Ich bin noch in der kreativen Pause. Aber ein Post, über den ich stolperte, hatte mich nachdenklich gemacht. Ich sah ihn gestern bei Facebook & Twitter. Irgendwie stutzte ich über das, was ich von Carl Lentz sah und las. Vielleicht geht es dir ähnlich! Die letzten Jahre haben ja viel von der christlichen Community gefordert, wenn es um ihre Celebrities ging.
Bei diesen Fotos stiegen dann Fragen in mir auf, die ich zunächst zur Seite schob. Aber sie wollten sich nicht abschieben lassen. Und dann las ich Fragen, die eine andere Person dazu stellte. O.k., ich lasse mich etwas darauf ein. Also, was damit tun?
Feiern, verurteilen oder doch ratlos sein?
Einige feiern diese Bilder. Und die Entwicklungen dahinter. Carl Lentz kehrt zurück! Was ist in der Zwischenzeit passiert? Infos fehlen. Er lässt aber Bilder sprechen. Doch: Was sagen sie? Und was denken andere zu ihnen: sind das gute Nachrichten, oder eher eine merkwürdige Aktion? Sollte es einem egal sein? Zehntausende reagieren im Netz. Als geistliche Leiter fragt man sich, ob man das so machen kann? Oder sollte man es nach Ereignissen, die Carl Lentz hinter sich hat, doch ganz anders angehen? Wenn ja, wie? Die Bilder rufen Reaktionen hervor, definitiv! Es gibt die Befürworter, die Kritiker und die Ratlosen.
Kein unbestelltes Feld!
Wie gesagt: die Skandale, Rücktritte und Krisen der letzten Jahre haben uns aus einem „neutralen Raum“ herauskatapultiert. Die „Unschuld“ und der Idealismus im Blick auf die Mega-Church-Kultur, ihrer Celebrities, ist verschwunden. Im Podcast „The Rise an Fall of Mars Hill“ hat uns Hörer in Hintergründe mitgenommen, die wir nicht wissen wollten. Aber doch wissen sollten. Zumindest die von uns, die Verantwortung im Namen von Jesus für andere Leute tragen.
Nicht wenige Christen haben mit dieser ganzen Art „Kirche zu bauen“ und den „Glauben zu leben“ abgerechnet und abgeschlossen. Nein danke! Bin bedient! Sie wollen nichts mehr von dieser Art des Christentums und ihrer Führungsfiguren wissen. Kann man es ihnen verdenken? Aber auch die Frage muss erlaubt sein: ist das so richtig. Schütten wir da nicht das „Kind mit dem Bade“ aus? Was ist jetzt richtig? Gibt es überhaupt in richtig in diesem Zusammenhang? Uns alle verbindet ein Schmerz. Oft ein tiefer Schmerz. Was ist da in den letzten Jahren passiert …
Ratlos
Viele macht das alles sehr ratlos. Wie damit umgehen? WWJD? Jesus, wie machen wir das jetzt: Gnade leben, aber die Wahrheit nicht unterdrücken. Wie geht das genau? Konsequenzen fordern, aber auch den Raum für eine zweite Chance öffnen. Was ist verantwortlich? Gerade auch den anderen Betroffenen, den Opfern … gegenüber? Zurück zu Lentz: Was muss er tun, sagen, leben, damit er eine zweite Chance bekommen kann? Oder sollte er gar keine zweite Chance bekommen? Ende Gelände, bei dem was er sich erlaubt hat. Wie sieht der Jesus-Weg hier aus?
Oder anders gefragt: Wie lebt man in so einer Situation Vergebung, ohne dass die Opfer dabei erneut zu Opfern werden? Was heißt das für den Täter? Nie wieder einen öffentlichen Dienst für Carl Lentz? Gibt es einen Weg zurück für ihn? Wie sollte Umkehr, Buße in so einem Fall aussehen, der ja sehr öffentlich war? Und es ist richtig: Wenn man den öffentlichen Ruhm mitnimmt, steht man dann bei der öffentlichen Umkehr auch im Spotlight!
Diese und viel mehr Fragen tauchen auf, polarisieren. Ich finde mich in diesen Fragen wieder. Oft nachdenklich, manchmal auch sehr ratlos. Wie geht es dir damit?
Julie Roys, die die christliche Szene auf spezielle Art begleitet (ich hab da immer wieder auch so meine Fragen!), hat ihre Fragen formuliert. Sie ist deprimiert, schreibt sie. Deprimiert bin ich gerade nicht, aber etwas ratlos schon.
Eins ist mir bei allen Fragen klar: Wir dürfen nicht einfach achselzuckend zur Tagesordnung überzugehen. Oder?
Diesen Artikel hier finde ich dazu passend und sehr lesenswert. https://www.christianitytoday.com/ct/2022/august-web-only/matt-chandler-pastors-church-leadership-applauding-sins.html
Offensichtlich hat seine Frau ihm vergeben, denn ich glaube nicht, dass die Fotos gestellt sind. Und wenn sie ihm vergeben hat, wieviel mehr dann unser Herr und Gott, sagt er doch, dass uns alle Sünden vergeben wurden, vergeben sind und vergeben werden. Natürlich gehört Umkehr (also Buße) und eine Veränderung des Denkens und Lebens dazu. Sehr gesegnet sei die Gemeinde, die so einen ehemaligen Leiter aufnimmt.
Werner Wegener, Neumünster, S.-H.
Beim Lesen des Artikels mache ich eine wunderbare Beobachtung: mich interessieren weder die Fotos, noch die Frage, wie die betreffenden Personen wieder eine Anhängerschaft gewinnen kann – denn beides hat für mich eigentlich keine Relevanz auf meine Frage, wie ich mit Menschen in meinem Umfeld das Leben und die Botschaft von Jesus heute lebe. Bedenkenswert ist eher die von Julie Roys gestellte Frage, wieso es zig Tausende Menschen gibt, die sich von der Illusion von Influencern und Celebrities blenden lassen. Und wie sieht gesunde Theologie und die Entwicklung eines reifen Christseins aus, die diese Illusionsphänomene unnötig machen?
Was soll mit „gefallenen“ Celebrities werden, die gelernt haben, die Klaviatur der Selbstvermarktung perfekt zu spielen`? Die Frage darf man sich natürlich stellen, ob bei Lentz, einem säkularen Popstar oder Prince Andrew. Bis auf ICF und ein paar wenige andere gibt es bei uns aber kaum Megachurches mit Mega-Leitern. Insofern kommt in unserem Kontext so eine Frage eher auf, wenn es um katholische Bischöfe geht (Tebartz van Elst, Woelki …). Für mich als Pastor einer normalen Freikirche sind aber Katholiken so wenig relevant wie Megakirchen-Leiter. Kann man drüber nachdenken, hat aber wenig mit meiner Welt zu tun.