine Kirche mehr gehen!) und der Saal wird voll. Aber wenn diese Kirchen, ob jung oder schon älter, nicht zum Ort werden, an den der Herr der Kirche Leute schicken kann, denen er begegnen will, dann liegen wir daneben. Punkt.
»Täglich verharrten sie einmütig im Tempel und brachen zu Hause das Brot, nahmen Speise mit Jubel und Schlichtheit des Herzens, 47 lobten Gott und hatten Gunst beim ganzen Volk. Der Herr aber tat täglich hinzu, die gerettet werden sollten.« | Apostelgeschichte 2:46-47 (ELB85)
Gerettet werden sollten. Imperfekt! Hier ist von einer Kirche die Rede, zu der Gott Leute schickt, die noch keine Christen sind! Die fühlen sich offenbar sehr wohl, begeben sich auf eine geistliche Reise. Ganz klar: Sie sollen nicht religiös angewärmt werden, sondern gerettet. Darum geht es. Bei aller Veränderung, Erneuerung und allem Wandel! Aber es gibt einen Weg, den sie gerne einschlagen. Wir haben in Gifhorn viele von ihnen in den letzten Jahren in unserer Mitte. Hammer!
2. Christen sollen neu werden!
Zum Fokuspunkt 1 gesellt sich diese Perspektive direkt hinzu. Man kann ja den Missionsbefehl (Matt. 28,19) nicht lesen, ohne über das Stichwort Jüngerschaft, Nachfolge, halten was ich euch befohlen habe, Heiligung … zu stolpern. In Römer 8,29 stellt der Apostel Paulus klar, dass wir in das Bild seines Sohnes verwandelt werden sollen. Der neue Mensch, zu dem Christen durch die Errettung werden (2. Kor. 5,18), braucht Erneuerung (Kol. 3,10). Die Frucht des Geistes (Gal. 5,22) prägt den Christen immer stärker, je länger er oder sie mit Jesus unterwegs ist. Soweit die Theorie.
Ich kann mich noch gut an Gemeindestunden erinnern, in denen langjährige Christen, zuweilen „Vorbilder der Herde“, ganz wenig vorbildlich ausgetickt sind. Als junger Christ war ich irritiert. Hä? Ich wurde beschwichtigt: ach, dass ist Bruder sowieso, so war er schon immer. Wir haben uns daran gewöhnt. Es wird nicht so heißt gekocht wie gegessen …
Ist das mit der Erneuerung nur Schaufensterwerbung? Oder gibt es das auch „im Laden“? Die Line zur Heuchelei und Gesetzlichkeit ist dünn, verstehe ich. Aber wenn die Gnade ein Werk in uns tut, dann muss das was zu sehen sein. Stichwort Frucht des Geistes! Ich kann super mit der Perspektive leben, dass wir alle unterwegs sind. Und wenn wir dann weniger dick auftragen, ehrlich sind, keine Ausreden suchen sondern einander unsere Sünden bekennen und füreinander beten, dass ist doch der Geist Gottes richtig stark am Werk, oder?!
Tim Keller war es, von dem ich zum ersten Mal hörte, was man Leuten sagen kann, die über uns Christen enttäuscht sind. Wenn sie sagen: „Das hätte ich nicht von dir gedacht, wo du doch ein Christ bist …“ könnte unsere aufrichtige Antwort lauten: „Verstehe, aber ganz ehrlich: ich bin noch schlimmer, als Du vermutest! Deshalb brauche ich ja einen Retter.“ Jep, die Gerechtigkeit, von der wir leben, kommt von Gott. Nicht von uns. Sonst wäre es ja auch Selbstgerechtigkeit. Die braucht keiner, weil sie nur Fake ist. Sie fällt im finalen Test durch.
Das im Hinterkopf behaltend möchte ich dennoch sagen: Eine Erneuerung, die nicht auch dazu führt, dass Christen sich in der Atmosphäre von Gnade und Wahrheit durch Gottes Wort und Geist verändern, greift zu kurz. Jüngerschaft ist eine der Sollbruchstellen der westlichen Kirche. Wenn wir hier nicht tiefer wurzeln, haut uns schnell ein Sturm um. Dann ist relevant und zeitgemäß nur ein Schlagwort für ein attraktives Event, dass wenig dauerhaften Folgen hat. Aber: (Jesus) Folgen hat Folgen! So ist das in der Nachfolge. So bestehen wir auch in Pandemien!
So eine Kirche ist kraftvoll, weil die Christen wachsen und stark im Herrn werden. Den Worten folgen Taten. Das zeigt sich im dritten Fokuspunkt:
3. Christen sollen hingehen!
Der dritte Fokuspunkt ist die Nagelprobe! Jesus wird in der Bergpredigt ganz klar:
»So soll auch euer Licht vor den Menschen leuchten: Sie sollen eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.« | Matthäus 5:16 (NGÜ)
Der Kreis schließt sich. Eine Kirche, die im Prozess der Erneuerung steht, wird zu einem Licht! Kann auch gar nicht anders sein. Jesus ist das Licht der Welt. Unsere Berufung als Kirche ist Licht der Welt zu sein. Ergo: Wo wir sind, wird es hell. Da sieht man die Dinge. Bei Licht betrachtet …
Und was sehen die Leute? Den Hammer, mit dem wir unsere Wahrheiten einhämmern? Nee. Sie sehen die guten Werke, die wir tun. Dazu ist jeder begabt (1. Petrus 4,10), dazu werden wir durch gute – mit unterschiedlichen Schwerpunkten! – Leitung befähigt (Eph. 4,12ff). Das hat Christen immer schon ausgezeichnet. Die ersten Christen, die den Aussätzigen am Stadtrand gedient und geholfen haben. Die römische Gesellschaft war irritiert.
In großer Krisenzeit, das Geld war knapp und viele dachten (nur) an sich und ihre Familie, entstand das Rauhe Haus in Hamburg! das Rote Kreuz, diakonische Einrichtungen aller Art und auch im BFP viele soziale Werke, die Menschen GUTES TUN! Nicht nur davon reden. Das ist genial. Wenn eine Gemeinde erneuert wird, beginnt sie durch ihre Leute gute Werke zu tun. Das muss nicht in einem Verein organisiert sein, das passiert einfach. Weil Menschen, die so von Christus bewegt sind, es einfach tun. Selbstlos. Dauerhaft. Hingebungsvoll. Die Liebe von Christus drängt. Glaube ohne Werke ist ja bekanntlich tot.
Die guten Nachrichten von dieser unfassbaren Liebe sucht ihren Ausdruck in Worten und in Taten. Halten wir fest: Wenn eine Kirche lebendig ist, erneuert wurde, sie auf ihre Umgebung so eingestellt hat, dass sie relevant für Gott und Menschen ist, dann wird sie zu einem Ort, an dem Menschen heimkommen zu Gott, Christen wirklich neu werden und die Liebe zur Tat wird. Das sind die FOKUSPUNKTE der Erneuerung.
Viele kommt – wie gesagt – dazu, aber das sind die drei ersten Stichworte, die für mich nach 33 Jahren Priorität haben.
Ausblick
Welche Schritte wähle ich, um den Raum zu öffnen, damit der Heilige Geist den Prozess in Gang bringen kann? Darum geht es im nächsten Teil. Aber erst nächsten Montag. Gleich kommt noch der Praxisbericht aus Gifhorn. Dann ist Schluss für diese Woche auf dem Leiterblog 😬😁. Ich hab‘ euch heute schon viel zugemutet.
Nächste Woche kommt darüber hinaus die Info, wie ich Kirchen, die sich auf den Weg machen, in ihrer Umsetzung begleite. Das ist nämlich unser „nächstes Berufungsding“, neben dem Abenteuer selbst eine Kirche in Erneuerung zu leiten, das in uns wächst. Also see you …
Das Video von meinem Vortrag auf der BFP Konferenz
Der Vortrag beginnt bei Minuten 27 und dauert 23 Minuten 🙂
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