«Unsere Vorfahren haben gekämpft und gejagt, da waren noch Kraft und List gefordert. Heute sind wir verunsichert. Frauen haben uns eingeholt, die Werbung hat uns verbogen, wir sind von unseren Vätern entfremdet – ist es ein Wunder, dass in jungen Männern eine grosse Verunsicherung zu finden ist?» So beschreibt Thomas Härry die Verunsicherung bei Männern, die er wahrnimmt. Unter Christen trage eine weit verbreitete «Theologie der Selbstabwertung» mit dazu bei, meinte er auf dem Schweizer Männertag. Was könnte Männern dabei helfen, zu einer gesunden Identität zu kommen, die jede Führungskraft braucht?
Drei Säulen männlicher Identität
Thomas Härry hat eine geniale Gabe, seelsorgerlich über Leitung und Leiter zu denken und zu schreiben. Besonders deutlich wird das in seinem Buch „Von der Kunst, sich selbst zu führen.“ Kenntnisreich, scharfsinnig und einfühlsam nimmt er seine Leser mit auf die Reise zu manchen „schwierigen Orten“. Einer ist eben auch der Ort der Identität. Ausgehend von der Schöpfung des Menschen in 1. Mose Kapitel 1, sprach Thomas Härry den Männern auf dreifache Art ihre Identität zu, wie Reinhold Scharnowski in seinem Beitrag auf Livenet festhält:
- Du bist erschaffen. Gott hat voller Schöpferstolz den Mann gemacht.
- Du bist gesegnet. Noch bevor der Mann etwas Anständiges geleistet hat, ist er schon gesegnet – wie ein Kind, das schon zur Geburt ein Bankkonto bekommt.
- Du bist geliebt. Das erste, was Jesus bei seiner Taufe hörte, müssen auch wir hören.
Zusagen, die Bedeutung und Sicherheit schenken …
Der Christ als Führungskraft findet Bedeutung und Sicherheit in diesen Zusagen und geistlichen Realitäten, die sein Selbstbild entscheidend prägen sollen. Wer das glauben kann, davon geprägt wird und seinen Umgang mit Mitarbeitern, Kollegen, Kunden … davon bestimmen lässt, hat ein tragfähiges Fundament. Welche Souveränität, Gelassenheit und Klarheit gewinnt eine Führungskraft aus diesen Bezugspunkten für ihre Rolle!!! Sicher gilt das nicht allein für den Mann! Aber die „Krise der Männlichkeit“ in unserer Kultur macht es nötig, dass ein Mann diesen Zuspruch neu hören muss!
Eine wertvolle Berufung: Bebauen, bewahren, benennen
Auf dem Boden dieser Identität erwächst die Berufung: er soll herrschen! Härry führte aus, dass dieser Ausdruck nach der Bibel wenig mit Gewalt, dafür aber sehr viel mit Dienen zu tun hat. Er definierte Herrschen im Sinne Gottes als «Einfluss ausüben für Gutes», und es hat nichts mit Manipulation oder Unterdrückung zu tun. Konkret drückt sich dieses «Herrschen» in drei Aktivitäten aus, zu denen der Mensch berufen wurde: «Bebauen, bewahren und benennen»
- Bebauen: Menschen sind dazu begabt und berufen, aus den vorhandenen Ressourcen etwas zu machen und etwas Neues zu schaffen. So müssten Männer auch oft einen Bereich ihres Lebens neu bebauen und gestalten.
- Bewahren: unser Umfeld muss auch geschützt werden. Grenzen sind nötig. Männer müssten lernen, sich z.B. schützend vor eine Beziehung zu stellen und klarzumachen: «Das hier lasse ich nicht einreissen. Da mache ich nicht mit.»
- Benennen: Der Mensch gab im Auftrag Gottes den Tieren Namen. Das bedeutet, dass wir ordnen, entscheiden, priorisieren, aber auch klar und eindeutig kommunizieren sollen.
Aktivitäten! Männer sind dazu berufen aktiv zu werden. In ihren Führungsrollen, die nicht allein auf den Beruf zu beschränken sind. Zuerst sollen Männer sich selbst führen. Dann auch in ihre Verantwortung in den Familien, im Ehrenamt, in der Gesellschaft … eintreten. Aktiv werden. Wir müssen die Flucht vor der Verantwortung beenden! Uns umdrehen, den Herausforderungen in die Augen schauen und beginnen aktiv zu gestalten. Die Kraft dafür erwächst auch aus der Identität, die Gott jedem von uns zuspricht.
Eine Führungskraft, die auf diesem Fundament aufbaut, ist an allen Ecken und Enden gefragt. Auch in der Kirche!