Knacker oder knackig? Oder: Wie man in die nächste Generation investiert!

Die Wette für den 5000m Lauf war schnell ausgemacht. Schlägt der Papa die Tochter um zehn Sekunden gibt’s für den Alten einen Cappuccino. Läuft die Tochter eine Minute schneller als der Papa winkt ein Eisbecher. Auf der Hinfahrt machten wir den deal öffentlich.

Der Elfjährige warf ein: „Und ich?“ „Naja, ist doch dein erster Lauf über die 5000er.“ Innerlich dachte ich mir: Wenn du es unter 30 Minuten schaffst, lade ich dich auch mit ein…

Wir liefen uns ein, stellten uns ins Gedränge. Der Startschuss verhalte im Abendhimmel. Knacker gegen Knackig. Training gegen Talent. Nach 200 m hatte ich meine Kinder ein, feuerte sie an, lief mein Tempo weiter. An der 1000 Meter Marke signalisierte mir die Pulsuhr: 4:50 Min. Just in diesem Moment schwebte meine Tochter vorbei. Dicht an ihren Fersen zu meiner Verwunderung: Joshua. Ups. Unglaublich. Hält er das Tempo durch?

Ich kämpfte mich weiter gegen Regen und Gegenwind. Kurz vor der 2,5 km Wende kamen mir erst meine leichtfüßige Tochter, dann mein strahlender Sohn entgegen. Puh, jetzt gilt es aber. Nach der Wende mit Rückenwind legte ich nochmal einen Zahn zu. Kilometer 3 bewältigte ich mit einem Schnitt von 5:20 Min. Immer näher kam ich dem FC-Bayern-Trikot. Genau bei Kilometer 4 mit einem Schnitt von 5:15 Min. holte ich ihn ein, meinen Helden. Ich klopfte ihm auf die Schultern. Er lächelte mich gequält an. Japsend entfuhr ihm: „Papa, ich kann nicht mehr“.

Cappuccino oder Eis durchzuckte es mich? Ich bremste ab, scherte vor meinem Sohn ein, bot ihm Windschatten an. Feuerte ihn an. „Noch 500m! Du machst das super!“ „Noch 400m! Da vorne ist das beleuchtete Ziel!“ „Noch 200m! Ich bin stolz auf dich! Klasse!“ Gemeinsam beschleunigten wir nochmals. Die Zuschauer verfielen in rhythmisches Klatschen. Mit 27:12 Min. liefen wir ins Ziel. Klatschten uns ab. Ich reiche meinem Sohn einen Becher Wasser.

17 Sekunden!

Meine Pulsuhr zeigte mir für Kilometer 5 einen Schnitt von 5:32 Min. 17 Sekunden hatte ich eingebüßt zwischen Kilometer 4 und Kilometer 5. 77 Sekunden war meine Tochter am Ende schneller. Als dem strahlenden Elfjährigen bei der nächtlichen Siegerehrung die Medaille für seinen 2. Platz umgehängt wurde, ahnte ich: Heute hast du alles richtig gemacht. Dein Rausnehmen des Tempos war es wert. 17 Sekunden verhalfen meinem Sohn zu seiner Glückserfahrung. Den eigenen Nachwuchs ins Ziel bringen, ist mehr wert als selbst gesetzte Ziele erreichen. Oder wie sagte mein Sohn hinterher im Auto: „Als du kamst, brannte mein Herz. Ich wollte gerade aufhören mit dem Laufen!“

Gerührt. Gekämpft. Zwei Eisbecher. Geglückt. Gesiegt.

17 Sekunden!

Rüdiger Jope, Chefredakteur beim SCM Bundes-Verlag hat diese Begebenheit selbst erlebt und aufgeschrieben. Ich finde, dass sie genial deutlich macht worum es geht, wenn ein Leiter zu einem „Hero Maker“ wird. Ein Diener mit Trainerlizenz. Zu jemandem, der sein Bestes gibt um das Beste in anderen zu fördern.

Danke Rüdiger, dass ich die Story auf den Blog bringen durfte! YEAH!

Fotos: Screenshots vom FB Account von Rüdiger Jope, Unsplash

Über Lothar Krauss

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