Kirche kann sich wandeln! Ein Erfahrungsbericht! | 3

Zur BFP Konferenz 2020, an der ich über den Wandel von Kirche gesprochen habe, erzähle ich hier die Anfangsgeschichte der Gemeindeerneuerung in Gifhorn. Zuerst im Buch Mission Zukunft erschienen, kommt hier der Bericht in voller Länge. Damals lautete unser Name noch FCG. Vielleicht macht er Mut und inspiriert. Die Geschichte hat 2019 ein neues großes Kapitel aufgeschlagen bekommen: Wir haben das Gifhorner Brauhaus gekauft. Auf dem Blog habe ich den Weg auch erzählt.

AUFBRUCH! Nur ein Traum?

„Ich habe erstmals überhaupt eine Predigt verstanden“, sagen uns Gäste nach einem normalen Gottesdienst am Sonntag. „Wieso muss man weinen, wenn hier gesungen wird?“, fragen uns Besucher. „Gott redet zu mir!“ Krass! „Noch nie bin ich so aufgenommen worden, ihr seid so freundlich, so interessiert an euren Gästen.“

Und dann erleben wir, wie unsere Gäste unsere Freunde werden! Und wie sie anfangen, bei ihren Freunden für die Freie Christengemeinde Gifhorn (FCG) zu werben und sie mitzubringen, während sie noch selbst auf dem Weg sind. Man redet von uns in Gifhorn, einer Kleinstadt mit 40 000 Einwohnern zwischen Hannover und Wolfsburg.

Wir erleben, wie mit der Zeit unsere Freunde Jesus begegnen und etliche beginnen, ihm nachzufolgen. Immer häufiger. Das war nicht immer so bei uns, doch wenige Jahre nach einem inneren und äußeren Neustart hat sich vieles verändert. Heute erreicht die FCG 350 bis 400 Leute, zu besonderen Veranstaltungen auch 600. Die Menschen kommen aus unserer Stadt und Region. Wir sind irritiert. Damit haben wir nicht gerechnet!

Wie alles begann

2014 gab es nur noch wenig Perspektive für die FCG. Nach vielen guten Zeiten stagnierte die Gemeinde. Die Gottesdienste waren nicht gut besucht. Es herrschte eine bedrückte Atmosphäre. Etliche engagierte Leute hatten die Gemeinde verlassen. Jahre hatten sie ausgeharrt, aber irgendwann hatten sie die Hoffnung auf Veränderung verloren. Wer kann es ihnen verdenken? Ein anderer Teil betete treu weiter und hoffte, dass Gott der FCG doch noch ein neues Kapitel schenken würde.

Einige Leiter der FCG Gifhorn waren sich nicht sicher, ob die Gemeinde, die es schon fast 60 Jahre gab, überhaupt überleben würde. Gerade waren sie durch eine schwere Krise gegangen. Doch Gott hatte einen Aufbruch geplant.

Während ich diese Zeilen schreibe, stehen wir als Gemeinde mitten in diesem Aufbruch. Mein ganzes hauptberufliches Leben als Pastor habe ich davon geträumt. Ich hatte wohl gesehen, wie in anderen Regionen der Welt Kirchen so einen Aufbruch erlebten. Aber in Deutschland? Mit einer durchschnittlichen Gemeinde? Im kleinstädtischen Umfeld?

Meine Frau und ich hatten nicht vor, in eine Kleinstadt zu ziehen, ohne Hochschulen, urbanes Leben und eine ausgeprägte kreative Szene. Aber weil eine Freundin, die die FCG in der Krise begleitet hatte, uns darum bat, machten wir uns im April 2014 auf den Weg. An diesem Samstag sprach Gott zu uns. Nicht hörbar, aber doch sehr eindrücklich. „Zieht nach Gifhorn, ich habe hier Großes vor“, meinte ich zu verstehen, als wir an einer Kreuzung der Umgehungsstraße standen. Mein Herz schlug heftig und der Glaube, dass Gott handeln wird, begann zu wachsen.

Würde sich die Gemeinde erneuern lassen und zu einem Ort werden, an dem „der Himmel die Erde berührt“? Kirche als ein Ort, an dem Menschen Gott begegnen und eine Gemeinschaft finden, die den Glauben ansteckend lebt?

Wie oft habe ich mir diese Frage gestellt. Wie sehr habe ich mich danach gesehnt, zu so einer Kirche zu gehören! Schon als junger Mann träumte ich davon. Später wurde es tatsächlich ein Teil meiner Berufung, Gemeinden auf so einen Weg zu bringen. Eine tolle Aufgabe! In den letzten 30 Jahren konnte ich fünf Gemeinden selbst begleiten, anderen durch Beratung helfen. Wir haben erlebt, dass Gott Erneuerung schenkt! Es begeistert mich, auch noch Jahrzehnte später. Das ist meine Leidenschaft, für die ich alles gebe.

Was wir aber in den letzten vier Jahren in Gifhorn miterleben, stellt alle bisherigen Erfahrungen in den Schatten. Wer – außer Gott –  hätte sich so etwas ausdenken können?

Was ist passiert?

Der Start: Entzündet werden

Im Januar 2015 starteten wir als FCG einen „Gemeindeprozess“[1]. Bibelarbeiten eröffneten den Weg. Wir wollten uns an der Frage orientieren, was Gottes Auftrag für seine Kirche ist. An diesem Auftrag wollten wir die FCG ausrichten. Er sollte unsere Prioritäten bestimmen. Und da bemerkten wir, wie der Heilige Geist in uns zu arbeiten begann. Wir beschäftigten uns in den Gottesdiensten mit dem Zustand unserer Herzen und begannen, regelmäßig und intensiv als Gemeinschaft zu beten. Gott wirkte zuerst in uns, bevor er durch uns zu wirken begann. Augustinus erinnert uns: „In dir muss brennen, was du in anderen anzünden willst.“ So wahr. Die missionarische Leidenschaft muss zuerst in jedem einzelnen Menschen entzündet werden, bevor sie zu einem Flächenbrand in der Kirche wird.

Das Feuer breitet sich aus

Ab Ostern 2015 wurden erste Auswirkungen sichtbarer: Die Gottesdienste füllten sich. Noch-Nicht-Christen saßen in unseren Reihen. Es setzte eine Dynamik ein, die ich so aus erster Hand nicht kannte. Die FCG erlebte ein „Momentum“, das uns oft den Atem nahm und immer noch nimmt. Viele „alte Hasen“ wurden von einer neuen Begeisterung für Jesus gepackt. Sie luden Freunde zur Gemeinde ein. Und die kamen – wir staunten! Immer mehr von ihnen, immer häufiger. Man kann sich vorstellen, welche Freude das in uns auslöste. Warum kamen sie? Wollten sie ihren Freunden einen Gefallen tun? Jedenfalls gefiel es ihnen in der FCG! Die Ausrichtung am Auftrag, den wir für unseren Kontext übersetzen wollten, war jetzt an allen Ecken und Kanten in der Kirche zu sehen und zu hören, im Gebäude, der Bühnengestaltung, der Musik, der Predigt, den Angeboten unter der Woche.

Die entscheidende Veränderung

Die stärkste Veränderung fand aber in uns statt und das hatte die größte Auswirkung. Wir bekamen eine neue beziehungsweise erneuerte Haltung Gott gegenüber, ein besseres Verständnis für seinen Auftrag an uns und eine neue Einstellung gegenüber den Menschen unserer Region, die Gott noch nicht kennen.

Unsere Gäste erlebten also in erster Linie uns anders! Und weil sich in uns Dinge veränderten, veränderten sich auch die Dinge um uns herum. Der äußere Rahmen des Gebäudes, die Farben, die Deko, der Stil, das Bühnenbild verwandelte sich. Aber auch die Gastfreundschaft, die schon immer eine Stärke der Gemeinde gewesen war, verstärkte sich noch einmal spürbar. Unsere Art, wie wir Menschen begegneten vom Parkplatz bis zum Kaffeeteam verwunderte die Besucher und sie sprachen uns darauf an.

Unsere Gäste waren gern da, sie fühlten sich wohl. Und wir selbst waren auch wieder richtig gern in der FCG! Alle merkten das! Der Himmel begann die Erde zu berühren!

Weitere notwendige Veränderungen

Natürlich sind die Fragen nach dem Musikstil, der Sprache, der Kleidung auf der Bühne und so weiter nicht unwichtig. Aber es ist ein Fehler, zu denken, dass Veränderung in diesen Punkten eine Gemeinde verwandelt. Diese Themen ändern sich als Folge von Überzeugungen! Unsere Überzeugungen gewannen wir aus dem Studium der Bibel und wir bewegten sie im Gebet. Ohne Überzeugungen bleiben wir zu sehr an den Äußerlichkeiten hängen, die nicht unwichtig sind, aber eben auch nicht entscheidend.

In der Folge renovierten wir unsere Räume gründlich und veränderten den Style der FCG. Die Leute, die wir erreichen wollten, sollten sich bei uns wohlfühlen. Auch den Gottesdienst mit seinen Angeboten im Umfeld bauten wir um. Wir wollten einen verlässlichen Rahmen schaffen, damit die FCGler „sicher“ sein konnten, wenn ihre Gäste endlich mitkamen. Jeder Gottesdienst sollte sowohl für Gäste verständlich als auch für Christen inspirierend und zur Nachfolge herausfordernd sein. Unsere „Schatzinsel“, das Angebot für Kinder, war uns dabei ebenso wichtig wie das Ordnungsteam.

Die FCG: Gewöhnlich oder außergewöhnlich?

Eigentlich ist alles sehr unspektakulär bei uns. Andere Kirchen machen das bestimmt noch viel, viel besser als wir. Man kann sogar enttäuscht sein, wenn man uns mit bekannten Adressen vergleicht. Wir haben keine superbegabten Musiker, Künstler, Videografen oder Redner am Start. Auch unsere Leiter sind keine übercharismatischen Persönlichkeiten, die alle elektrisieren. Vordergründig könnte man denken, dass die Wirkung nicht wirklich zur Ursache passt, weil hier im Wesentlichen Normalos am Werk sind.

Nichts von dem, was wir als FCG tun, ist perfekt! Auch nach vier Jahren nicht. Aber Perfektion ist für uns kein Wert an sich. Wir bemühen uns, unsere Berufung mit Exzellenz zu leben. Das bedeutet, dass jeder an der Stelle, an der er Verantwortung übernommen hat, versucht sein Bestes zu geben! Mit Leidenschaft, Hingabe und als Priorität. Leidenschaft ist ansteckend, immer! Das Spektakuläre bei uns sind unsere Mitarbeiter und ihre inneren Haltungen, die Christus wirkt (Kolosser 1,27).

Und dennoch ist irgendwie alles ganz besonders. Warum? Wir vermuten, dass es an Gott liegt. Und an dem Team der FCGler, die sich auf seinen Weg mit Leidenschaft eingelassen haben. Leute, die Gottes Prioritäten zu ihren gemacht haben und sich seinem Auftrag verpflichten. Nicht nur in der Theorie, sondern wirklich. Und gemeinsam. Als ein Team, das sich mit überdurchschnittlicher Hingabe und Leidenschaft einbringt. Das ist außergewöhnlich! Und sehr ermutigend! Warum? Wenn Gott mit Normalos in Gifhorn Außergewöhnliches hinbekommt, dann kann er das im ganzen Land. Und Normalos gibt es ja überall genug.

Was wir gelernt haben

Wir erleben ein starkes, auch zahlenmäßiges Wachstum. Viele junge Leute finden hier ein Zuhause und genießen das Miteinander der Generationen. Besucherzahlen sind aber nur vordergründig. Hinter diesen Zahlen stehen Einzelne. Und es sind immer mehr Menschen, deren Leben durch den Kontakt mit Jesus verändert wird. Die Berichte unserer Täuflinge, wie sie zum Glauben gefunden haben, bewegen uns sehr. Viele von ihnen sind überhaupt nicht fromm sozialisiert. Sie finden aus den kuriosesten Lebensumständen zum Glauben. Ein Freund erzählt es dem anderen. Die Mundpropaganda und ein verändertes Leben sind unsere stärkste Werbung. Gott fügt Leute hinzu (Apostelgeschichte 2,47) und stellt so ein interessantes Team zusammen. Bis heute.

Diese Entwicklung hat unser Gemeindeleben auf den Kopf gestellt. Im Bibelstudium direkt zu Anfang wurde uns deutlich: Es geht nicht um mich! Das mussten wir erst einmal verdauen.

Häufig geht es in unseren Gemeinden viel zu sehr um uns! Unsere Vorlieben, unseren Geschmack, unsere Prioritäten. Wir sind schon Jahrzehnte mit Gott unterwegs, aber es muss sich immer noch alles um uns drehen. Geistliche Egoisten. Immer noch ein Kleinkind. Das kann nicht gesund sein. Das verhindert den missionarischen Aufbruch.

Als FCGler mussten wir also umdenken und diese neue Sicht buchstabieren lernen. Das war nicht einfach. Nicht jeder mag das, will das! Ein paar Leute sind dann auch ausgestiegen. Veränderung ist immer herausfordernd, besonders wenn man das Gefühl hat, selbst nicht mehr „auf seine Kosten“ zu kommen. Aber worum geht es in der Nachfolge von Jesus? Es geht um Selbstverleugnung, dienen, lieben (Lukas 9,23; Galater 5,13; Römer 13,8). Jesus hat die Richtung vorgegeben! Wenn der Glaube ein Mittel zum eigenen Vorteil werden soll, ist unser Ansatz natürlich nicht wirklich attraktiv. Dann frustriert einen so eine Gemeindeveränderung. Vielleicht ist das ein wesentlicher Grund, warum viele Gemeinden wenig missionarische Wirksamkeit entfalten?

Wir trafen die Entscheidung, dass wir eine auftragsorientierte Kirche sein wollen. Die Veränderung von einerbedürfnisorientierten Gemeinde hin zu einer auftragsorientierten ist vielleicht der wichtigste Punkt unserer Veränderung: Auf jeden Fall ist es ein wesentlicher Punkt unserer missionarischen Wirksamkeit! Wir erleben, dass unsere Bedürfnisse dabei trotzdem nicht zu kurz kommen. Gottes Versprechen gilt (Matthäus 6,33)!

Wir mussten raus aus der Komfortzone. Das war alternativlos. Warum? Weil immer mehr Leute kamen! Wir konnten uns nicht mehr nur mit unseren Freunden abgeben, wenn wir den Auftrag von Jesus und diese Entwicklung ernst nehmen wollten. Wir waren herausgefordert, auf Leute zuzugehen, die wir noch nicht so kannten. Das ist in vielen Kirchen ein Problem. Auch bei uns. Obwohl wir immer besser werden, fordert uns das bis heute sehr heraus. Wenn wir aber missionarisch wirksam sein wollen, haben wir keine Alternative zu dieser Einstellung. Dabei geht es nicht um unsere Vorlieben, unseren Stil oder eine Methode. Es geht um unsere Gesinnung!

Bald reichte ein Gottesdienst am Sonntagvormittag nicht mehr aus, um alle Leute unterzubringen. Wir begonnen mit zwei identischen Gottesdiensten am Vormittag. Ein Wagnis für die geringe Zahl an Mitarbeitern. Wir stiegen aus der Komfortzone aus, um das möglich zu machen. Was dann passierte, hat uns umgehauen. Die Mitarbeiter stellten sich geschlossen dieser Herausforderung und das neue Angebot wirkte so einladend, dass schon bald 80 bis 100 Leute mehr kamen. Und nun, nach nur wenigen Monaten, kommen wir mit unseren zwei Gottesdiensten langsam aber sicher erneut an Kapazitätsgrenzen. Wie es weitergehen wird, wissen wir noch nicht. Drei Gottesdienste? Neue FCG-Standorte starten? Weitere Gemeinden gründen? Die nächsten Schritte zunächst einmal nicht zu kennen, gehört auch zum Verlassen der Komfortzone.

Das Evangelium im Mittelpunkt! Von Anfang an haben wir das Evangelium in den Mittelpunkt gestellt. Timothy Keller wurde uns mit seinen Büchern darin zu einer großen Hilfe.[2] Warum? Weil er nicht Marketingideen, populäre Trends, Stile oder Methoden in den Vordergrund stellt, sondern das Evangelium, die Gute Nachricht. Kontextualisiert, sicher, aber in der Substanz unverändert. Das Evangelium hat die Kraft, einen Menschen zu verändern, Hoffnung zu schenken, Vergebung zu wirken und einen Neuanfang zu ermöglichen. Im Evangelium wirkt Gottes Kraft durch seine Kirche!

Es befreit aus aller Selbstgerechtigkeit, nimmt den falschen Leistungsdruck und bahnt den Weg in eine dynamische Zukunft. Die Gute Nachricht ist wirklich gut! Gott meint es gut mit uns. Wir haben neu entdeckt: Das Evangelium ist tatsächlich alltagsrelevant. Es berührt und verändert uns, wenn wir ihm Glauben schenken. Wir brauchen uns nicht dafür zu schämen oder alternativ in Selbsthilfeideen oder einseitige Betonungen zu flüchten. Die Gute Nachricht hat die Kraft, unser ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Diese Gute Nachricht kann uns als FCG prägen. Und diese beste Botschaft auf dem ganzen Planeten ist uns Christen anvertraut. „Hammer!“, sagen unsere jungen Leute – und sie haben recht.

Das zu glauben und darauf aufzubauen ist ein großes Geheimnis der missionarischen Leidenschaft und Wirksamkeit. Wir vertrauen Gottes Wort und glauben der Guten Nachricht vom Kreuz, der Auferstehung und der Zukunft, die Gott für uns hat. Das hat unser Denken und Beten verändert. Auch die Prioritäten und den Fokus, mit dem wir unterwegs sind. Und es hat uns Mut gemacht, Gott immer mehr zuzutrauen.

Andere fördern – auch das ist Teil unseres Herzschlags geworden. Ohne diese Investition in Multiplikation, Ausbildung und Förderung anderer, wäre der Aufbruch nicht vorstellbar für uns. Dave Ferguson hat uns mit seinen Büchern[3] den entscheidenden Anstoß gegeben. Deshalb investieren wir uns auf allen Ebenen mit Absicht und Plan in andere, in die nächste Generation.

Unsere Kraftquellen

Die Bibel: Mit der Bibel intensiv zu leben entfacht in uns eine missionarische Dynamik und einen kraftvollen Glauben (siehe Kolosser 3,16, Matthäus 4,4, Psalm 107,20)! Wenn wir unser Vertrauen in Gottes Wort schwächen lassen oder sogar verlieren, verlieren wir auch die missionarische Dynamik! Persönlich wollen wir deshalb intensiv mit dem Wort Gottes leben. Ich bin erstaunt, wie viele Christen wenig bis gar nicht in der Bibel lesen. Der Glaube kommt aus dem Wort (Römer 10,17). Kraftvolle Christen sind verwurzelt im Wort Gottes, das Christus ist (Kolosser 2,7; Johannes 1,1-14)! Diese Kraftquelle wird immer häufiger ausgelassen in unseren vollen und übervollen Leben. Das ist sicher eine der Ursachen, warum die missionarische Kraft schwindet. Wir sollten in unseren Kirchen das Wort Gottes mit Vollmacht predigen und lehren (Matthäus 7,29). Das ist und bleibt ein zentraler Schlüssel zum missionarischen Aufbruch.

Der Heilige Geist: Die dritte Person unseres Gottes wird auch mit dem Bild des Feuers beschrieben, das uns entzündet. Missionarisch wirksam leben kann man nur, wenn man selbst entzündet ist. Dazu erfüllt uns der Heilige Geist und macht uns zu Zeugen für Jesus (Apostelgeschichte 1,8). Wir können uns selbst nicht entzünden. Aber wir können uns in der Nähe des Feuers aufhalten. Jesus beschenkt uns dort mit seinem Heiligen Geist, der die missionarische Dynamik in uns auslöst (Apostelgeschichte 4,31). Die hat dann nichts mit Leistungsdruck oder einem christlichen Leistungsanspruch zu tun, sondern mit einer Leidenschaft die Gott schenkt und durch die er uns bewegt. Unser Beitrag ist, offen zu werden für das, was Gott uns durch seinen Geist gibt. Und Gott schenkt es uns als Christen zusammen, das muss man heute mehr denn je betonen (Apostelgeschichte 2,1-4)!

Gemeinschaft: Falscher Individualismus, aber auch ein Starkult um Personen, verhindern den missionarischen Aufbruch. Gemeinsam können wir Feuer fangen und das Feuer am Brennen halten. Mir ist vor vielen Jahren ein Bild gekommen, dass mich im Erneuerungsprozess der Gemeinden begleitet: Glühende Holzkohle. Die einzelnen brennenden Kohlen müssen zusammengelegt werden, damit sie sich gegenseitig anfeuern und die Temperatur steigt. Wenn die Kohlen richtig heiß glühen, kann man die kalten Kohlen dazulegen, die dann rasch Feuer fangen.

Manche Verantwortliche in den Gemeinden haben Bedenken, sich den „Brennenden“ zuzuwenden. Muss man sich nicht zuerst um die Schwachen kümmern? Also um die Kohle, die nicht brennt? Der Leiter hat sein „Feuerzeug“ und versucht die Kohle damit zu entzünden. Das klappt nur selten. Oft trägt er nach einiger Zeit eine Brandblase am Daumen davon. Die kalte Kohle bleibt kalt, die brennende geht aus. Ein feuriger Gemeindekern kann aber die kalte Kohle entzünden, viel leichter und schneller als auf allen anderen Wegen.

Ich würde allen, die sich nach einem missionarischen Aufbruch sehnen, dringend raten, einen Kern zu sammeln, der brennt, ohne die weitere Gemeinde aus dem Blick zu verlieren. Das Gerede von einer Elitenbildung ist an dieser Stelle falsch. Ein brennender Kern hat das Potenzial, der ganzen Gemeinde zu einem missionarischen Aufbruch zu verhelfen!

Gemeinschaft ist außerdem Gottes Design. Denken wir an die Dreieinigkeit Gottes. Wie Jesus zwölf Jünger beruft, mit denen er das Kernteam bildet. Paulus arbeitete immer im Team und gibt uns in seinen Briefen das Bild von Teams, die gemeinsam vorangehen (1. Korinther 12, Epheser 4,11-12).

In Gifhorn ist ein Kernteam aus ehren- und hauptamtlichen Leuten gewachsen, die miteinander den Weg gehen. Das ist ein weiteres großes Geheimnis hinter der starken Gemeindeentwicklung. Etliche sind aus dem Beruf ausgeschieden oder arbeiten Teilzeit, um hier einen Unterschied zu machen. Andere verzichten auf ein gutes Einkommen, um dabei zu sein. Dieses Team, verbunden mit vielen weiteren Teams der FCG, ist eine starke Gemeinschaft, die den Weg zusammen geht. Ohne das Team wäre der Aufbruch nicht denkbar.

Hürden, die wir nehmen müssen

Wer zu missionarischer Wirksamkeit aufbrechen will, muss auch schwierige Hürden nehmen.

Egoismus ist sicher einer unserer stärksten Gegner. Wir werden keine auftragsorientierte Kirche bauen, wenn wir um uns selbst drehen!

Bequemlichkeit: Es ist einfach, eine dynamische Kirche als Gast zu besuchen. Doch Teil eines Teams zu werden, das eine missionarisch wirksame Kirche baut, ist etwas ganz anderes! Kein missionarischer Aufbruch geschieht ohne engagierte, fleißige und dienende Menschen. Gottes Methode sind Leute, die sich selbst verleugnen und hingeben.

Neid ist ein starkes Motiv, das großen Schaden anrichtet. Josef im Alten Testament wird aus Neid verkauft, Jesus aus Neid an die Römer überliefert, Paulus aus Neid angefeindet und bedroht.

Eigene Schatten sind verborgene Motive, Minderwertigkeitsgefühle, Ängste … Sie können zu einer großen Hürde werden. Meine Identität und meine Identitätsfragen prägen mein Handeln mehr, als mir lieb ist. Der Talmud sagt dazu: „Wir sehen die Dinge nicht wie sie sind, sondern wie wir sind.“

Sünde: Jeder missionarische Aufbruch gerät durch Sünde unter Druck und kann damit schnell zu Ende sein. Sünde wird immer zur Quelle des Scheiterns werden.

Wie wäre es?

Wie wäre es, wenn wir den Auftrag von Jesus wieder ins Zentrum stellen, uns an ihm ausrichten und diesem Auftrag gemeinsam mit Leidenschaft und Weisheit nachgehen? Wie wäre es, wenn der Heilige Geist neu Raum bei uns finden würde, um zu tun, was er von Anfang an tat?

Eine starke missionarische Wirkung durch starke Kirchen wäre die Folge. In großer stilistischer Vielfalt. Davon bin ich überzeugt. Mit weniger dürfen wir uns nicht zufriedengeben, wenn wir den Auftrag von Jesus ernst nehmen.

Es beginnt in deinem Herzen. Wenn nicht mit dir, mit wem dann? Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht an deinem Ort, wo dann?

[1] Mehr Informationen: Lothar Krauss: Der Leiterblog – Veränderungsprozesse. https://der-leiterblog.de/fur-kirchen/veranderungsprozesse (Zugriff 10.08.2018).
[2] Timothy Keller: Es ist nicht alles Gott, was glänzt – Was im Leben wirklich trägt. Brunnen 2018; Timothy Keller: Center Church Deutsch – Kirche in der Stadt. Brunnen 2017.
[3] Dave & Jon Ferguson: Exponential – Ermutigung für eine Kirche, die wird, was sie ist (Material zum geistlichen Dienst). Forum Theologie & Gemeinde 2016; Dave Ferguson & Warren Bird: HERO MAKER – Fünf grundlegende Prinzipien, wie Leiter andere zu wahrer Größe führen können (Material zum geistlichen Dienst). Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden 2018.

Video meines Vortrages auf der BFP Konferenz

Ab Minuten 27 beginnt mein Vortrag, der 23 Minuten 🙂 geht.

Über Lothar Krauss

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