Jeder Mensch hat Macht! Wirklich? Haben nicht die Leiter das Machtmonopol? Was braucht es, um „erlöst“ mit dieser Macht umzugehen? Wie kann ich mit Macht gut umgehen? Kann man sich im Umgang mit Macht täuschen und tatsächlich nur einen „pseudoguten Umgang“ entwickeln? Ist Macht am Ende nicht immer ein „schmutziges Geschäft“ weniger Leute, die sie Egoistisch für sich missbrauchen, wie es sich aktuell in der Ukraine wieder zeigt?
Habe ich Macht?
Ein Christ weiß um die Tatsache, dass jeder Mensch eine bestimmtes Maß an Macht hat. Romano Guardini gibt in seinem Buch „Die Macht“ zu bedenken, dass wir uns nicht unbedingt dieser Realität stellen wollen. Dass wir Macht kritisch sehen und Leute, die Macht einsetzen, verdächtigen. Wir also so tun, als ob nicht jeder Mensch über ein Maß an Macht verfügt, das er oder sie auch einsetzt!
Guardini schreibt: „Dem Menschen ist Macht sowohl über die Natur wie über sein eigenes Leben gegeben. Aus dieser Macht erwächst ihm eine Befugnis und eine Aufgabe: zu herrschen. In dieser Machtbegabung, in der Fähigkeit, sie zu gebrauchen und der daraus erwachsenden Herrschaft besteht die natürliche Gottesebenbildlichkeit des Menschen.“ Macht zu haben und sie einzusetzen ist Teil unserer Wesensbestimmung aus biblischer Perspektive. Wer vorgibt, keine Macht zu haben, entzieht sich in Wahrheit der Kontrolle der Macht! Ein erster Schritt zum verantwortlichen Gebrauch der Macht ist das Eingeständnis, dass jeder Mensch ein Maß an Macht ausübt. Als Christen fragen wir deshalb, wie ein guter Gebrauch der Macht aussieht. Drei Thesen dazu, die in den kommenden drei Teilen kurz besprochen werden:
- Macht braucht die Erlösung.
- Der erlöste Umgang mit der Macht wird eingeübt.
- Auch erlöste Macht braucht die Kontrolle.
Macht braucht die Erlösung
Genauer gesagt braucht der Mensch, der Macht ausübt, die Erlösung durch Christus. Die Motive des Herzens, die Gesinnung, die „Finalität“ des Menschen muss erlöst werden. Sprüche 4,23 zeigt den Einfluss, den unser Herz auf unser Leben hat: „Mehr als alles, was man [sonst] bewahrt, behüte dein Herz! Denn in ihm [entspringt] die Quelle des Lebens.“ Und Jesus schärft diese Perspektive in Matthäus 15,19-20: „Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Aussagen, Verleumdungen. Das ist es, was den Menschen ´in Gottes Augen `unrein macht; aber mit ungewaschenen Händen essen macht ihn nicht unrein.“ Wenn WIR nicht Erlösung durch Jesus erfahren, wird auch UNSER Umgang mit der Macht nicht erlöst sein. Bestenfalls bleiben wir an Äußerlichkeiten stehen, werden unwillkürlich zu Moralisten und Heuchlern. Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Kaum einer spricht das Thema verständlicher und überzeugender in diesen Tagen an, als der New York Times Bestsellerautor Tim Keller. Was Erlösung im Blick auf die Macht meint, habe ich am Ende des dritten Teiles der Reihe beschrieben.
Der ehrliche Blick!
Wenn wir nicht aus dieser Erlösung von Jesus leben, die uns im Evangelium geschenkt wird, bleiben wir Gefangene unserer Schuld, unserer Lebenswunden und unseres Egoismus, der sich im Streben nach „Bedeutung“ und „Sicherheit“ immer neu seinen Weg sucht!
Es ist möglich, die richtige Theorie und Theologie der Macht zu vertreten und gleichzeitig ganz anders zu handeln. Die eigene Biografie und die Identität spielen nämlich kräftig ins Thema hinein. Und auch die Frage nach dem eigenen Bild von Gott. Wer die Auswertung der Studie „Warum ich nicht mehr glaube“ vom Institut Empirica liest, die Tobias Faix, Martin Hofmann u. Tobias Künkler vorgelegt haben, versteht wovon wir hier sprechen. Biografie und Identität, verbunden mit dem Gottesbild sind starke Einflüsse in unserem Leben, auch im Gebrauch der Macht.
Wichtige Fragen an „Mächtige“ (also an uns alle!):
- Welche Wunden trägst Du in Dir?
- Welche Kränkungen?
- Zurückweisungen?
- Niederlagen?
- Welche „Schwüre“ und Festlegungen hast Du getroffen?
- Was willst Du – um jeden Preis! – vermeiden, erreichen, tun?
- Wie steht es um Deine Identität?
- Was gibt Dir Wert?
- Was lässt Dich lebendig fühlen?
- Was macht Dich sicher und gelassen?
- Wann fühlst Du Dich „mächtig“?
- Wer bist Du, wenn Dich niemand sieht?
- Wie steht es mit Deinem Bild von Gott?
- Was sind Deine Zweifel, Ängste, Sorgen im Blick auf Gott?
- Welche Wut ist in Dir?
- …
Mit einem Seelsorger, Coach, Mentor, Freund … offen diese Fragen angehen, Stück für Stück, kann eine große Hilfe sein. Wer Begleitung sucht, sollte hier mal schauen. Ich nehme das für mich seit 30 Jahren in Anspruch. Es ist nicht leicht, tut weh, beschädigt manchmal mein Bild von mir selbst …, hilft unter dem Strich. Mir und denen, für die ich Verantwortung trage!