Hoher Anspruch!

Brian Houston tritt von seiner Rolle als „Global Senior Pastor“ von der Hillsong Church zurück. Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI. kommt durch ein Gutachten massiv in Bedrängnis. Vielen bekannten Persönlichkeiten geht es ähnlich. Nicht wenige sind von der Bildfläche verschwunden. Auch die christliche Szene hat eine wachsende Liste von Namen zu bieten, die es „erwischt“ hat.

Hoher Anspruch!

Wer in eine Rolle der Verantwortung eintritt, steht als Person schnell sehr hohen Ansprüchen gegenüber. Direkt und indirekt. Für sich selbst, die eigenen Werte, das eigene Verhalten. Es kommt darauf an, wer man ist, wenn niemand einen sieht. Die Frage nach dem Charakter ist nach wie vor die entscheidende Frage an einen Verantwortlichen.

Aber damit erschöpft sich nicht die Verantwortlichkeit, wie dieser Tage Brian Houston und Joseph Ratzinger erfahren müssen. Auch für das, was sie in ihrem Umfeld zulassen, sind sie zuständig. Und das betrifft nicht nur die fachliche Seite der Verantwortung!

Willow wurde im Blick auf das Fehlverhalten von Bill Hybels vorgeworfen, dass Verantwortliche „die Marke“ mehr schützen wollten, als die Opfer. Offensichtliche Fehlentwicklungen seien geduldet worden, kritische Stimmen zum schweigen gebracht und konkreten Vorwürfen nicht angemessen nachgegangen worden. Der Schaden für die weltbekannte Kirche ist so groß.

Schwere Tage für Hillsong Church

Die Polizei behauptet, dass Houston seit September 1999 wusste, dass sein Vater Frank Houston 1970 einen Mann unsittlich angegriffen hatte. Und dann eben nicht verantwortlich reagiert hätte. Brian Houston sieht das ganz anders. Schon im letzten September war er von vielen Rollen in der Kirche zurückgetreten. In der Verantwortung als „Global Senior Pastor“ war er verblieben. Anfang Oktober kam es zu einer ersten Anhörung. Nun hat sich die Sache so entwickelt, dass Houston sich ganz auf die Verteidigung seiner Person konzentrieren muss.

„Im Dezember, während unserer Vorstandssitzung, gab der externe Rechtsberater von Hillsong dem Vorstand einen Ratschlag bezüglich der aktuellen Anklage, mit der ich konfrontiert bin – dass es die beste Praxis“ wäre, wenn ich mich während des Gerichtsverfahrens vollständig von der Kirchenleitung zurückziehen würde“, sagte er.

„Die Gerichtsverfahren werden sich wahrscheinlich in die Länge ziehen und den größten Teil des Jahres 2022 in Anspruch nehmen, vor allem angesichts des Rückstaus bei den Gerichten, der durch die Covid-Pandemie noch verschärft wurde.“

„Parallel dazu haben der Vorstand und ich ausführlich über die Anforderungen an die Führung diskutiert. Wir haben über die Auswirkungen der Situation mit meinem Vater gesprochen, die viele Jahre zurückliegen, bis hin zu dem aktuellen Gerichtsverfahren, und über die Auswirkungen, die dies auf mich emotional hat.“

Was bedeutet das für mich als Leiter?

Ich weiß nicht wie es Dir geht, aber das ist die Frage, die direkt in mir aufsteigt.

Ich checke mein Leben und Leiten der letzten 40 Jahre. Reflektiere meine Entscheidungen und auch die Kultur, die ich in den Jahrzehnten in den Kirchen mit den Teams baute.

  • Wo habe ich nachlässig gehandelt?
  • Wo bin ich nicht verantwortlich mit Situationen, Menschen oder Entwicklungen umgegangen?
  • Wo habe ich Menschen oder Verhaltensweisen geduldet, weil ich den Nutzen (Begabung, Talent, Einsatz) des Beitrags für die Organisation (Kirche) als unverzichtbar ansah?
  • Habe ich „die Marke“ mehr geschützt, als die Menschen?
  • Wo habe ich bei Menschen Großzügigkeit walten lassen, weil ihr Charisma mich beeindruckte? (Während ich bei weniger begabten und erfolgreichen Leuten ähnliches Verhalten kritisch reflektiert hätte?!)

Ich bin erinnert an das Wort des Paulus:

»Gebt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, die Gemeinde Gottes, zu deren Leitern euch der Heilige Geist eingesetzt hat. Sorgt für sie als gute Hirten; Gott hat sie ja durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben.« | Apostelgeschichte 20,28 (NGÜ)

Ich bin nachdenklich, traurig und ernüchtert. Den „ersten Stein“ zur Hand nehmen, möchte ich auf keinen Fall. Das können ja nur die von uns tun, die „ohne Schuld“ sind (Johannes 8,7). Ich gehöre nicht zu ihnen.

Quellen: vielfach und frei im Internet zu finden.

 

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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2 Antworten zu Hoher Anspruch!

  1. Abdel Ibrahimi schreibt:

    Vielen herzlichen Dank Lothar! Sehr wichtige und wertvolle Gedanken. Sehr empfehlenswert zu lesen.

  2. Markus Wandres schreibt:

    Ein sehr spannender Artikel wenn man bedenkt, welche Reaktion es 2014/2015 gab, als ein Mitarbeiter im Verantwortungsbereich des CZ Reutlingen, 4 Jungen massivst und mehrfach sexuell missbraucht hat. Wenn die Öffentlichkeit nicht hinausschaut, wenn es keine große mediale Aufmerksamkeit gibt, scheint es ausreichend zu sein, wenn man sich in Unkenntnis hüllt und das Thema von sich schiebt. Persönliche oder dienstliche Konsequenzen sind nicht zu befürchten, da es im Zweifel dann auf ein wir (Christen/ Gemeinde) gegen die (böse Medien/ der “Feind”) ist. Aber nicht nur in solchen Extremen, auch der schon von dir reflektiere emotionale/ geistliche Missbrauch wird aus meiner Sicht nicht wirklich ernst genommen. Im Zweifel ist man für den Apostel/ Leiter/ Freund… das schafft Vertrauen und Beziehung (stehen wir doch füreinander ein) aber es gibt eben auch ungesunden Systemen Raum, ohne dass man Konsequenzen fürchten muss.

    Ein komplexes und herausforderndes Thema.

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