Kerstin Hack: So wird man Weltmeister. Über den Wert des Dranbleibens

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In dieser Woche haben wir uns noch einmal zurückerinnert: Die Nationalmannschaft beim Bundespräsidenten. Ehrung der Weltmeister. Und ja: es war eine tolle Zeit im Sommer. Oder?! Kerstin Hack knüpft in ihrem Beitrag direkt an diese tolle Wochen an. Wie Leiter erfolgreich werden können. Vier tolle Punkte nennt sie. So wird man Weltmeister:

kerstin Hack

7: 1 Deutschland – Brasilien 2014 Das werden wir noch unseren Kindern und Enkeln erzählen. Wie wir fassungslos vor den Fernsehern saßen, bei den ersten Toren noch jubelten, dann immer fassungsloser wurden: Das kann nicht wahr sein – schon wieder ein Tor. Das muss eine Wiederholung sein. Wie wir nicht wagten, zur Toilette zu gehen, aus Angst ein weiteres Tor zu verpassen. Oder wie – wenn man doch ging – zwischen Pinkeln und Händewaschen drei Tore fielen. Ein Jahrhundertspiel. Und dann ein paar Tage später der nervenaufreibende, knappe, hart erkämpfte 1:0 Sieg über Argentinien. Deutschland – Weltmeister.

Dazu gehörte – wie beim Fußball immer – ein Quäntchen oder eine ganze Handvoll Glück. Doch um Weltmeister zu werden, ist mehr als Glück und Motivation nötig. Viele deutsche und ausländische Kommentatoren dieser WM haben es erwähnt, dass dieser Sieg das Ergebnis von 10 Jahren Vorbereitung war. Und der vielen Menschen im Hintergrund. Die Spieler haben sich bei der Siegesfeier in einer bewegenden Geste vor dem Unterstützerteam verbeugt. Und nicht zuletzt war das beglückende Ergebnis einem visionären, zielstrebigen und zugleich gelassenen Leiter zu verdanken. Jogi Löw hat diese Mannschaft Schritt für Schritt aufgebaut hat. Trainingslager für Trainingslager. Spiel für Spiel. Übung für Übung. Immer mit dem Ziel im Blick: Wir wollen Weltmeister werden. Aber mit dem Wissen, das bis dorthin Tausende von einzelnen Schritten nötig sind.

Die Gefahr kurzfristiger Motivation

Motivierende, gegründete Hoffnung – gemischt mit der Fähigkeit dran zu blieben. Ein Mann der Jahrelang in einem Kriegsgefangenenlager saß, machte eine interessante Beobachtung. Zuerst starben die Gefangenen, die keine Hoffnung hatten und glaubten, nie herauszukommen. Ihre Seele und ihr Körper hatte keine Kraft, die Strapazen zu überstehen. Als nächstes starben die, die kurzfristige Hoffnung hatte. Die, die sagten: „Weihnachten sind wir hier raus…“ und dann nach Weihnachten zusammenbrachen, als die Hoffnung sich nicht erfüllt hatte. Sie erinnern mich an das Brasilianische Team, das extrem motiviert war und sagte: „Wir holen uns 2014 den Titel!“ Und die dann zusammenbrachen, als diese – kurzfristige Hoffnung sich nicht erfüllte.

Die Gefangenschaft am besten überstanden haben diejenigen, die sich die Hoffnung bewahrten „Irgendwann werden wir es schaffen – und bis dahin leben wir Tag für Tag so, dass wir gut durchhalten.“ „Billige“ Motivation puscht Menschen kurzfristig auf, motiviert sie, aber lässt sie dann – wenn das Gewünschte nicht so schnell eintritt wie erhofft, oft enttäuscht und mit Schuldgefühlen zurück. Experimente haben gezeigt, dass diese Art anfeuernde Motivation – oder sogar finanzielle Anreize – nur für einfache Aufgaben – wie Holzhacken oder Steine stapeln tatsächlich funktioniert. Für komplexere Aufgaben oder gar den Umgang mit Menschen ist nicht hilfreich beziehungsweise sogar kontraproduktiv.

Fokus auf die kleinen Schritte

Beim Fußball wie beim Umgang mit Menschen und oft auch bei Projekten, sind viele Faktoren nicht vorhersehbar. Kennzeichen eines guten Leiters ist es, eine begründete, visionäre, aber realistische Hoffnung zu haben und zu vermitteln. Keine billige Hoffnung auf einen schnellen Sieg „in drei Wochen werden wir diese Stadt verändert haben.“ Sondern eine, die die Realität kennt und langen Atem bewahrt: „In den nächsten Jahren werden wir die Umgebung verändern und prägen, indem wir uns um die Kinder unseres Bezirks kümmern.“ Ein guter Leiter kann den Menschen, die mit ihm unterwegs sind, den Wert der kleinen Schritte verdeutlichen.

So wie ein befreundeter Coach, der mir erzählte, dass er einmal durch mehrere hohe Wellen kilometerweit vom Strand abgetrieben wurde und – als er sah, wie weit draußen er war, vor Schreck einen Krampf in den Armen und Beinen bekam und nur noch seine Hände bewegen konnte. Die setzte er ein, um sich Zentimeter um Zentimeter wieder in Richtung Strand zu bewegen. Er hatte das Ziel im Herzen – klar wollte er zum Strand – aber er blickte nicht dauernd dorthin, sondern konzentrierte sich auf das, was er jetzt tun konnte – einen Handschlag nach dem anderen.

Das Ziel im Herzen – den Weg vor Augen

Ich bin Verlegerin. Publiziere Material, das Menschen hilft, ihren Glauben fröhlicher und ihr Leben kraftvoller zu leben. Ich möchte gesunde, attraktiver Alternativen zu – häufig sehr esoterisch geprägtem Selbsthilfe-Material setzen. 2005 hatte mein Verlag einen verschwindend kleinen Anteil am deutschsprachigen Buchmarkt. Etwa ein Hunderttausendstel. Damit erreicht man nicht gerade viele Menschen. Ich möchte aber, dass mehr Menschen Hilfe durch unsere Titel erfahren. Mein ambitioniertes, aber realistisches Ziel ist, innerhalb von 25 Jahren den Anteil auf ein Prozent zu erhöhen, indem ich eines nach dem anderen mache. Ein Buch nach dem anderen, eine Lesung nach der nächsten, eine Marketingaktion nach der nächsten, eine Mail nach der nächsten. Das Ziel im Herzen. Den Weg vor Augen. Schritt für Schritt.

Und – weil mich der Verlag allein nicht auslastet – habe ich einen weiteren Traum. Ich möchte einen Ort schaffen, an dem Menschen, die den Boden unter den Füssen verloren haben, sein können und begleitend Coaching erfahren – um wieder Orientierung zu finden. Derzeit baue ich ein großes, 25 m langes DDR Marineschiff dafür um. Es ist mein erstes Bauprojekt. Natürlich habe ich mich mit Zeit und Kosten verschätzt – wie auch die Bootsbauer, die mich begleiten. Und manchmal ist es frustrierend, wenn man nur schnell ein Loch für ein Rohr durch die Stahlwand bohren will…. und aus der geplanten Stunde dann fünf werden, bis der harte Stahl nachgibt und endlich das erlösende „Plong“ ertönt.

Wertschätzenden Rückblick halten

Wer sich und andere da nur billig motiviert „in sechs Wochen sind wir fertig“ wird bald ausbrennen. Das ist auch unverantwortlicher Umgang mit den anvertrauten Menschen. Ja, es ist wichtig, ein ambitioniertes und motivierendes Ziel vor Augen haben. Mein Ziel ist es, irgendwann einen wunderbaren Ort geschaffen zu haben, an dem Menschen durchatmen können. Und dann – gemeinsam mit anderen – die 1000 Schritte oder notfalls auch 10.000 Schritte zu gehen, die bis dahin nötig sind. Meter um Meter Rost abzukratzen, isolieren, streichen, verkleiden. Euro um Euro durch Arbeit, Buchverkäufe und Spenden zu erarbeiten oder erbitten. Mail um Mail Helfer zu finden, die ein paar Stunden oder Tage mithelfen. Und ab und an zurückschauen, auf das, was schon geschafft ist. Als ich – wegen des vermeintlichen Schneckentempos in dem das Projekt vorankam – einmal frustriert war, sah ich mir auf meinem Ipad – die Bilder an. Auf dem Display, das in der Bauphase gesplittert war. Und ich konnte im Schnelldurchlauf sehen, wie viel schon entstanden war. Wenn meine Freunde, die mir helfen und mich der Mut verlässt, dann erinnern wir uns an das, was schon geschehen ist: Schritt für Schritt. „Weißt du noch, wie die Freunde aus Portugal im Schiffsbauch herumkrochen und die erste Schicht Farbe anbrachten – und jetzt ist das isoliert und hat einen Boden!“ „Weißt du noch, wie dunkel es unten immer war bevor die neuen Bullaugen eingesetzt waren!“ Oder auch im Blick auf ihren Beitrag: „Schau mal, das hast du entrostet – wie schön ist das jetzt!“ Dann trinken wir einen Kaffee und packen wieder die Entrostungswerkzeuge, Pinsel und Hobel an. Und machen weiter.

Weltmeister werden

So wie Sir Edmund Percival Hillary, der europäische Erstbesteiger des Mount Everest „Wir hatten eine sehr eine sehr einfache Ausrüstung und sehr primitive Klettertechniken. Das Einzige, was wir wirklich gut konnten, war, eine Stufe nach der anderen in Schnee und Eis zu schneiden. In aller Bescheidenheit kann ich sagen, dass wir darin Weltmeister waren, einfach immer die nächste kleine Stufe zu schneiden, die uns erlaubte, den nächsten kleinen Schritt Richtung Ziel zu machen. (zitiert in Szabo: Coaching erfrischend einfach, S. 57)

Große Ziele haben: Ja. Unbedingt. Klein anfangen. Unbedingt. Das Ziel vor Augen haben. Und die Bereitschaft und die Hoffnung haben, Schritt für Schritt gehen, trotz aller Hindernisse und Rückschläge…Und den Weg genießen. Bis man das Ziel erreicht hat. So wird man Weltmeister.

kerstin Hack

Kerstin Hack ist eine vielseitig begabte und engagierte Frau
Ich Kerstin, bin Autorin, Verlegerin und Coach. Und Berlinerin. Ich liebe es, Menschen zu fördern, ihre Potentiale zu entfalten und nach Abstürzen wieder auf die Beine zu kommen. Und ich habe eine Leidenschaft dafür, Menschen zur inneren Freiheit zu verhelfen und Zwangsjacken zerstören zu helfen, in die sich Menschen unbewusst hineingepresst haben. http://kerstinhack.de (Meine Internetseite) | http://Kerstinpur.de (mein Blog)
Mein Verlag – Down to Earth
Down to Earth hat es sich zur Aufgabe gemacht, Dinge zu publizieren, die Menschen helfen, ihren Glauben fröhlicher und ihr Leben kraftvoller zu leben. Weil viele Menschen mit Zeitproblemen zu kämpfen haben, sind unsere Inhalte kurz und kompakt aufbereitet. Weil mir Umsetzung wichtig ist, gibt es in vielen Titeln – vor allem der Quadro Serie – gleich Impulse zur Umsetzung. Und weil ich ästhetische Körperverletzung verachte, sind unsere Titel auch optisch ein Genuss. http://down-to-earth.de
Meine Trainingsangebote
Nur Wissen vermitteln bringt selten Veränderung. Deshalb liebe ich es, Menschen zu coachen und mit ihnen konkrete Schritte der Veränderung zu entwickeln. Und bei Vorträgen und Seminaren ist es mir wichtig, dass das Gelernte gleich geübt wird. Und schließlich biete ich noch zwei Onlinekurse an, in denen leichtes Leben (LEA) und Arbeiten (SAM) gelernt werden kann… http://dte-training.de | http://lea-training.de | http://sam-training.de
Mein Schiff
Baujahr 1953, erst Torpedoschiff der DDR Marine, später Ostsee-Ausflugsschiff. Jetzt meins. Ohne Motor. Aber schön und groß. Mit Seminarraum und Platz für vier Gäste. Bald – schätzungsweise 2015 – ein Ort, an dem Menschen Inspiration und Orientierung erfahren. Bauhelfer mit und ohne Erfahrung (natürlich besonders gerne mit!), Ermutiger, Beter und Menschen, die das Projekt finanziell unterstützen möchten, sind herzlich willkommen.
http://kerstinpur.de/allgemein/ein-traum-wird-wahr/ (Die Vision)
https://www.youtube.com/watch?v=kJw7mcyIifI (die Vision als Kurzvideo)
https://www.betterplace.org/de/projects/12684-heart-of-berlin-das-schiff-wird-umgebaut
https://www.startnext.de/rost-besiegen (Crowdfunding gegen Rost – bis 30.9.)
https://www.youtube.com/watch?v=43a15aeN9ug&feature=youtu.be (Rost besiegen…)
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Über Lothar Krauss

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