WAS BRAUCHEN LEITER: BESTÄTIGUNG ODER WIDERSTAND?

»Das hast du super gemacht! Das war genial! Gönn es dir! Das hast du dir echt verdient!« Bestätigt und ermutigt zu werden, ist ein legitimes Bedürfnis. Das tut gut und ist gut. In unserer Kultur gehört es dennoch nicht unbedingt zur Grunderfahrung. Obwohl wir zunehmend in einer »Bestätigungskultur« leben. Das darf sich noch entwickeln. Dennoch ist es nur die »halbe Miete«! Was fehlt uns zum Glück? Widerstand! Widerstand? Ja, gesunder Widerstand tut uns richtig gut. Wie das?

GESUNDER WIDERSTAND

Es gibt nämlich eine gute Form des Widerstandes, die es für eine gute Entwicklung der Persönlichkeit braucht. Um eine reife Führungskraft zu werden, ist dieses Training unausweichlich. Schwierigkeiten, Hürden, und Mühen. Wiederstände in der Sache, an denen sich unser Charakter formt. Und Menschen, die uns so schätzen, dass sie nicht alles bei uns cool, genial, großartig und gelungen finden. Die sich uns – Motiv Wertschätzung, Respekt, Liebe – in den Weg stellen und dabei unseren Unmut in Kauf nehmen, weil sie weiter sehen und deshalb unseren Ärger aushalten. 


Einschub: Eltern haben (früher wohl mehr) diese Rolle im Leben ihrer Kinder übernommen und gute Grenzen gesetzt. Das hat sie dann beim Nachwuchs nicht immer beliebt, aber immer wertvoll gemacht!


Leute, die uns zu Warnschildern am Weg werden, und uns dabei richtig GUT tun. Nicht jedes Warnschild muss ein Angriff auf unsere Freiheit und Selbstständigkeit sein! Viele Warnschilder sind einfach nur sinnvoll, hilfreich und schützend. Sie fördern sozusagen unser Wohlbefinden und Leben!

Eine nette Begebenheit ist eine schöne Illustration für den Gedanken. Ich habe sie bei Tomas Sjödin, dem schwedischer Schriftsteller und Pastor, gefunden. Sjödin schreibt Kolumnen, die ins Schwarze treffen. Und Bücher, die Verantwortlichen gut tun. Hier die Story von Sjödin:

BESTÄTIGUNG ODER WIDERSTAND

»Wir waren im Urlaub in den USA und haben dort ein Auto gemietet, denn bekanntlich ist es schwer bis unmöglich, sich in den Staaten auf andere Weise fortzubewegen. Das Auto, das wir als das unsere erkoren hatten, erwies sich als ein nigelnagelneuer Chevrolet. Schon beim Buchen war es uns verdächtig günstig vorgekommen, aber als uns beim Abholen die zuständige Dame fragte, ob wir es nicht gegen ein etwas luxuriöseres Modell tauschen wollten, glaubten wir, sie versuche uns zu veräppeln. Wir behielten das Auto natürlich und rollten mitten in der Nacht vom Flugplatz Richtung Hotel. Das sollte kein Problem sein, schließlich hatten wir uns ein Navi als Extra geleistet. Die Straße, an der unser Hotel lag, fand sich nicht im Navi, deshalb gaben wir eine Adresse in der Nachbarschaft ein und fuhren los. Wir waren schon fast 24 Stunden unterwegs, sehr, sehr müde, und wir wollten nur noch ins Bett.

Schon bald befahl uns der Apparat, rechts abzubiegen, dann noch einmal rechts – das war überhaupt nicht die Richtung, die uns vorschwebte. Die Straßen wurden schmaler, die Bebauung spärlicher, und schließlich sahen wir uns an und sagten: »Da stimmt was nicht.« Wir wendeten.

Die amerikanische Frauenstimme im Navi setzte wieder ein, so freundlich wie zuvor – jetzt rechts, jetzt links –, bis wir auf einem Wendehammer standen. Erst dort erkannten wir, dass wir fahren konnten, wohin wir wollten, immer behauptete die Stimme, dass wir auf dem richtigen Weg seien. Selbst wenn wir vor einer roten Ampel standen, zeigte der kleine Bildschirm an, dass unser Auto weiterfuhr. Wir sahen ein, dass die freundliche Stimme sich genauso verirrt hatte wie wir. Wir hatten wohl ein Montagsexemplar von Navi erwischt. Wir hielten bei einer Tankstelle und fragten auf altmodische Weise einen Menschen nach dem Weg. Der Tankwart war genauso freundlich wie die Navi-Stimme, mit dem Unterschied, dass er wusste, wo er war und wie wir fahren mussten, um endlich anzukommen. »Drehen Sie um«, sagte er. »Sie müssen in eine ganz andere Richtung.«
Es war fast Morgen, als wir unser Ziel erreichten, aber wir erreichten es. 

Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückblicke, dann erkenne ich, dass Bestätigung sehr wichtig war, aber ich sehe auch, dass ich ohne mutige Menschen in die Irre gegangen wäre, Menschen, die sich in mein Leben eingemischt und mich darauf aufmerksam gemacht haben, dass ich dabei war, einen gefährlichen Weg einzuschlagen. Damals habe ich mich über sie geärgert. Heute denke ich mit Dankbarkeit an sie zurück.
Unsere Gesellschaft wird immer individualistischer, und als Folge davon erscheint es uns fast vermessen zu sein, sich über ein Leben Gedanken zu machen, das nicht das eigene ist.

Aber wirkliche Fürsorge bedeutet manchmal auch Widerstand. Ohne Widerstand wird unser Zusammenleben wie das amerikanische Navi: nett und freundlich. Allerdings dreht man eine unglaublich große Runde, bis man da ankommt, wo man hinwollte.«*

FRAGEN

  • Welche Widerstände haben sich in Deinem Leben im Nachhinein als gute Hilfen herausgestellt? – Reflektiere, beschreibe für Dich die Situation, Deine Gefühle dabei und Deine spontanen Gedanken. Beschreibe die heutige Einschätzung und begründe den Wandel Deiner Bewertung.
  • Welche Widerstände, Mühen, Warnschilder … gibt es aktuell in Deinem Leben, die sich gerade schlecht anfühlen, aber vielleicht ein tolles, positives Potential für Dich haben? – Reflektiere, beschreibe für Dich die Situation, Deine Gefühle dabei und Deine spontanen Gedanken. Versuche das positive Potential zu beschreiben, das in der mühsamen Situation verborgen liegen könnte.
*Nachdruck aus »Es gibt so viel, was man nicht muss« mit freundlicher Genehmigung von SCM R.Brockhaus! 

Tomas Sjödin, Hanna Schott
Es gibt so viel, was man nicht muss
Von der Einfachheit des Lebens, des Glaubens und der Liebe
SCM R. Brockhaus, 256 Seiten, 2. Auflage
16,99 € | 11,99 € (eBook)

Eine Leseprobe mit dem Inhaltsverzeichnis ist hier einzusehen.

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(c) Foto: www.libris.se

Über Lothar Krauss

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