Ich hatte sie öfter, meine ganz persönlichen „Kuh-Momente“. Beim Mountainbiken durch die Hügel des Oberbergischen Landes. Ich war frustriert. Niedergeschlagen. Ärgerte mich über mich. Über andere. War unter Druck und gestresst. Und dann sah ich sie – die Kühe, mit ihren treudoofen Augen, Gras fressend. Sinnfrei. Sorgenfrei. Lastenfrei. Und ich wünschte mich raus aus meinem Leben – hinein in die Idylle eines Kuh-Daseins. Wäre das nicht schön? Flucht. Wegrennen. Alles hinwerfen. Oh ja – es gab Momente, da klang das verlockend.
Aber ich bin noch da. Noch immer Jugendreferent. Noch immer Leiter. Noch immer im vollzeitigen Dienst. Nicht nur, weil ich das mit der Kuh bei näherem Hinsehen gar nicht so super fände. Sondern vor allem, weil ich heute meine Berufung klarer verstanden habe. Die Frage, warum ich tue was ich tue, und warum es sich lohnt durchzuhalten, musste ich immer wieder beantworten. Darum kommen hier sieben Wahrheiten über Berufung, die mir nicht nur helfen durchzuhalten: Sie geben mir Leidenschaft, Kraft und Freude. Ganz in echt.
Gott beruft. Niemand sonst.
Es ist Gott selbst, der mich in den Dienst für ihn berufen hat. Niemand sonst. Darum habe ich an die Wand in meinem Büro eine Erinnerung daran gemalt. JESUS. Er ist der Anfang, das Ende und alles Mittendrin. Formal haben natürlich Menschen die Berufung ausgesprochen – und das ist auch wichtig. Darüber steht aber die Berufung des einen Gottes. Und er ist der einzige, der die Berufung wieder wegnehmen kann. Deine Ältesten können dich entlassen. Deine Gemeinde kann dich abwählen. Dein Vorgesetzter kann dich mobben. Aber sie können dir deine Berufung nicht nehmen.
Gott muss applaudieren. Nicht die Gemeinde.
Wenn du dich von den Meinungen deiner Gemeinde, deiner Jugendlichen, deiner Kollegen abhängig machst, wirst du zum Spielball ihrer und deiner Gefühle. Dann bist du heute oben, und morgen unten. Du bist ein Leiter – natürlich schaffst du es, einige Leute die meiste Zeit glücklich zu machen. Aber niemals alle Menschen für alle Zeit. Gewöhn dich dran. Lebe damit. Frage dich – was Gott glücklich macht. Und dann mach dich locker. Das macht dich frei und mutig.
Ärgere deine Pharisäer
Als von Gott berufene Diener ist es unsere Aufgabe, den Verunsicherten um uns herum die Sicherheit in Christus zu geben. Und es ist unsere Aufgabe diejenigen, die sich zu sicher fühlen, mit Gottes Wahrheit zu verunsichern. Okay warte, das war jetzt wohl zu hart formuliert. War es das? Oder haben wir einfach nur Angst davor? Als berufene Leiter ist es unsere Aufgabe, den Status Quo herauszufordern. Die Pharisäer zu konfrontieren. Mit Gesetzlichkeit aufzuräumen. Wenn dich keiner für deinen Dienst kritisiert, macht dein Dienst vermutlich keinen Unterschied. Wenn du nicht bereit bist kritisiert zu werden, bist du nicht bereit, zu leiten. Wenn du nicht bereit bist missverstanden zu werden, bist du nicht bereit, zu leiten. Jesus hatte keine Angst vor der Konfrontation. Er hätte die verkrüppelte Hand ja auch an einem normalen Tag heilen können, und nicht am Sabbat. Wollte er aber nicht. Weil er die Scheinheiligkeit der Pharisäer offen legen wollte. Und außerdem vermute ich, er fand es so auch lustiger.
Denke langfristig. Nein, noch länger.
Wenn du wirklich was bewegen willst, musst du einen langen Atem haben. Gerade junge Leiter denken, dass sie in 2 Jahren die Welt retten könnten. Dass sie in drei Jahren die Gemeinde reformieren. Wobei letzteres weit schwerer ist, wie jeder weiß. Bete viel, und halt durch. Gott beruft uns nicht, damit wir einen Raketenstart hinlegen. Er will, dass wir gut ankommen. Und in der Reise zum Ziel geht es mehr um unseren Charakter, als um unsere Ziele. Hab Geduld. Bleib treu. Und hör nicht auf, groß zu träumen.
Hör auf, dich zu vergleichen. Im Ernst – lass es.
Wer sich vergleicht, verliert immer. Findest du dich besser als andere? Dann hast du ein Problem mit Stolz. Und es gibt wohl keine Sünde, die Gott mehr hasst. Fühlst du dich schlechter als andere? Dann wirst du neidisch und entmutigt. Und auch das macht dich zum Verlierer. Egal was es mit dir macht, ob Stolz oder Neid – es wird zur Sackgasse deines Dienstes. Wer sich vergleicht, verliert. Und das immer.
Sei du selbst. Möglichst gut.
In meinen ersten Dienstjahren wollte ich unbedingt ein guter Jugendreferent sein. Ein guter Redakteur. Ein guter Prediger. Heute versuche ich einfach, ich selbst zu sein. Das macht einen ungeheuren Unterschied. Für mich, und die Leute, die mir begegnen. Gott gab dir eine Persönlichkeit. Setze sie ein. Lebe sie. Wenn du predigst, schreibst, berätst, coachst, organisierst. Du bist du. Das war Gottes Idee. Ich werde niemals ein so guter Leiter, wie mein Vorgänger. Aber ich kann der beste Leiter werden, der ich sein kann. Das reicht.
Deine Hauptaufgabe ist es gar nicht, Menschen zu dienen
Die Priester im Alten Testament waren zuerst die Diener Gottes. Und wir sind es auch. Wenn wir zu viel Zeit mit Menschen verbringen, haben wir ihnen irgendwann nichts mehr zu geben. Verbringe mehr Zeit mit Gott, als mit Menschen. Mit seinem Wort, in seiner Gegenwart. So bleibst du fokussiert, balanciert und motiviert. Und das bleibst du wirklich nur so. In Gottes Gegenwart wirst du abnehmen, und er, Christus, wird zunehmen. Sein Name wird groß – und nicht deiner. Und darum geht es ja noch immer, oder?
Die meisten dieser Wahrheiten habe ich auf die harte Tour gelernt. Und durch weise Ratgeber. Ich bin froh, dass Gottes Gnade der Lehrmeister ist. Und dass er mich noch immer als würdig erachtet, sein Diener zu sein. Nicht weil ich toll bin – weil er toll ist. Je länger ich in seinem Reich mitarbeiten darf, desto mehr merke ich dass es stimmt: Gott beruft nicht die Befähigten – er befähigt die Berufenen. Klingt zu platt? Vielleicht. Aber wäre es nicht wahr, wäre ich nicht hier.
Danke für den wichtigen Perspektivenwechsel! Sehr ermutigend!
Das ist mal wieder ein Beitrag, der mir von vorn bis hinten sehr gut gefällt. „Heute versuche ich einfach, ich selbst zu sein. Das macht einen ungeheuren Unterschied. Für mich, und die Leute, die mir begegnen. Gott gab dir eine Persönlichkeit. Setze sie ein. Lebe sie.“ = einer von vielen, guten Sätzen. Klasse und Danke für den Beitrag.
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