Frauen & Männer: Besser zusammen leiten! | 2

Wie gelingt Führung? Ist sie als eine gemeinsame, kreative Aufgabe zu begreifen, oder endet sie doch immer neu im Konflikt der Geschlechter?Corinna Schubert hat einen starken Auftakt im ersten Teil gesetzt. Sie plädiert für ein gemeinsames kreatives Handeln von Mann und Frau in den Führungsaufgaben.

Gemeinsam könnten sie zielgerichtet Macht so einsetzen, dass „dem Leben Raum geschaffen und das Leben gefördert würde“. Gute Leitung hilft Menschen zu wachsen und zu reifen, ist Corinna überzeugt. Diese Grundidee der Schöpfung gibt die Marschroute vor. Wie geht es weiter?

Teil 2

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Die Kraft von Teams

Für diese Art von Leitungsaufgabe sind Teams am besten geeignet. Leitung im Sinne des Herrschens und Verwaltens kann eine einzelne Führungsperson in einem hierarchischen System wahrnehmen, die ihre Macht dazu gebraucht, Gesetze und Regeln umzusetzen und alles „in Ordnung“ zu halten. Aber um kreativ Lebensraum in einem sich verändernden Kontext zu gestalten, braucht es unterschiedliche Menschen. Dementsprechend geht der Ur-Auftrag Gottes an den Menschen als Team – an Mann und Frau zusammen. Denn gerade durch die Unterschiedlichkeit von (mindestens) zwei Menschen entsteht ein fruchtbarer Raum, in dem Gedanken, Ideen und Einsichten wachsen können. „Männlich“ und „weiblich“ stehen dabei für die beiden Pole, für die Unterschiedlichkeit im kreativen Prinzip.

Diesem Gedanken folgend sollten im Blick auf problemlösende, kreative Aufgaben Teams in vielerlei Hinsicht möglichst divers aufgestellt sein. Das betrifft eine ausgewogene Verteilung von Männern und Frauen, aber nicht nur. Denn es ist klar, dass es nicht nur den einen Typ Mann und den einen Typ Frau gibt. Auch wenn uns manche Schubladen helfen und wenn manche Klischees auf manche Frauen und Männer zutreffen mögen, die Realität ist viel bunter und „wimmeliger“, als unsere Schubladen es fassen können. Diesen Reichtum, den Gott in seine Schöpfung gelegt hat, sollten wir uns nicht selbst nehmen, indem wir ihn in Schubladen sortieren.

In der Praxis mag es gut sein, in einem ersten Schritt zu sagen: „Wir brauchen mehr Frauen in unserem Team.“ Es ist aber besser, wenn wir schnell entdecken, dass in der Schublade „Frau“ wie in der Schublade „Mann“ noch viele kleine Schubladen drin sind und dass in diesen Schubladen wieder Schubladen zu öffnen sind. Denn neben den Polen „männlich“ und „weiblich“ gibt es noch viele andere zu entdecken: Menschen können zukunftsorientiert und traditionsverbunden, introvertiert und extrovertiert, sachorientiert und beziehungsorientiert und vieles mehr sein. Diesen Schatz von unterschiedlichen Stärken und Perspektiven zu entdecken, ins Verhältnis zu setzen und somit einen fruchtbaren Raum für einen Prozess zu öffnen, ist Aufgabe guter Leitung.

Gegenüber auf Augenhöhe

Teams können kreative Prozesse aber nicht nur im Blick auf die Aufgaben fördern. Auch für die Personen, die Leitungsverantwortung haben, ist es wichtig, Menschen als Gegenüber zu haben. Ohne Menschen, die Menschen ein Gegenüber sind, können sie sich nicht weiterentwickeln; „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist“ (Gen 2,18; LUT 2017). Der erste Mensch jubelte, als da plötzlich dieses faszinierende Wesen vor ihm stand: Es passte zu ihm, war von gleichem Fleisch und Knochen und Blut. Es war so ähnlich, dass sie eine gemeinsame Basis hatten, auf der sie miteinander kommunizieren konnten. Und doch waren sie auch unterschiedlich.

Es entstand die kreative Spannung, es erweiterte sich der eigene Horizont und in alldem schärfte sich auch die Selbsterkenntnis. Gerade weil der andere anders ist, erfährt mensch mehr über sich selbst. In dem Spiegel des anderen erkennt er sein eigenes Wesen. In dem Spiegel des anderen reflektiert sich das eigene Verhalten. Und so wird das Ich am Du, so entwickelt sich das Ich in Beziehung zu anderen.

Dabei ist es wichtig, dass das Gegenüber ein echtes Gegenüber auf Augenhöhe ist.

Dabei ist es wichtig, dass das Gegenüber ein echtes Gegenüber auf Augenhöhe ist. Um uns weiterzuentwickeln, können wir weder Menschen gebrauchen, die besserwisserisch auf uns herabschauen, noch Menschen, die ehrfurchtsvoll zu uns aufschauen. Interessanterweise steckt dieser Gedanke bereits in der Erzählung, in der Gott den zweiten Menschen aus der Seite des ersten erschafft. Der UrMensch kann nicht allein Mensch sein. Gott nimmt von ihm etwas weg und macht daraus ein Gegenüber. Vielfach wird das „Material“, aus dem der zweite Mensch gemacht wird, mit dem Wort „Rippe“ übersetzt.

Und es schwingt mit, dass dies ein kleiner verzichtbarer Knochen ist, der eben noch übrig war. Tatsächlich wird dieses Wort aber nirgends sonst im Hebräischen auf diese Weise gebraucht. In anderen Zusammenhängen, wie z. B. bei der Beschreibung des Tempelbaus, werden mit dem Wort immer zwei Teile beschrieben, die sich gegenüberliegen und nur zusammen ein Ganzes ergeben. Es geht um zwei baugleiche Seiten, wie etwa bei einer Flügeltür.2

So sollen sich Menschen im Team ein Gegenüber sein. Dass das Gegenüber aus der Seite des ersten Menschen genommen ist, erinnert daran, dass jeder Mensch eine offene Flanke hat. Die eigene Begrenzung und Ergänzungsbedürftigkeit kommen sinnbildlich zum Bewusstsein. Und Freude entsteht, wenn Menschen erleben: Wir passen zusammen. Das, was wir zu geben haben, ergibt zusammen etwas Größeres.

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Im nächsten Teil reflektiert Corinna, was der Kreativität im Miteinander schadet und geht auf die Frage des Machtmissbrauchs ein.

Corinna Schubert (Jg. 1983) lebt mit ihrer Familie im Großraum Stuttgart. Sie ist Pfarrerin in der evangelischen Landeskirche und engagiert sich ehrenamtlich im Netzwerk „churchconvention“. Unter dem Motto „Sag’s mit Bild“ ist sie freiberuflich als Visual Artist aktiv.

Mehr von Corinna findet ihr hier: www.corinna-schubert.de, https://www.herz-trifft-kopf.net und www.churchconvention.de

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Corinna, ich und viele andere werden im August gemeinsam mit großartigen Referenten das Thema Führung weiter denken. Der Leitungskongresse von Willow ist unser Angebot. Wir laden Dich ein: sei dabei in Leipzig!

Mit Michael Herbst, Thomas Härry und Tim Stevens wird sie eine Vorkonferenz zur Frage der dunklen Seite der Macht in Leipzig mit moderieren.

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Dieser Text von Corinna ist zuerst als Beitrag für das Buch “Von der dunklen Seite der Macht” veröffentlicht worden, das von Michael Herbst und Thomas Härry herausgegeben wurde. Das Buch ist bei Gerth Medien erschienen und als Leiterblogger empfehle ich es sehr.

Der Nachdruck des Textes erfolg mit ausdrücklicher und freundlicher Genehmigung von Gerth Medien.

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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3 Antworten zu Frauen & Männer: Besser zusammen leiten! | 2

  1. Rüdiger Müller schreibt:

    Ich bin irritiert über den vorgetragenen Gedanken, im gemeindlichen Kontext „Macht“ einzusetzen.
    Der Apostel Petrus lehnt den Einsatz von Macht kategorisch ab, siehe 1. Petr. Kap. 5 Verse 1 ff.

    • Lothar Krauss schreibt:

      Wir sprechen lieber von VollMACHT als Christen … Hier eine Übersicht zum Begriff, den das NT nutzt und häufig mit Vollmacht, Macht, Gewalt … übersetzt wird: exousia. Über 100 x im NT.

      Eine Stelle z.B. (Jesus sagt seinen Zwölf):

      Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unreinen Geister, dass sie die austrieben und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen. (Mt 10,1).

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