Echt jetzt, fragen – nicht nur – Männer! Nina Kolleck, Professorin für Politik- und Bildungswissenschaften und Klaus Hurrelmann, ebenfalls Hochschullehrer, sind dieser Meinung, wie sie es neulich in der Wochenzeitung DIE ZEIT dargelegt haben. Was sind ihre Argumente die sie dazu führen, Unternehmen aufzufordern, Frauen zu befördern? Ihre Meinung: Frauen beherrschten oft genau das, was gute Führungskräfte beherrschen sollten. Und direkt steht die Frage im Raum: Was beherrschen Frauen oft besser als Männer?
Die „drei K“ der Frauen. Und jetzt noch ein „K“
Kinder, Küche, Kirche. Und nun noch Karriere. Berufliche Karriere. Studien würden deutlich zeigen, »dass es sich nicht nur ideell, sondern auch wirtschaftlich lohnt, wenn Frauen in Führungsgremien sitzen«.
- Umsatz und Gewinn steigerten sich
- Unternehmen würden wettbewerbsfähiger
- Unis würden mehr Drittmittel einwerben
In Ländern wie Finnland oder Norwegen könnte man das beobachten. Dort gäbe es »einen deutlich höheren Anteil an weiblichen Führungskräften und zugleich würden diese Länder zur weltweiten Spitze in Forschung und Wirtschaft« gehören. In Deutschland sähe die Situation schon sehr anders aus.
Das Multi-Rollen-Modell
Frauen seinen im Umgang mit dieser vielschichtigen Lebenswirklichkeit unserer Zeit vertrauter und geübter. Sie könnten daher
- besser in vielen verschiedenen Lebensbereichen bewegen
- mit widersprüchlichen Interessen, die an sie herangetragen werden besser umgehen
- damit auch Kompromisse besser aushandeln
- eine Flexibilität auch im Beruf leben, mit der sie ihre männlichen Altersgenossen auf fast allen Feldern abhängen
Ist das eine ideologische Wahrnehmung, die zum Zeitgeist passt? Fakten sind ja bekanntlich Freunde. Wie sieht die Faktenlage nun aus?
- Frauen liefern bessere Leistungen in Schule und Studium ab
- Frauen seinen sensibler für Fragen der Gesundheit und der Umwelt
- Frauen hätten auch im Blick auf das soziale Engagement die Nase vorn
Sie punkten nicht nur inhaltlich, sondern auch im Bereich der „Soft Skills“. Damit würden sie den Führungsanforderungen in Wissenschaft und Wirtschaft besser gerecht werden: Zusammenarbeit, Kompromisse, Verhandlungen …
Und wie erlebe ich das in meinem kirchlichen Umfeld?
Diese Thesen, Forschungsergebnisse und Einschätzungen haben mich direkt in die Reflexion der letzten Jahrzehnte geführt. Während in den Leitungskreisen der Kirchen, in denen ich tätig war, vor allem Männer saßen, wurde die tatsächliche Führungsarbeit im Alltag durch Frauen erledigt.
Im Bereich der Kinder- u. Jugendarbeit, aber auch in den Treffen in kleinen Runden, Kurse, Beratung und nicht zuletzt in Gebetstreffen. Sogar in den regelmäßigen, praktischen Aufgaben traf ich häufiger auf zuverlässige, verantwortlich agierende Frauen, denn auf Männer.
Ein gutes Klima in den Leitungskreisen
Viele Spannungen und Streitereien, Rechthabereien und fehlende Kompromissbereitschaft begegnete mir eher bei Männern als bei Frauen.
Auf die beste Performance in der Gemeindeerneuerung schaue ich dort zurück, wo Frauen und Männer miteinander unterwegs waren. Schon Ende der 1970er Jahre wurde mir das klar und seither war es mein Bestreben, immer gemischte Leitungskreise zu bilden.
In den ersten Jahren war es nicht möglich, Frauen als Älteste zu berufen. Aber als Diakone (Diakoninnen – nicht zu verwechseln mit Diakonissen -) ging es aber immer. So wechselten wir das Etikett „Ältestenkreis“ in „Gemeindeleitung“, was den Raum bot, alle einzubeziehen.
Das hat sich in den letzten vier Jahrzehnten immer als ein großer Segen entpuppt. Vor allem, wenn wir miteinander in der Gesinnung von Jesus zusammenwirkten. Also wenn „einer den anderen höher als sich selbst“ stellte. Da aber hatten Frauen wie Männer immer neu ihre liebe Mühe. Philipper 2,4ff war und ist uns ein wertvolles Koordinatensystem.
Danke!
Ich für meinen Teil möchte nicht ohne Frauen im Leitungsteam leiten. Sich gegenseitig zu ergänzen ist der Hammer. Selbst erlebe ich das seit Anfang der 1980er Jahre mit Heike Arnold, meiner späteren Frau. Ob in der Sketchgruppe, in kreativen Prozessen, Freizeitleitung oder in kleinen Gruppen. Ohne diese beständige Zusammenarbeit hätte ich mich als Führungskraft nicht so entwickeln können, wie es dann kam. Also, dieser Post ist eine gute Gelegenheit DANKE zu sagen.
Leiten auf Weiblich!
Führen Frauen anders als Männer, weil sie die 4-K’s drauf haben? Das ist sicher von Situation und Anforderung abhängig. Wie aber ist es, wenn Frauen leiten? Elisabeth Schoft wollte es genau wissen, nachdem sie mit 28 Jahren unerwartet eine leitende Rolle im Fontis-Verlag zu übernehmen hatte.
In ihrem Buch „Leiten auf Weiblich“ geht sie selbst den Fragen nach und lässt viele weitere Frauen und einen Mann aus unterschiedlichen Lebenssituationen, Leitungsverantwortungen und auch unterschiedlicher Generationen zu Wort kommen. Ein gelungener Rundblick, verbunden mit einem sehr offenen Einblick, eröffnet sich da dem Leser. Deshalb: Leiten auf Weiblich ist Tipp für alle, die tiefer in die Fragestellung einsteigen und sich selbst reflektieren wollen.
Elisabeth Schoft hat in einem Interview zur Entstehung und Absicht des Buches Rede und Antwort gestanden. Hier ist es zu lesen. Ein Klick auf das Inhaltsverzeichnis führt zu einem kleinen Einblick ins Buch.
Wow, vielen Dank. Das ist bei mir sehr gut gelandet. Die Beobachtung, dass im Gemeindekontext in der Vergangenheit vor allem Frauen die Verantwortlichen in versteckten Bereichen waren (zb Lehre und Jüngerschaft der Jungen Generation oder Seelsorge) ist wirklich wichtig, um zu erkennen, dass Frauen tatsächlich schon seit vielen Jahren Leitungserfahrung haben, aber eben versteckt und bei den „schwächeren“ Personen in einer Gemeinde. Dass Frauen so lange Zeit ( und teilweise noch immer) nicht „auf der großen Bühne“ predigen durften, jedoch fast ausschließlich dafür verantwortlich waren, Kinder und Jugendliche „anzupredigen“, denen noch dazu ja das Urteilsvermögen noch fehlt, ist eine sehr scheinheilige Doppelmoral, die ja nun endlich vielerorts aufbricht. Gott hat Eva geschaffen als ein gleichwertiges Gegenüber für Adam. Nur so werden wir gemeinsam und mit Gott in unserer Mitte den herausfordernden Auftrag von Gemeinde meistern.
So gut, besonders der Punkt mit der Doppelmoral. Das ärgert mich seit Jahrzehnten, dass Frauen „ungeprüft“ 🙈😂 Kinder lehren dürfen, die sie nicht kritisch reflektieren können, aber keine gesamte Kirche mit reifen Leuten, die das (hoffentlich) gut können. Darüber hinaus nervt es mich sehr, dass mittelmäßige Predigten und Inputs von Männern gefeiert werden, Frauen oft aber viel besser performen sollten, bis sie ähnliche Wertschätzung erfahren. Im beruflichen Kontext müsste ich mich jetzt auch noch zur Frage der Bezahlung äußern, die häufiger einem Skandal gleichkommt … Seit vielen Jahren spreche ich das immer wieder in Predigten an.