Wir vermissen euch! – Trauernde Verantwortliche und Gemeinden nach Corona!

Wir vermissen euch! Wie können wir euch helfen? Ihr fehlt uns!

Wie können wir Menschen auf dem Weg zurück begleiten, die früher Teil unserer Kirche waren? Kollegen fragen mich das, meine Coachees berichten von schmerzhaften Verlusterfahrungen und Gemeinden, die ich begleite, stehen durchaus ratlos vor der Situation: sie sind zwar z.B. mit 400+ Leuten verbunden, aber nur 100 – 150 tauchen im Gemeindeleben auf. Auch die Teilnahme am Livestream ist nur noch sehr sporadisch, wenn überhaupt! Und aktiv mitgestalten, Verantwortung übernehmen, sich verbindlich engagieren? Eine große Zurückhaltung wird beobachtet! Was ist passiert?

Menschen zurückgewinnen …

Sie sind also weg! Bleibt das so? Kommen die ehemaligen Engagierten zurück? Gibt es wirksame Ansätze, die uns allen helfen? Oder stehen wir vor oder mitten in einer großen Zeitenwende? Ist das gut oder schlecht? Was sind eure Perspektiven? Eure Beobachtungen und Erfahrungen? Der Reformationstag heute ist ein gutes Datum, sich diesen Fragen zuzuwenden!

Das beginnt sicher damit, das man die Situation überhaupt erst einmal versteht. Was ist passiert? Was bewegt Menschen, die früher sehr engagiert waren, die Verbindung grundsätzlich und anhaltend abreißen zu lassen?

Wie so oft, wird es nicht die eine Ursache geben. Und Corona, der Lockdown, hat wohl eher wie ein Beschleuniger für Prozesse gewirkt, die schon länger im Menschen vorgingen. Die Pandemie selbst scheint auf alle Fälle nicht die einzige Ursache zu sein.

Wenn das Problem nicht verstanden wird, ist ein wirksamer Lösungsansatz kaum zu finden. Welche Brücke müsste neu aufgebaut werden? Welche Beziehung neu geknüpft und welche Frage neu gestellt werden? Man spürt, das ist mühsam. Und auf keinen Fall schnell zu machen. Aber sind die Menschen, unsere guten Bekannten und Freunde es nicht wert, dass wir interessiert sind, fragen, uns investieren?

Erschöpft?

Doch die letzten beiden Jahre haben Spuren hinterlassen. In uns allen. Nicht wenige sind erschöpft, müde und kraftlos. Als hauptberufliche Leiter in Kirchen sind wir froh, wenn es überhaupt irgendwie weitergeht. Aus dem Kreis der Coachees höre ich, wie Einschnitte verarbeitet werden müssen, die schmerzen und die Kraft rauben: die Jugendarbeit ist eingegangen. Kleingruppen, die nach dem „Free-Market-System“ Semester für Semester gut funktionierten, sind ganz zum Erliegen gekommen. Worship Teams zerfallen. Engagierte Säulen der Gemeinde verschwunden. Was ist passiert? Ratlosigkeit macht sich breit.

Alles läuft bestens!

Auch diese Berichte gibt es. Und manchmal schielen wir erstaunt zu genau diesen Gemeinden, die gar nicht wissen, wovon wir hier reden: alles läuft dort bestens. Der Besuch der Gottesdienste wächst. Leute kommen dazu. Taufen mit einer zweistelligen Zahl an Täuflingen. Strahlende Leute auf der Bühne. Dynamik. Energie … Social Media transportiert zuverlässig von Sonntag – Dienstag die Bilder vom Wochenende auf unser Smartphone. Neben der Freude für andere, macht sich ein Schmerz in uns breit. Oder Kritik, Skepsis, Zweifel. Einige haben die Apps gelöscht, ertragen die Bilder nicht mehr.

Doch auch hier muss tiefer gefragt werden: Warum wächst eine Kirche, hat diesen Zulauf? Diese Energie? Denn die Tatsache, dass immer mehr Menschen kommen, dass der Laden brummt, will erklärt und verstanden werden, weil das nicht unbedingt ins Bild passt! Die Gründe, warum das so ist, müssen also auch erst einmal einer gründlichen – und ehrlichen – Befragung unterzogen werden. Erst dann können Schlüsse gezogen werden. So oder so!

Menschen zurückgewinnen

Viele Leute, die den Glauben zwar noch nicht ganz aufgegeben haben, sind aber nicht mehr in christlichen Gemeinschaften verwurzelt. Die Erfahrung zeigt, dass diese Distanz über Zeit dann weiter zunimmt und schließlich der Moment kommt, wo der Faden endgültig reißt. Der Christ hat sich nicht „gegen“ den Glauben und das Leben mit Gott gestellt. Keine bewusste Abkehr. Aber vieles von dem, was ihn oder sie früher bewegte, gepackt hatte, begeisterte … ist einfach verloren gegangen. Bedeutungslos geworden und jetzt nicht mehr im Bewusstsein. Trauer macht sich durchaus breit.

Es ging so langsam, schleichend und irgendwie auch unmerklich. Mancher sagt: ich habe den Glauben, Jesus, die Kirche …, die ich wirklich sehr liebte, verloren. Und ich vermisse es. IHN. Aber ich finde den Weg nicht mehr zurück!

Haben wir in unseren Gemeinden eine Antwort, eine offene Tür, ein offenes Herz für unsere verlorenen Brüder und Schwestern? Finden wir Wege, auf denen sie ohne Gesichtsverlust und überhebliche Fragen zurückkehren können? So wie der verlorene Sohn (Lukas 15), der als einfacher Arbeiter reumütig ankommt und vom Vater zu Ehren, Würde und Wohlstand gebracht wird? Das ist auf alle Fälle das Herz Gottes!

Missionarische Wirksamkeit

Und wie steht es darüber hinaus mit der missionarischen Wirksamkeit in den Freikirchen, Landeskirchen, freien Gemeinden und Gemeinschaften? Die Studie von Prof. Bartholomä für den Raum der Freikirchen lässt nicht so viel Gutes ahnen. Wollen wir das passiv hinnehmen?

Euer Feedback für uns alle!

Und wie sehen die Konzepte, Ideen und Erfahrungen gerade aus? Wie ist das bei euch?

Euer Feedback – eine Hilfe für viele andere Gemeindebauer. Mögt ihr eure Gedanken für andere, in ähnlichen Situationen, hier teilen? Dann steht diese Umfrage auf Google Formulare zur Verfügung:

https://forms.gle/rrgExj2S2JzmaZLJ9

Auswertung?

Die Erkenntnisse, die aus der Community hier zusammengetragen werden, kommen als ein reflektierter, verdichteter Beitrag auf den Blog. Hier schon einmal eine erste Auswertung der Rückmeldungen (31.10.22), die bislang gekommen sind (lieben Dank an alle, die beigetragen haben!):

UPDATE 3.11: Alle, die in Kontakt mit anderen kommen wollten, habe ich jetzt vernetzt und die vollständige Auswertung der Rückmeldungen zur Verfügung gestellt.

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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2 Antworten zu Wir vermissen euch! – Trauernde Verantwortliche und Gemeinden nach Corona!

  1. Oliver Hänsel schreibt:

    Hallo Lothar,

    Ich will gerne Antworten und meine Inputs abgeben (aus meiner Sicht), allerdings kann ich ehrlicherweise nicht auf den Fragebogen antworten (da ich seit 7 Monaten nicht mehr Ältester einer Baptistengemeinde bin (weil mich Gott in andere Bereiche führt).

    Ich schliesse mich nicht aus bei der unten stehenden Analyse!

    1) Ich befürchte das der Verlust der Menschen damit zu tun hat, das wir versäumt haben, Menschen zu begleiten sie zu Vätern und Mütter im Glauben werden zu lassen. Anders ausgedrückt: wir haben zu viel erklärt was und wie jemand glauben soll, anstelle Sie/Ihn damit auszurüsten die Antworten im Wort Gottes SELBER zu finden und Ihnen auf dem Weg zu helfen diese in Ihrem Leben zu implementieren und auf Ihre Situation anzuwenden.

    Ein Beispiel: ich habe nicht so viel gemeinsames ringen um den Umgang mit Corana basierend auf dem Wort Gottes gesehen. Im Wort finde ich interessanterweise Prinzipien für unterschiedliche Standpunkte – wie kann ich diese zusammenweben und/oder parallel leben – ohne das es eine Gemeinde zerreisst). Ich habe eher Streit wahrgenommen, bis dahin das Gebetspartnerschaften zerbrochen sind.

    Ich war während Corona in der Leitung – mein (zugegeben radikaler) Vorschlag war, keinen Gottesdienst zu streamen, sondern in gesetzlich erlaubter Zellgrösse zu gehen (zumindest 2 konnten sich immer treffen) und dort gemeinsam im Wort zu schürfen und dies von der Leitung aus zu begleiten.

    Wir haben gestreamt. Und ich habe unterschätzt wie wichtig dies war, da für einige (viele) der gemeinsame Gottesdienst Identität bedeutet. Aber wir hätten das andere auch tun sollen um im Glauben zu wachsen und erwachsen zu werden (das haben wir eigentlich kaum gemacht)

    Wir haben einige verloren – aber es sind auch neue hinzugekommen (teilweise auch Flüchtlingen aus der Ukraine). Einige haben Ihren Glauben privatisiert – von einigen weiss ich es nicht (die nicht mehr kommen)

    Zu der anderen Frage (warum wachsen manche Gemeinden) kann ich ehrlicherweise nichts sagen, da ich dies in Augsburg nicht wahrnehme – bestenfalls eine Wanderbewegung von Gemeinde zu Gemeinde (was ist gerade anziehend…). Und auch ein bisschen den Versuch übergemeindliche Initiativen/Projekte zu bauen

    2) Eine andere vorwärts gerichtete Frage: viele glauben an Erweckung, es gibt einige Prophezeiungen die aussagen das noch eine grosse Ernte bevorsteht. Glauben wir das unsere bisherige christliche Landschaft Millionen von neuen Baby-Geschwistern aushält und weiterhelfen könnte? Ganz vielleicht sind bei dem Schwund auch Menschen dabei die Gott durch einen Prozess führt um komplette Verantwortung für Ihr Glaubensleben zu übernehmen. Und die nachher super Andockstationen/Begleiter/Mentoren/Leiter sein können für Gruppen von 5-50 neugeborene Christen?

    Ganz vielleicht entsteht etwas in diesem Prozess des wahrgenommenen Verlustes, das mancher Same/‚Mensch‘ in die Erde fällt und stirbt, aber dabei etwas neues entsteht. Ich habe diese Hoffnung.

    Darüber hinaus besteht aus meiner Sicht die reale Möglichkeit, das die staatliche Förderung der Kirchen massiv zurückgehen wird und vielleicht ganz aufhören wird. Und es eventuell sogar zu einer eher ablehnenden staatlichen Haltung kommt (keine Prophetie, sondern eine sachliche Sicht auf die aktuellen Entscheidungen der letzten 30-40 Jahre in unser Gesellschaft – warum soll der Staat Menschen/Gemeinden unterstützen und finanzieren die seine Entscheidungen kritisieren/widersprechen – und nicht nur einfach Diakonie betreiben um die gesellschaftlichen Probleme zu lindern)

    Auch dies könnte ein Grund sein warum Gott mehr Mütter und Väter im Glauben braucht, weil vermutlich die Gemeindelandschaft dann dezentraler und eigenständiger sein müsste (bei zunehmendem staatlichen Gegenwind)

    Diese Punkte unter 2) sind für mich Hoffnungspunkte – das der aktuelle Verlust eventuell kein Verlust ist, sondern ein von Gott gewollter Transformationsprozess sein könnte

    Ich weiss nicht ob ich recht habe. Aber falls ich halbwegs recht haben sollte, dann müssten wir vermutlich zusätzlich noch andere Fragen stellen:

    steht Gott hinter dem Prozess/der Veränderung – bzw wo steht Gott in dem Prozess (eventuell überrascht uns die Antwort – analog zu Josuas Frage vor Jericho: ‚auf welcher Seite stehst Du‘) – wenn je Gott hinter dem Prozess steht, wo soll dann der Prozess hinführen? Und wie können wir da kooperieren?

    Liebe Grüße & Shalom Oliver

    PS Ich bin immer noch Mitglied der Baptistengemeinde und besuche dort den Gottesdienst. 😀

    >

  2. Matthias schreibt:

    Wir haben in unserer Gemeinde alle Mitglieder, die lange nicht da waren, persönlich kontaktiert und ihnen das Büchlein „Müssen wir wirklich zusammenkommen?“ geschenkt. Es ist ein Auszug aus dem Buch „Gemeinde wiederentdecken“ von Collin Hansen und Jonathan Leeman. Die Autoren beschreiben wunderbar den Wert der physischen Versammlung und warum ein Livestream sie niemals ersetzen kann, sondern höchstens eine Notlösung darstellt. Soweit ich das sehen kann, kann man den Text beim Betanien-Verlag kostenlos bestellen:

    https://www.cbuch.de/leeman-mussen-wir-wirklich-zusammenkommen.html

    Viele Mitglieder sind inzwischen zurückgekehrt und die Gottesdienste wieder sehr lebendig und gut besucht – Gott sei Dank und Ehre dafür!

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