Hey Jesus, dürfen Frauen lehren?

Jetzt eine kompetente und zuverlässige Quelle haben, die einen in solchen Fragen Anregungen und belastbare Inhalte anbietet, ist für eine Führungskraft im Raum der Kirchen echt wichtig. Mein nächster Buchtipp geht genau in diese Richtung. Ich lese richtig, richtig viel von N.T. Wright. Er ist neben Tim Keller, Dietrich Bonhoeffer, C.S. Lewis, Tomas Sjödin … einer der Autoren, die mich Woche für Woche begleiten. Eine Reihe von Wright gehört zu meiner täglichen Lektüre. Und da habe ich einen tollen Impuls zur Frage, die im Titel steht, gefunden:

Hey Jesus, eine Frage: »Dürfen Frauen lehren?«

Der Brunnen Verlag hat von Wright seine „Bibelkommentare für heute“ herausgegeben, die aktuell gerade günstig zu kaufen sind. Sie begleiten mich jeden Morgen, allerdings auf meinem Tablet. Dort lese ich sie mit der Bibelsoftware Logos, die der Hammer ist. Die beste Software ihrer Art, finde ich!

Ich fand die Perspektive des Historikers und NT Professors N.T. Wright zu dieser Frage spannend, die er anhand der Begebenheit, die in Lukas 10 berichtet wird, anbietet:

Lukas 10,38–42: „Auf ihrer Reise kam Jesus in ein Dorf. Dort hieß ihn eine Frau namens Martha willkommen. Ihre Schwester Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Lehren zu. Martha stürzte sich in Küchenarbeit.

Schließlich wandte sie sich an Jesus: „Herr, stört es dich denn gar nicht, dass meine Schwester mir alle Arbeit überlässt?“ „Martha, Martha!“, gab Jesus zur Antwort. „Du kümmerst und bekümmerst dich um viele Dinge. Aber nur eines ist wirklich wichtig. Maria hat sich für den besten Teil entschieden, und niemand wird es ihr wegnehmen.“

»Er verändert auch die Grenzen zwischen Männern und Frauen innerhalb Israels. Diese Grenzen, die so klar festgeschrieben schienen, verwischen sich.

Das wahre Problem zwischen Martha und Maria war nicht, dass Martha in der Küche zu viel Arbeit hatte. Das war vielleicht auch ein Problem, aber es war nicht der springende Punkt. Ebenso wenig war es so (wie einige denken), dass beide Schwestern romantische Gefühle für Jesus hegten und Martha eifersüchtig war auf die bewundernde Pose von Maria, die zu Jesu Füßen saß. Lukas erwähnt weder offen noch zwischen den Zeilen solche Gefühle.

Nein, das wahre Problem war: Maria verhielt sich wie ein Mann. In jener Kultur (wie bis heute in vielen Teilen der Welt) waren Häuser aufgeteilt in „Männerräume“ und „Frauenräume“. Die Rollen von Männern und Frauen unterschieden sich deutlich voneinander. Maria hatte eine unsichtbare, aber sehr wichtige Linie innerhalb des Hauses überschritten und damit eine weitere, wichtige Grenze innerhalb der sozialen Welt.

Im öffentlichen Raum trafen sich die Männer. Die Küche und andere Räume, die von außen nicht einsehbar waren, bildeten die Domäne der Frauen. Männer und Frauen begegneten sich nur draußen, wo die kleinen Kinder spielten, und im ehelichen Schlafzimmer. Wenn eine Frau sich bei den Männern niederließ, war das ein Skandal. Für wen hält sie sich? Nur schamlose Frauen verhielten sich so. Sie sollte sofort zurück ins Frauenquartier, wo sie hingehörte. Hier ging es übrigens nicht grundsätzlich um Überlegenheit und Unterlegenheit, auch wenn das oft so verstanden und kommuniziert wurde. Nein, hier ging es um das, was man als angemessene Trennung zwischen den beiden Hälften der Menschheit ansah.

Es war eine eindeutig männliche Rolle, einem Lehrer zu Füßen zu sitzen. „Jemandem zu Füßen sitzen“ bedeutet nicht (auch wenn es so scheinen mag), dass man hingegeben wie ein Hund dasitzt und den Lehrer wie einen Popstar oder einen Supersportler bewundert. Als Saulus von Tarsus „Gamaliel zu Füßen saß“ (Apostelgeschichte 22,3), saß er nicht einfach da und bestaunte den wunderbaren und großartigen Rabbi. Nein, er hörte zu und lernte. Er konzentrierte sich auf die Lehre seines Meisters und versuchte, sie in seinem Kopf nachzuvollziehen. Jemandem zu Füßen sitzen bedeutet: Schüler des Lehrers zu sein. Zu den Füßen eines Rabbis sitzen bedeutet: „Ich will so werden wie der Rabbi.“ Studium als reiner Selbstzweck war unvorstellbar. Maria hat hier also stillschweigend den Platz als künftiger Lehrer und Verkündiger des Reiches Gottes eingenommen.« —N.T. Wright

Ich finde die Reihe so inspirierend, weil sie mir neue Perspektiven aus der Feder eines der führenden Neutestamentler in der englischsprachigen Welt anbietet, die meinen Horizont weit hält. Und das alles in einer sehr verständlichen und unterhaltsamen Sprache.

Quelle: „Lukas für heute“, S. 164f, Brunnen Verlag
Illustrationsfoto: Beth Moore, Living Proof Ministries, Facebook

Über Lothar Krauss

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3 Antworten zu Hey Jesus, dürfen Frauen lehren?

  1. Jane Merson schreibt:

    Richtig stark Eindrücke. Danke fürs teilen!

  2. Jane Merson schreibt:

    Richtig stark! Danke für teilen.

  3. Elke schreibt:

    Danke für den Blogbeitrag. Ich schätze N.T. Wright auch sehr. Meine weitere Empfehlung zu dem Thema Frauen ist das Buch von Hans-Jörg Ronsdorf „Frauen vergebt uns“. Er teilt ein persönliches Statement, basierend auf der Schöpfungsgeschichte, in das viele Veröffentlichungen zu diesem Thema einfließen. Lohnt sich.

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