Eichen gesucht! – Leitertypen, die es auch braucht!

Verantwortliche so stabil, imposant, fest … wie Eichen? Brauchen wir das? Wollen wir solche Leiter? Oder ist heutzutage alles ganz anders? Eichen. Was für ein Bild. Ulrich Eggers hat in seinem letzten Editorial der Zeitschrift Aufatmen (2.2020) zur Frage von Autorität und Orientierung nachgedacht. Hier der kurze Auszug aus Ulis Editorial:

Ich liebe Eichen

Ich liebe Eichen – besonders, wenn sie einsam und mächtig auf einem weiten Feld stehen: massiver Stamm mit rissiger Borke, weit ausladende Krone mit kraftvoll bizarren Ästen – ein knorriges Urbild von Kraft. Unübersehbar. Standfest. Oft erratisch, herausragend: Man kann sie nicht übersehen, kommt schwer an ihnen vorbei. Sie stehen am/im Weg, man reibt sich daran.

Und darum geht es mir hier.

Denn diese Ambivalenz von Eichen war schon immer ein Nachdenk-Thema für mich – in vielfacher Hinsicht. Wir brauchen sie nämlich. Die Bäume – ja, die auch. Aber ich meine jetzt mehr die Menschen-Eichen – die Persönlichkeiten, an denen wir uns reiben. Die inspirieren, ermutigen, zu Reaktionen bringen. Die aber auch ärgern, verletzen, Reibung und Wundsein erzeugen. Eine merkwürdige Ambivalenz …

»Wir leben immer noch in der Reaktions-Starre geschichtlich erlernter Eichen-Abwehr.«

Man entdeckt solche Eichen, wenn man von Menschen, Gedanken, Impulsen nicht loskommt. Sich manchmal geradezu übertrieben provoziert und herausgefordert fühlt. Oder verblüffend verstanden und in neue Räume geführt. Derartige Eichen führen oft zu wunderlichen Übertreibungen: glühende Nachfolge oder heftige Abwehr. Denn Eichen strahlen Autorität aus – und das ist (zumindest in Deutschland nach unserer Nazi-Geschichte) politisch nicht mehr korrekt: Autorität muss verweigert, bekämpft, herablassend missachtet, demontiert und angezweifelt werden. Wir Deutschen (zumindest …) leben immer noch in der Reaktions-Starre geschichtlich erlernter Eichen-Abwehr. Nie wieder! Haben mindestens ein neurotisch-intuitives Missverhältnis dazu – kritiklose Verehrung oder grundsätzliches Misstrauen. Vielleicht, weil wir (heimlich oder offen) merken, wie sehr wir Eichen brauchen. Uns nach ihnen sehnen – egal, ob Pro- oder Contra-Eichen. Hauptsache Eichen. Wir brauchen Orientierung. Messpunkte. Festigkeit. Raue Rinde zum Reiben. Sehnsucht oder übertriebene Abwehr: Alles spricht davon, wie wichtig Eichen sind. Und wie ambivalent.

Ulrich (Uli) Eggers ist Verlagsleiter der SCM Gruppe, 1. Vorsitzender von Willow Creek Deutschland und Chefredakteur von Aufatmen.
Mit freundlicher Genehmigung von Aufatmen.

Über Lothar Krauss

Ehemann | Vater | Pastor | Blogger | Netzwerker
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2 Antworten zu Eichen gesucht! – Leitertypen, die es auch braucht!

  1. Alison Huber schreibt:

    Das erinnert mich an Rick Warren’s herrlichen Vergleich eines Pilzes mit einer Eiche in ‚Leben mit Vision‘. Ich kann hier nur auf Englisch zitieren, weil ich das Buch in Deutsch nicht habe: „When God wants to make a mushroom, he does it overnight, but when he wants to make a giant oak, he takes a hundred years.“ Der Kontext ist zwar ein bisschen anders, nicht spezifisch Leiterschaft, aber sagt mir, dass ich auch als Leiter nicht übernachten fertig gewachsen bin, sondern lebenslang lernen und immer fester stehen darf.

  2. Johannes Trieglaff schreibt:

    Menschen, die inspirierend sind mit weiterführenden Ideen, Visionen, Massnahmen, brauchen wir. Die dann flexibel genug sind, diese in einem kompetenten Team zu reflektieren, zu kritisieren und zu vereinbaren brauchen wir. Eichen sind mir zu starr.

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