Die drei guten Fragen einer Führungskraft

jason-rosewell-ASKeuOZqhYU-unsplashFragen sind für jede Führungskraft ein wertvolles Werkzeug. Ganz gleich, auf welchem Level man Verantwortung trägt. Der CEO eines Weltkonzerns profitiert davon ebenso wie Leitende in der Kinder- u. Jugendarbeit. Sich selbst aber immer neu Fragen zu stellen, ist ebenso ein starkes Werkzeug. Drei Fragen, die ich mir jetzt im Prozess des „Onboardings“ in Mannheim helfen, will ich kurz vorstellen. Sie stehen bei mir im engen Zusammenhang mit dem „Nein sagen ohne Schuldgefühle“: 

Nein sagen ohne Schuldgefühle – das »Power Tool« der Führungskraft

Mittlerweile hat es sich weit herumgesprochen: Wer „NEIN“ sagen kann gewinnt viel Zeit und Kraft. Nein sagen nicht irgendwie, sondern eben zu den „falschen Themen“. Themen, die einen davon abhalten, die Bestimmung seines Lebens zu finden und mit Leidenschaft zu leben. Nur wer sich dazu entscheidet eine „Berufung zu erfüllen“ wird am Ende ein „erfülltes Leben“ leben.

Es ist vermutlich nicht übertrieben zu sagen, dass es kaum ein vergleichbares Werkzeug für eine Führungskraft gibt. Wer NEIN sagen kann fokussiert, konzentriert und kann mit Ausdauer einen guten Weg auf die Langstrecke schaffen.

»Nein sagen, um Ja sagen zu können!«

Nein sagen heißt gleichzeitig Ja sagen! Wer nein sagen kann bekommt die Kapazität, zu den richtigen Themen ein Ja zu finden in Verbindung mit der Zeit und der Kraft die es braucht, diese Themen voranzubringen.

Nein zu sagen bedeutet nicht, dass man nur noch seine Themen abhandelt. Meine Absicht ist die, dass ich 60 – 70 % meiner Zeit und Kraft in meine Berufungsthemen investiere, den Rest aber in allgemeine Themen, die mich brauchen. Warum? Weil das der Gesinnung eines Dieners entspricht. (Johannes 13). Ich möchte so ein Diener sein, mir für „nichts zu schade“ sein. So, nun zu den Fragen, auf diesem Hintergrund:

Drei wesentliche Fragen

Wenn mir also klar ist, auf welche Berufung ich mich fokussieren sollte, kann ich gut mit dem Werkzeug NEIN umgehen. Nein sagen, um Ja sagen zu können! Zu den richtigen Dingen. Da kommen diese drei Fragen ins Spiel.

  1. Warum überhaupt?
  2. Warum ich?
  3. Warum jetzt?

1. Warum überhaupt?

Viele Aufgaben und Themen stürzen ungebremst gerade auf mich in Mannheim ein. Das ist ganz normal zu Beginn. Die Verantwortlichen haben Monate gewartet, damit ich in die Prozesse eingebunden werde und als neuer Gemeindeleiter die Richtung in Abstimmung mit ihnen vorgeben kann. Das ist sehr genial für einen Prozess der Veränderung.

Aber um es offen zu sagen: ich beginne grundsätzlich. Muss das überhaupt gemacht werden? Ist das unser Thema? Entspricht das unserer Berufung. Nur weil „man das so macht“ heißt noch lange nicht, dass wir das so machen müssen!

Corona hat seine Spuren in der VM hinterlassen. Das trifft auf viele Kirchen und Organisationen zu. Einige Mitarbeiter sind ausgestiegen. Andere wissen noch nicht, ob sie wieder einsteigen wollen. Eine Schnittstelle im Gemeindeleben, an der Grundsatzfragen aufbrechen. Ist anstrengend, aber vielleicht auch heilsam.

Man muss auch als Kirche wissen, wozu Gott einen beauftragt hat, was die Kernthemen der Berufung sind. Fakt ist: es gibt so viel mehr Themen und Projekte für Kirchen und Organisationen, die richtig gut sind. Wenn man aber alle aufgreifen wollte, würde man sich völlig überfordern. Wir können eben nicht „alles“ machen! Wir müssen sozusagen NEIN sagen 🤭. Systembedingt. Jetzt, nach Corona, sollte vielleicht nicht mehr alles wiederbelebt werden, was gestorben ist!

Also, Frage Nr. 1: Ist das wirklich ein Thema für uns? Wenn NEIN, dann beenden. Wenn JA, dann Frage Nr. 2 ins Spiel bringen:

2. Warum ich?

Die Frage, die ich mir dann stelle lautet: Warum ich? Oder anders gefragt. Ist das überhaupt mein Thema als Pastor, Leiter … oder in welcher Rolle Du auch immer bist? Ich frage mich: „Bin ich die richtige Ansprechperson?“ Wenn es grundsätzlich geklärt ist, dass es das Thema von uns als Kirche ist, ist schon mal gut! Aber ist es auch mein Thema? Die Erwartungen aus der Gemeinde könnten das nahelegen. Hat der Vorgänger ja auch so gemacht. Das ist aber nicht ausreichend im Argument. Wenn ich bemerke, dass es nicht mein Thema ist, ziehe ich mich nicht einfach raus. Grundsätzlich sehe ich meine Aufgabe als Führungskraft Lösungen zu finden. Wenn nicht ich, dann vielleicht eine andere Person?

Gibt es jemanden, der bereits Ansprechpartner ist, oder der ein Ansprechpartner werden könnte? Wenn es einen Ansprechpartner gibt, verweise ich zu ihm oder ihr. In meiner Rolle als Gesamtleiter bin ich Ansprechpartner für Ansprechpartner. Ich trainiere zukünftige Verantwortliche in ihrer Berufung. Bei unserer Einführung am letzten Sonntag haben Heike und ich unser Selbstverständnis so formuliert: „Wir sind Diener mit Trainerlizenz“.

„Wir sind Diener mit Trainerlizenz“

3. Warum jetzt?

Wenn geklärt ist, dass das Thema unser Thema als Kirche ist und darüber hinaus klar wurde, dass es „mein“ Thema ist bedeutet das noch nicht, dass ich gleich sprinte. Eine dritte Frage ist mir die Hilfe: „Warum jetzt?“ Sie kann eine große Hilfe sein.

Wer Leidenschaft für etwas hat, wird es sich natürlich sehr schnell wünschen. Ich kenne das sehr gut von mir selbst. Ich finde, dass das im Prinzip auch richtig gut ist. Leiter sollen ja Beweger sein. Ergo: sie wollen es jetzt auch bewegen. Dagegen ist nichts zu sagen. Die Frage nach dem Timing ist kritisch. Was sind die Gründe, dass eine Sache JETZT dran ist? Diese Reflexion kann mir viel Druck sparen und mich in die Lage versetzen, besser zu leiten.

Nicht vertrösten!

Unserer Mitarbeiter haben vielleicht auch die Erfahrung, dass sie vertröstet wurden. Oder ihr Thema am Ende „unter den Tisch gefallen ist“. Dann sind sie möglicherweise recht skeptisch, wenn ich „später“ sage. Verstanden. Nachvollziehbar. Die offene Kommunikation, konkrete Meilensteine die wir vereinbaren, um das Thema wieder aufgreifen, kann helfen. Ein feste Terminvereinbarung wirkt Wunder! Sachlich zu fragen: „Warum jetzt?“ ist auch eine Frage der Prioritäten der Gesamtgemeinde. So sehr aus einer Einzelperspektive etwas sehr wichtig sein kann, muss es das nicht unbedingt sein, wenn man die Gesamtperspektive zu Rate zieht.

Ich frage mich in diesen Tagen sehr konkret: was hilft der VM jetzt am besten, um die Weiche zu stellen für eine gute Zukunft zu stellen, die vor uns liegt? Was ist die nächste Entscheidung, Entwicklung, Idee, Lösung … die für die gesamte Gemeinde den größten Gewinn bringen würde und uns in unserer Berufung als Kirche voranbringt?

„Wer entscheidet ist die Führungskraft.“

Ich frage also nicht, was das drängendste Anliegen eines Einzelnen ist! Dabei kann ich nicht vermeiden, dass ich missverstanden werde. Dass ich Leute frustriere und möglicherweise enttäusche. Ist nicht meine Absicht. Tut mir dann auch leid. Mag das auch nicht einfach hinnehmen. Ich erkenne, dass das wieder einmal der Preis ist, den ich als Verantwortlicher zahlen muss.

Verständnis kann man dadurch fördern, dass man klar kommuniziert und die Gedanken transparent macht. Wenn Leute wissen, was, warum und wie angegangen wird, wächst das Verständnis. Obwohl es immer auch Leute gibt, die es anders sehen. Das liegt in der Natur des Menschseins. Da ich aber als Leitender berufen und eingesetzt worden bin, nehme ich die Verantwortung. Wie sagt der bekannte Führungskräfte-Professor Malik: „Wer entscheidet ist die Führungskraft.“ Und ja, ich möchte natürlich alle Mitarbeitenden so gut wie möglich mitnehmen. Auch in Mannheim. Auch in den erschwerten Rahmenbedingungen der Pandemieauflagen.

Vielleicht helfen Dir die Fragen auch.

Über ein Feedback in den sozialen Medien oder hier in den Kommentaren würde ich mich freuen. Hier noch einmal die drei Fragen:

  • Warum überhaupt?
  • Warum ich?
  • Warum jetzt?

Über Lothar Krauss

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